Nach den gebildeten Hauptendprodukten und den Abbauwegen unterscheidet man verschiedene Typen der Milchsäuregärung:
- homofermentative Milchsäuregärung, bei der als Hauptendprodukt nur Milchsäure gebildet wird,
- heterofermentative Milchsäuregärung, bei der als Hauptendprodukte neben Milchsäure im Fall von Hexosen-Abbau Ethanol sowie Kohlenstoffdioxid, im Fall von Pentosen-Abbau Essigsäure gebildet werden,
- Milchsäuregärung durch Bifidobacterium, bei der als Hauptendprodukte Milchsäure und Essigsäure gebildet werden.
Disaccharide werden zunächst in Monosaccharide gespalten.
Homofermentative Milchsäuregärung
Bei der homofermentativen Milchsäurebildung werden die Monosaccharide zu Milchsäure umgesetzt. Diese liegt unter physiologischen Bedingungen dissoziiert in Lactat-Ionen und Protonen vor.
Dabei wird Glucose zunächst in der Glykolyse zu Pyruvat abgebaut. Dieses wird vom Enzym Laktatdehydrogenase mit dem bei der Oxidation von Glycerinaldehydphosphat zu Phosphoglycerat gebildeten Coenzym NADH zu Lactat (Anion der Milchsäure) reduziert; das NADH wird dabei zu NAD+ oxidiert.
Im Verlauf der homofermentativen Gärung von Glucose werden je Molekül Glucose je zwei Moleküle Lactat und Adenosintriphosphat gebildet, so dass die Summengleichung der homofermentativen Milchsäuregärung wie folgt lautet:
Also reagiert ein Glucose-Molekül mit zwei Adenosindiphosphat (ADP)-Molekülen und zwei freien Phosphaten zu zwei Milchsäure-Molekülen, zwei Protonen, zwei Adenosintriphosphat (ATP)-Molekülen und zwei Molekülen Wasser.
Die Nettoenergieausbeute beträgt also 2 Moleküle ATP je Molekül Glucose.
Das Lactat kann in Säugetierzellen nicht weiter verstoffwechselt werden, sondern nur – falls in ausreichender Menge NAD zur Verfügung steht – zurück in Pyruvat umgewandelt werden. Daher wird es auch „Stoffwechselsackgasse“ genannt.
Manche Mikroorganismen wie beispielsweise Clostridium propionicum oder Megasphaera elsdenii dagegen können Lactat noch weiter abbauen, beispielsweise zu Propionat und Acetat in der Propionsäuregärung.
Heterofermentative Milchsäuregärung
Im Gegensatz zur homofermentativen Gärung entstehen bei der heterofermentativen Milchsäuregärung auch die Abbauprodukte Kohlendioxid, Acetat (Essigsäure) und Ethanol (Alkohol). Neben der Hefe Kluyveromyces lactis sind dabei überwiegend Milchsäurebakterien aktiv, denen das Enzym Aldolase fehlt. Dieses ist für die Glykolyse zur Spaltung von Fructose-1,6-bisphosphat in die beiden Phosphotriosen Dihydroxyacetonphosphat und Glycerinaldehydphosphat erforderlich. Heterofermentative Milchsäuregärer können durch diesen speziellen Stoffwechselweg sowohl Hexosen (wie beispielsweise Glucose oder Fructose), als auch insbesondere Pentosen (Xylose, Ribose) über Xylulose-5-phosphat abbauen. Typische Vertreter sind die obligat heterofermentativen Milchsäuregärer Oenococcus oeni und Leuconostoc mesenteroides, sowie die fakultativen Gärer Lactobacillus pentosus und Lactobacillus plantarum. Siehe auch: Lactobacillaceae.
Biochemie
Heterofermentative Milchsäurebakterien sind auf den Abbau von Pentosen spezialisiert. Diese wird unter Adenosintriphosphat (ATP)-Verbrauch in Pentose-5-phosphat überführt und in Xylulose-5-phosphat isomerisiert, was eine Epimerase (EC 5.1.3.1) katalysiert. Das Produkt wird von dem Schlüsselenzym des Stoffwechselweges, der Phosphoketolase (EC 4.1.2.9), unter Einbeziehung eines anorganischen Phosphates (Pi) in die Triose Glycerinaldehydphosphat (GAP) und Acetylphosphat gespalten. Glycerinaldehydphosphat wird im Zuge der Glykolyse regulär zu Pyruvat umgesetzt, wobei zwei Moleküle ATP sowie ein Molekül NADH gewonnen werden. Dieses NADH wird reoxidiert, indem Pyruvat zu Lactat reduziert wird. Diese Reaktion entspricht dem letzten Schritt der homofermentativen Milchsäuregärung (siehe oben).
Das bei der Spaltung erhaltene Acetylphosphat wird zu Acetat umgesetzt. Die energiereiche Säureanhydridbindung wird genutzt, um ATP über Substratkettenphosphorylierung zu gewinnen. Daher wird bei diesem Schritt ATP aufgebaut, die Reaktion katalysiert eine Acetatkinase (EC 2.7.2.1).
Der Abbau von Pentosen wird auch als Phosphoketolaseweg bezeichnet. Die Nettoenergieausbeute beträgt also 2 Moleküle ATP je Molekül Pentose.
Auch Hexosen können verwertet werden. Hierbei wird diese, beispielsweise Glucose, wie bereits mit den Eingangsschritten des Entner-Doudoroff-Weges durch eine Hexokinase zunächst zu Glucose-6-phosphat durch ATP-Verbrauch aktiviert. Dieses oxidiert eine Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase zu 6-Phosphoglucono-δ-Lacton unter NADP+-Verbrauch. Das Lacton wird anschließend durch eine 6-Phosphoglucolactonase zu 6-Phosphogluconat hydrolysiert. Dieses wird dann zu Ribulose-5-phosphat decarboxyliert und mit NADP+ oxidiert, was eine Phosphogluconatdehydrogenase (EC 1.1.1.44) katalysiert. Ribulose-5-phosphat wird dann zu Xylulose-5-phosphat epimerisiert und schließlich durch die Phosphoketolase gespalten. Im Gegensatz zum Abbauweg von Pentosen wird jedoch kein Acetat gebildet, da vier zusätzliche Reduktionsäquivalente anfallen, die wieder reoxidiert werden müssen. Dazu wird das entstandene Acetylphosphat über Acetyl-CoA und Acetaldehyd zu Ethanol reduziert.
In der Bilanz wird von den zwei gewonnenen ATP eins zur Phosphorylierung der abzubauenden Glucose verwendet, beim Acetatzweig aber keines gebildet. Infolgedessen beträgt die Nettoenergieausbeute bei der heterofermentativen Milchsäuregärung für Hexosen nur ein Molekül ATP je Hexose:
Variationen
Bei der heterofermentativen Milchsäuregärung kann die Phosphoketolase auch Fructose-6-phosphat als Substrat akzeptieren, dabei entsteht neben Acetylphosphat auch Erythrose-4-phosphat. Letzteres wird zu Erythrit-4-phosphat reduziert und nach Phosphatabspaltung zu Erythrit umgesetzt. Dieser als „Erythritweg“ bezeichnete Nebenweg hat indes nur eine geringe Aktivität.
Alternativ kann auch das Glycerinaldehyd zu Glycerin abgebaut werden. Hierbei wird Glycerinaldehyd zunächst zu Glycerin-1-phosphat reduziert und dann zu Glycerin hydrolysiert.
Bedeutung
Da bei Unfähigkeit zur Glykolyse wegen des Fehlens von Aldolase der Abbau von Pentosen günstiger ist als der von Hexosen, sind heterofermentative Milchsäuregärer auf den Abbau von Pentosen spezialisiert. Diese stammen beispielsweise aus Pflanzenmaterial, das diese Bakterien abbauen. Neben Hexosen kommen in größeren Mengen Pentosen auch im Traubenmost, Wein oder Sauerteig vor, so dass viele heterofermentative Milchsäuregärer dort wachsen.
Die Wachstumsraten von heterofermentativen Milchsäuregärern sind beim Abbau von Hexosen niedriger als beim Abbau von Pentosen, da die Wasserstoffüberträger langsamer reoxidiert werden. Der Grund dafür ist die geringe Aktivität der Acetaldehyddehydrogenase. Außerdem wird für diesen Abbauweg Coenzym A als Cofaktor benötigt. Daher ist die Versorgung mit Pantothensäure für die Aufrechterhaltung des Abbauweges nötig. Andernfalls wird die Bildung von Ethanol inhibiert. Damit die Gärung ablaufen kann, müssen die Wasserstoffüberträger durch die Bildung von Glycerin bzw. Erythrit reoxidiert werden (Coenzym A-unabhängig). Da beim Abbau von Pentosen Coenzym A nicht benötigt wird, hat dort ein Mangel von Pantothensäure keinen direkten Einfluss.
Bifidobacterium-Gärung
Das Milchsäurebakterium Bifidobacterium bifidum besitzt ebenso wie heterofermentative Milchsäurebakterien keine Aldolase, umgeht den Aldolase-Schritt jedoch auf andere Weise: Fructose-6-phosphat wird phosphorolytisch zu Erythrose-4-phosphat und Acetylphosphat gespalten. Erythrose-4-phosphat wird mit einem weiteren Molekül Fructose-6-phosphat in Transaldolase- und Transketolase-Reaktionen zu zwei Molekülen Xylulose-5-phosphat umgesetzt, die beide phosphorolytisch durch eine Phosphoketolase zu Glycerinaldehydphosphat und Acetylphosphat gespalten werden (Pentosephosphatweg). Mit den drei Molekülen Acetylphosphat werden 3 Adenosindiphosphat (ADP) zu 3 Adenosintriphosphat (ATP) phosphoryliert, wodurch Energie in Form von drei Molekülen ATP konserviert und Essigsäure als eins der beiden Endprodukte gebildet wird. Die beiden Moleküle Glycerinaldehydphosphat werden wie bei anderen Milchsäurebakterien zu Milchsäure, dem zweiten Endprodukt der Gärung, umgesetzt, wobei vier Moleküle ADP zu ATP phosphoryliert werden. Die Nettoenergieausbeute beträgt also 2,5 Moleküle ATP je Molekül Glucose.