Nahrungsmittelunverträglichkeit

Als Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktion (engl.: adverse food reaction) werden nach Definition der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) im Jahre 1994 folgende Reaktionen nach Nahrungsaufnahme bezeichnet:

  • toxische Reaktionen: Lebensmittelvergiftungen
  • nicht toxische Reaktionen
    • nicht immunologische Reaktionen
      • enzymatische Intoleranzen
      • pharmakologische Intoleranzen
      • Intoleranzen auf Nahrungsmittelzusatzstoffe
    • immunologische Reaktionen

Im engeren Sinn erfasst der Begriff und insbesondere die synonym gebrauchte Bezeichnung Nahrungsmittelintoleranz nur Unverträglichkeitsreaktionen ohne toxischen und/oder allergischen Hintergrund.

Epidemiologie

Es wird geschätzt, dass ungefähr ein bis zwei Prozent aller Menschen an einer Nahrungsmittelintoleranz leiden. Abweichend von dieser Zahl geben bei Befragungen 10–20 % der Menschen an, dass sie selbst denken, an Nahrungsmittelintoleranzen zu leiden.

Pathophysiologie

Toxische Reaktionen

Toxische Reaktionen nach Nahrungsaufnahme begründen sich in einer für den Körper generellen Giftigkeit einzelner Nahrungsbestandteile.

Nicht toxische Reaktionen

Nicht toxische Reaktionen beruhen auf einer individuellen Empfindlichkeit des Körpers für Nahrungsbestandteile. Man unterscheidet immunologische und nicht immunologische Reaktionen.

Immunologische Reaktionen

Immunologische Reaktionen, gewöhnlich als Nahrungsmittelallergie bezeichnet, sind individuell vorkommende Unverträglichkeitsreaktionen, deren Symptome nach wiederholtem Allergen-Kontakt (Sensibilisierung) auftreten. Nach den zugrundeliegenden Pathomechanismen unterscheidet man zwei Formen:

  • IgE-vermittelte Reaktionen
  • Nicht IgE-vermittelte Reaktionen
    Die Gluten-Intoleranz (Zöliakie; im Erwachsenenalter auch als einheimische Sprue bezeichnet) gehört zu den immunologisch bedingten, nicht IgE-vermittelten Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Nicht immunologische Reaktionen

Nach den zugrundeliegenden Pathomechanismen werden drei Arten von Unverträglichkeitsreaktionen unterschieden, die weder einen toxischen noch einen allergischen Hintergrund haben.

  • Resorptionsbedingte Intoleranzen (Transporterdefekte)
    Ursache der resorptionsbedingten Intoleranzen sind vermindert ausgebildete oder vermindert funktionierende Transporter, die es den betroffenen Personen unmöglich machen, bestimmte Nahrungsbestandteile (vollständig) zu resorbieren. Die Transporterdefekte können entweder angeboren oder erworben sein.
    • Fructosemalabsorption (intestinale Fructoseintoleranz)
  • Enzymatische Intoleranzen (Enzymopathien)
    Ursache der Enzymopathien sind bestimmte Enzymmangel oder Enzymdefekte, die es den betroffenen Personen unmöglich machen, bestimmte Nahrungsbestandteile (vollständig) zu verdauen. Die Enzymmangel oder Enzymdefekte können entweder angeboren oder erworben sein.
    Folgende Enzymopathien sind bekannt:
    • Laktoseintoleranz
    • Hereditäre Fruktoseintoleranz
    • Galactose-Intoleranz (siehe auch Galaktosämie)
    • Histamin-Intoleranz
    • Saccharoseintoleranz
    • Sorbitintoleranz
  • Pharmakologische Nahrungsmittel-Intoleranzen
    Bestimmte Substanzen in Nahrungsmitteln sind pharmakologisch aktiv und können, wenn sie in großen Mengen verzehrt werden, zu Symptomen der Nahrungsmittel-Intoleranzen führen (relative Intoleranz):
    • Biogene Amine (Tryptamin in Tomaten, Phenylethylamin in Schokolade, Tyramin in reifem Käse und Schokolade, Serotonin in Bananen und Nüssen)
    • Glutamate (Glutamatunverträglichkeit)
    • Koffein
  • Pseudoallergische Reaktionen auf Nahrungsmittelzusatzstoffe
    Pseudoallergien gleichen Allergien in ihrem klinischen Bild, zeigen sich also mit ähnlichen Symptomen. Bei den Pseudoallergien kommt es zu einer unspezifischen Aktivierung und Degranulierung von Mastzellen.
    Typische Auslöser sind:
    • Lektine (enthalten z. B. in Bohnen)
    • Salicylate in Äpfeln oder Aprikosen, aber auch die in Schmerzmitteln verwendete Acetylsalicylsäure
    • Konservierungsstoffe (z. B. Benzoesäure)
    • Säuerungsmittel (z. B. Zitronensäure, Essigsäure)
    • bestimmte Medikamente (siehe dazu Intoleranz (Medizin))
    • Farbstoffe (z. B. Tartrazin),
    • Emulgatoren (z. B. Lecithin),
    • Sulfite

Unternehmen zum Lebensmittelchemie

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Unternehmen Herkunft Typ
BECIT
Wolfen, Deutschland Dienstleister
FOOD Information Service Europe
FOOD Information Service Europe
Bad Bentheim, Deutschland Dienstleister
Wacker
Wacker
München, Deutschland Hersteller
Caldic
Rotterdam, Niederlande Hersteller
Döhler
Döhler
Darmstadt, Deutschland Hersteller
IHC - I.H. Chempharm
IHC - I.H. Chempharm
Leverkusen, Deutschland Hersteller

Symptome

Meistens zeigen sich Nahrungsmittelunverträglichkeiten an Haut und Schleimhäuten. Aber auch Lunge, Gastrointestinalsystem (20 %) und Herzkreislaufsystem (10 %) können betroffen sein.

Hauptsymptome sind:

  • Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem
  • Rhinokonjunktivitis, Heiserkeit, Hustenreiz, Asthma
  • Juckreiz und Schwellungen der Mundschleimhaut oder im Larynx
  • Übelkeit, Erbrechen, Koliken, Diarrhoe
  • Tachykardie, Hypotonie, Extrasystolie
  • Aufflammen einer atopischen Dermatitis

Therapie, Vorbeugung

Die Therapie der Wahl ist das Vermeiden der verantwortlich gemachten Lebensmittel. Bei Hochrisiko-Säuglingen, die aus verschiedensten Gründen nicht ausschließlich an der Mutterbrust gestillt werden können, gibt es eingeschränkte Hinweise, dass eine verlängerte Verabreichung von Säuglingsnahrung aus hydrolysierten Eiweißen Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Allergien im Säuglings- und Kindesalter im Allgemeinen und das Auftreten einer Kuhmilchallergie im Besonderen) reduzieren kann. Allerdings sind weitere gut geplante Studien zur endgültigen Klärung erforderlich.

Im Krankenhausbereich sind die (empirisch nicht belegbar wirksamen) organbezogenen Schonkostformen (Darm-, Galle-, Leber-, Magen- und Pankreasdiäten) zugunsten der heute üblichen leichten Vollkost (oder gastroenterologischen Basisdiät) verlassen worden. Nach einer 1978 von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung und Diätetik an über 2000 nicht selektionierten Klinikpatienten durchgeführten Befragung wird auf jene Nahrungsmittel verzichtet, die bei über 10 % der Befragten Beschwerden auslösten.

Dies sind (in Klammer die Häufigkeit der Angaben):

  • Hülsenfrüchte (30,1 %)
  • Gurkensalat (28,6 %)
  • frittierte Speisen (22,4 %)
  • Weißkohl (20,2 %)
  • kohlensäurehaltige Getränke (20,1 %)
  • Grünkohl (18,1 %)
  • fette Speisen (17,2 %)
  • Paprika (16,8 %)
  • Sauerkraut (15,8 %)
  • Zwiebeln (15,8 %)
  • Wirsing (15,6 %)
  • hartgekochte Eier (14,7 %)
  • Bohnenkaffee (12,5 %)
  • Mayonnaise (11,8 %)
  • Geräuchertes (10,7 %)

News

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Quellen

  1. C. Bruijnzeel-Koomen, C. Ortolani, K. Aas, C. Bindslev-Jensen, B. Björkstén, D. Moneret-Vautrin, B. Wüthrich: Adverse reactions to food. European Academy of Allergology and Clinical Immunology Subcommittee. In: Allergy. 1995 Aug;50(8), S. 623–635, PMID 7503398.
  2. Pschyrembel klinisches Wörterbuch. 261. neu bearb. Auflage. 2007, ISBN 978-3-11-018534-8.
  3. M. Classen, V. Diehl, K. Kochsiek: 14.4.3 Nahrungsmittelunverträglichkeiten In: Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer-Verlag, München 2006, ISBN 3-437-44405-0, S. 1198.
  4. I. Koop, K. Beckh: 4.21 Nahrungsmittelunverträglichkeit, Nahrungsmittelallergie. In: Gastroenterologie Compact. Georg Thieme Verlag, 2002, ISBN 3-13-126311-3, S. 146.
  5. P. Fritsch: Dermatologie & Venerologie fürs Studium. Springer, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-79302-1, S. 124ff.
  6. P. Fritsch: Dermatologie & Venerologie fürs Studium. 2009, S. 124ff.
  7. D. A. Osborn, J. Sinn: Formulas containing hydrolysed protein for prevention of allergy and food intolerance in infants. In: Cochrane Database Syst Rev. 2006 Oct 18;(4), S. CD003664. PMID 17054180
  8. Deutsche Rentenversicherung Bund: Ernährungsmedizin und Diätetik in Rehabilitationseinrichtungen, 2005 (PDF; 2,0 MB).
Klassifikation nach ICD-10
A05 Sonstige bakteriell bedingte Lebensmittelvergiftungen
L27.2 Dermatitis durch aufgenommene Nahrungsmittel
T78.0 Anaphylaktischer Schock durch Nahrungsmittelunverträglichkeit
T78.1 Sonstige Nahrungsmittelunverträglichkeit, anderenorts nicht klassifiziert
E70-E90 Stoffwechselstörungen
K90.0 Zöliakie
ICD-10 online (WHO-Version 2019)