Bain-Studie zum Markt für Energieeffizienz / Energierevolution schafft Wachstumspotenziale

10.03.2014 - Deutschland
  • Im Ausrüstungsmarkt setzen sich energieeffiziente Produkte durch

  • Schlanke Energiedienstleister am besten positioniert

  • Dezentrale Erzeugung greift Geschäftsmodell der Energieversorger an

  • Weltweit suchen Unternehmen und Verbraucher nach Möglichkeiten, ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Sie wollen Kosten senken, die Umwelt entlasten oder müssen gesetzliche Auflagen erfüllen. Energieeffizienz ist somit zu einem dynamischen Wachstumsmarkt geworden, der 2012 weltweit schon Umsätze von rund 440 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Mittelfristig wird dieser Markt mit durchschnittlich 16 Prozent pro Jahr weiterwachsen. Dies ist das Ergebnis der Studie "Helping Businesses become more energy efficient" der internationalen Managementberatung Bain & Company. Energieeffizienzprodukte wie Dämmungen, Software und verbrauchsarme Geräte machen etwa zwei Drittel dieses Markts aus. Ein Drittel entfällt auf Dienstleistungen wie Datenmanagement, Beratung oder Contracting. Neben Herstellern für Elektrik und Elektronik, Baumaterialien und anderen Energiesparprodukten profitieren vor allem Energiedienstleister von diesem Trend.

    Bei Energiesparprodukten denken viele beispielsweise an LED-Lampen. Tatsächlich machen diese Produkte aber nur einen kleinen Teil des Marktes aus. Deutlich umsatzstärker sind Dämmstoffe oder energieeffiziente Antriebe und Geräte. Dabei ist der Energieeffizienzmarkt nur zu rund 25 Prozent ein Verbrauchermarkt. Drei Viertel der Ausgaben für energiesparende Produkte und Dienste werden von Unternehmen nachgefragt. Die Gründe sind vielfältig: Einerseits steigen die Energiepreise, so dass gerade energieintensive Branchen ihre Kosten senken müssen. Andererseits gibt es weltweit zahlreiche Gesetzesinitiativen, die Unternehmen drängen, energieeffizienter zu werden. Dazu zählt zum Beispiel die Europäische Energieeffizienz-Direktive. Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmen sich die Minimierung ihres ökologischen Fußabdrucks zur Aufgabe machen. Für sie stehen nicht nur Kosten oder Compliance im Vordergrund, sondern die langfristige Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells.

    "Die eigene Energieeffizienz wird zu einer immer wichtigeren Frage für Unternehmen", sagt Dr. Kim Petrick, Partner bei Bain & Company und Energieexperte. "Viele Firmen haben sich ambitionierte Ziele gesteckt, und die meisten lassen sich dabei von Spezialisten helfen. Professionelle Energieeffizienzdienste werden so zu einem der größten Wachstumsfelder."

    Gute Chancen für Hersteller, Dienstleister und Versorger
    Typische Felder für Energiedienstleistungen sind: die energetische Optimierung von Gebäuden, Produktion und IT, die Verbesserung von Energieeinkauf und Logistik, ein intelligentes Energiemonitoring, mit dessen Hilfe Verbrauchsspitzen gesteuert werden können, Konzepte zur Restenergieverwertung sowie die Optimierung der eigenen Energieerzeugung.

    Bereits heute ist die Energieservicelandschaft vielschichtig. Führende Industrieausrüster wie Alstom, ABB, Schneider oder Johnson Controls kombinieren den Vertrieb ihrer energiesparenden Produkte mit Dienstleistungen zur Prozessoptimierung. IT-Firmen wie Cisco, IBM, Microsoft oder SAP bieten Software für die Sammlung und das Management von Energiedaten an. Energiedienstleister wie Cofely, Dalkia, Getec oder Wood Group offerieren integrierte Energiedienstleistungen einschließlich Beratung und Verbrauchssteuerung. Und viele Versorger - von vor Ort verankerten Stadtwerken bis hin zu international tätigen Energiekonzernen - haben Energieserviceunternehmen gegründet.

    Besonders gute Zukunftschancen bescheinigt die Bain-Studie drei Arten von Unternehmen:

    1. Energiedienstleister sind am besten positioniert, um vom wachsenden Dienstleistungsmarkt zu profitieren. Sie haben ihren Ursprung im Installations- oder Baugewerbe und entwickeln sich in Richtung Wartung und Betrieb. Viele dieser Unternehmen bieten bereits Energieeffizienzservices an, sind jedoch oft zu klein, um mit der erforderlichen Serviceorganisation zu skalieren. Bisher zogen kleinere Energiedienstleister Ingenieurbüros hinzu, wenn die Aufgabe zu komplex wurde. Einige, beispielsweise die GDF Suez-Tochter Cofely, bauen eigene Kompetenz im Engineering, Contracting und Facility-Management auf. Andere wie Dalkia vertrauen auf die Kombination von internationaler Erfahrung und lokaler Expertise, um ihren Kunden zunehmend effizient industrialisierte Services bieten zu können.

    2. Hersteller von Industriegütern und -ausrüstung profitieren vom steigenden Bedarf ihrer Kunden, ältere und wenig effiziente Systeme und Anlagen auszutauschen. Dabei konzentrieren sie sich meist auf den Service für ihre eigenen Produkte, weniger auf generelle Dienste für alle Anlagen und Energiebedarfe des Kunden. Für Hersteller ist es oft schwierig, kontinuierliche Dienstleistungen für ihre räumlich meist weit verteilte Kundschaft zu erbringen - speziell dann, wenn ein unabhängiger Vertrieb oder Lieferant zwischen ihnen und dem Kunden steht. Einige Hersteller haben dennoch interessante Teilmärkte identifiziert und investieren intensiv in Systeme für Energiedatenmanagement und -steuerung. Dazu gehören der Aufzugshersteller Schindler oder die Energietechniksparte des Industriekonzerns ABB.

    3. Energieversorger sind derzeit vor allem lokal mit ihren Dienstleistungen erfolgreich, wo sie eine enge Kundenbindung mit eigener Infrastruktur verbinden können, zum Beispiel bei Fernwärme oder lokalen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Regionalen und überregionalen Versorgern fällt es häufig schwer, Energieservices aufzubauen. Der politisch gewollte Umbau des Energiemarktes gerade in Deutschland bedroht ihr Kerngeschäft, sprich: Erzeugung und Verteilung von Strom, mit Umsatzverlusten von perspektivisch bis zu 40 Prozent. Energieservices wie ein dezentrales Energiemanagement oder Verbraucherdienste können diese Verluste nur teilweise ausgleichen. Dennoch haben die Versorger mit ihrer Expertise im Management komplexer Energiesysteme für Zehntausende von Kunden einen Wettbewerbsvorteil bei Datenmanagement und -steuerung. Ein gutes Beispiel ist der britische Versorger Centrica, der sich derzeit zu einem kundenorientierten Dienstleister wandelt. Interessant für große Versorger ist die Zusammenarbeit mit lokalen Dienstleistern, die für effiziente Installations- und Wartungsarbeiten besser aufgestellt sind.

    Erfolgsfaktoren für neue Geschäftsmodelle
    Ein kritischer Punkt für Energieeffizienzservices ist die Leistungserbringung selbst. Zum Teil müssen erst geeignete Partner gefunden werden, um ein ganzheitliches Serviceportfolio anbieten zu können. Noch kann kein Unternehmen alle Stufen der Wertschöpfungskette abdecken, die von Diagnose und Beratung über technische Planung und Produktauswahl bis zu Installation und Inbetriebnahme sowie Steuerung reicht. Häufig ist entscheidend, auch lokale Partner zur kosteneffizienten Erbringung von Vor-Ort-Wartungsarbeiten einzubinden. Beim Contracting kommen noch Finanzierung und Betrieb der Anlagen hinzu.

    Die Wirtschaftlichkeit von Geschäftsmodellen rund um Energieeffizienz wird oft von regulatorischen Gegebenheiten beeinflusst. Deshalb müssen Unternehmen Gesetzesinitiativen und Förderprogramme ebenso berücksichtigen, wie sie von den Möglichkeiten Gebrauch machen, in technischen Gremien oder bei Marktteilnehmeranhörungen mitzuwirken.

    Insbesondere aber sollten Unternehmen beim Aufbau neuer Serviceangebote den Hebel ihres etablierten Kerngeschäfts nutzen. Die Produkteinheit eines Unternehmens kann beispielsweise ihr Angebot mit Energieeffizienzdienstleistungen erweitern. Eine separate Einheit für Energieeffizienzservices, die sich auf die Entwicklung geeigneter Kompetenzen und Vertriebsansätze spezialisiert, sollte aus den Kompetenzen und dem Kundenzugang des Kerngeschäfts Nutzen ziehen. "Energieeffizienzservices sind schon heute mit vielfach überzeugenden profitablen Geschäftsmodellen am Markt", resümiert Bain-Berater Petrick. "Die großen Veränderungen auf den Energiemärkten eröffnen den Marktteilnehmern zahlreiche Chancen für Innovationen und Wachstum entlang der gesamten Wertschöpfungskette."

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