Strukturwandel trifft kleine Metzgereien
Manch einer verzichtet inzwischen ganz auf Fleisch. "Immer mehr Verbraucher haben Schwierigkeiten mit der Art der Erzeugung", sagt der Agrarökonom Ulrich Hamm von der Universität Kassel. "Die Tierwohldebatte rüttelt an den Grundfesten der Branche." Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Deutschland Schnitzel und Steak abschwören, gibt es allerdings nicht. Der Vegetarierbund Deutschland geht von rund 7 Millionen Vegetariern und 1,2 Millionen Veganern aus.
Das entspräche rund zehn Prozent der Bevölkerung. Hamm schätzt, dass der Anteil der Vegetarier unter 10 Prozent liegt, bei Veganern dürften es weniger als 1 Prozent sein.
Generell sinkt seit einigen Jahren die Nachfrage nach Rind- und Kalbfleisch, Geflügel steigt in der Gunst der Verbraucher. Insgesamt wird weniger Fleisch gegessen. Nach Schätzungen des Deutschen Fleischer-Verbandes verzehrte jeder Bundesbürger im vergangenen Jahr im Schnitt 60,4 Kilogramm Fleisch, das waren 500 Gramm weniger als 2012. Heftiger fiel der Rückgang mit 1,9 Kilogramm im Jahr zuvor aus.
Noch deutlicher wird die Entwicklung über einen längeren Zeitraum: Danach sank der Verbrauch - Schlachtgewicht einschließlich Bestandteilen wie beispielsweise Knochen - von 100 Kilogramm pro Kopf Anfang der 90er Jahre auf 87 Kilogramm im Jahr 2012.
Viele Metzgereien trifft vor allem die Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter hart - 40 Prozent aller Fleischerzeugnisse werden nach Angaben des Deutschen Fleischer-Verbandes beim Discounter verkauft.
Allein im vergangenen Jahr ging die Zahl der selbstständigen Fleischer-Fachbetriebe um 441 auf 13 931 zurück. Zehn Jahre zuvor gab des noch 18 320. Wesentliche Gründe sind aus Sicht des Branchenverbandes der harte Wettbewerb sowie Probleme, Nachfolger zu finden, die den Betrieb übernehmen. Bei denen, die sich halten, stellt der Verband einen "Trend zu größeren und leistungsfähigeren Betriebseinheiten fest".
Der Metzger um die Ecke abseits der Einkaufsmeilen in der Innenstadt hat nach Einschätzung Hamms aber durchaus eine Zukunft.
Nach der Studie "Consumers Choice 2013" der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und der GfK-Markforscher achten gut 30 Prozent der Verbraucher bei Fleisch darauf, dass die Tiere artgerecht gehalten wurden. Und sie sind bereit, dafür mehr zu zahlen. "Dass Verbraucher nur auf den Preis schauen, ist ein Märchen", sagt auch Hamm.
Chancen, sich erfolgreich gegen die Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter zu behaupten, sieht der Experte in handwerklicher Verarbeitungskunst, guter Beratung und Transparenz beim Herkunftsnachweis. "Wenn beispielsweise dem Kunden gesagt wird, dass das Kälbchen bei der Mutterkuh bleiben kann und ihr nicht sofort nach der Geburt weggenommen wird, steht die Geldbörse vieler Verbraucher weit offen". Denn solche Informationen seien wichtig für Verbraucher, die zum Beispiel ein Steak mit gutem Gewissen genießen wollten./mar/DP/zb (Von Friederike Marx, dpa)
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