Meilenstein oder Mogelei? Künftig mehr Angaben auf Lebensmittelpackungen
Was steckt eigentlich in Lebensmittelpackungen? Dazu müssen künftig genauere Informationen aufgedruckt werden, die Kunden vor Schwindel schützen sollen. An den neuen Vorschriften gibt es aber schon Kritik.
Wenn Kunden im Supermarkt in die Regale blicken, sehen sie die Tiefkühlpizzen, Suppen und Frühstücks-Müslis meist nicht direkt - sondern Schachteln, Dosen und Beutel.
Packungen mit Markenlogos und Bildern sind für Lebensmittelhersteller kleine Werbeflächen. Viele Verbraucher suchen auf den Etiketten aber auch ganz sachliche Informationen, die ihnen beim Kauf wichtig sind.
Am 13. Dezember greifen für solche Kennzeichnungen strengere EU-weite Vorschriften. Für Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) sind sie «ein Meilenstein für mehr Klarheit und Wahrheit». Dagegen monieren Verbraucherschützer, es blieben zu viele Mogeleien möglich.
Was interessiert Kunden auf der Packung?
Groß ist die Neugierde auf den Packungsaufdruck in der Regel bei Produkten, die nicht jedes Mal in den Einkaufswagen kommen. Am wichtigsten sind den Bundesbürgern dabei Angaben zu Zutaten, Tierschutz, regionaler Herkunft und gentechnikfreier Produktion, wie eine Umfrage des Ernährungsministeriums ergab. Auch auf die Kalorienzahl und eine gesundheitliche Wirkung kommt es vielen an. Zu Hause liest laut einer Umfrage der Lebensmittelwirtschaft dann kaum noch jemand etwas nach. Besonders hoch ist das Interesse nach Lebensmittelskandalen.
Was gilt künftig für die Gestaltung der Aufdrucke?
Erstmals gilt eine konkrete Vorgabe für eine Mindestschriftgröße. Bei Pflichtangaben wie den Zutaten und dem Mindesthaltbarkeitsdatum muss ein Buchstabe 1,2 Millimeter groß sein, auf kleineren Packungen noch mindestens 0,9 Millimeter. Das sei für viele Menschen aber immer noch kaum lesbar, kritisiert die Verbraucherorganisation Foodwatch und fordert 2 Millimeter wie in vielen Zeitungen und Zeitschriften. Auch für Schriftarten, Farben und Kontraste sollte es Vorschriften geben, argumentiert die Verbraucherzentrale Brandenburg.
Was soll sich für Allergiker verbessern?
Geschätzt zwei Millionen Lebensmittelallergiker in Deutschland sind besonders auf Informationen angewiesen. Sie sollen die 14 wichtigsten Auslöser wie Nüsse, Soja und Sellerie in der Zutatenliste leichter erkennen können - etwa fettgedruckt oder unterstrichen.
Auf kritische Bestandteile hingewiesen werden muss künftig auch bei unverpackter Ware. Die Bundesregierung hat dazu festgelegt, dass Bäcker, Metzger und Restaurants Kunden darüber auch mündlich informieren können. Eine schriftliche Dokumentation müssen sie aber parat halten. Dass sie nur auf Nachfrage zu zeigen ist, reicht den Verbraucherzentralen nicht.
Muss auch Kuchen für Kinderfeste gekennzeichnet werden?
Wenn Eltern für die Kita oder den Sportverein einen Salat machen oder Kuchen backen, greifen diese Allergie-Kennzeichnungsvorgaben nicht.
Denn der «Verkauf von Lebensmitteln durch Privatpersonen» und der gelegentliche Umgang damit sind von den neuen Regeln ausdrücklich ausgenommen. Für Wohltätigkeitsveranstaltungen sowie «Märkte und Zusammenkünfte auf lokaler Ebene» gelten die Auflagen nicht, wie im EU-Gesetz steht. Sich vorher nach Allergikern zu erkundigen, sei aber ja trotzdem sinnvoll, empfiehlt Ernährungsminister Schmidt.
Sind Lebensmittel-Imitate leichter zu erkennen?
Bei manchen Produkten fühlen sich Verbraucher vom ersten Anblick getäuscht. Zum Beispiel, wenn auf einer Pizza gar kein Käse liegt, sondern ein Imitat aus Pflanzenfett. Solche Ersatzstoffe müssen nun direkt beim Produktnamen angegeben werden - also auf der Vorderseite der Packung und in Buchstaben, die höchstens ein Viertel kleiner sind als die des Namens. Auch wenn Putenbrustscheiben oder ein Fischfilet nur so scheinen, als handele es sich um ein gewachsenes Stück, muss künftig auf der Packung stehen: «aus Fleischstücken zusammengefügt» oder «aus Fischstücken zusammengefügt».
Wie geht es weiter?
Supermarktkunden sollten am Stichtag 13. Dezember nicht schlagartig eine neue Warenwelt erwarten, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Bereits produzierte Packungen können noch abverkauft werden, manche Hersteller haben die Aufdrucke schon vorab umgestellt.
Weitere Neuregelungen folgen, zunächst für die Herkunft von Fleisch.
Ab 1. April müssen auch bei unverarbeitetem Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Geflügel die Orte der Aufzucht und der Schlachtung auf der Packung stehen wie bisher schon bei Rindfleisch. Ab 2016 wird dann eine Nährwerttabelle Pflicht - etwa zu Salz, Fett und Zucker. (dpa)
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