Wenig Freude am 'Tag der Milch' - Bauern beklagen niedrige Preise

01.06.2015 - Deutschland

Kälberstreicheln, Milchkannenkegeln und zum Abschluss in vielen Höfen ein kostenloses Glas Milch - Deutschlands Milchbauern und Molkereien werben am Montag (1. Juni) wieder mit einem bundesweiten "Tag der Milch". Dabei ist das Bild hinter den malerischen Sonnenblumen-Werbeplakaten wenig romantisch: Die Preise sind zuletzt deutlich gefallen, das Hofsterben geht fast ungebremst weiter. Allein von Mai bis November 2014 machten laut Statistischem Bundesamt bundesweit 1200 Milchviehbetriebe zu.

Die Erlöse der Bauern sind nach zwei starken Jahren 2013 und 2014 mit Preisen von an die 40 Cent pro Liter Milch geradezu abgestürzt, ohne dass eine schnelle Entlastung in Sicht wäre. Sie lägen schon unter 30 Cent und fielen weiter, sagt der Marktexperte Erhard Richarts vom Informations- und Forschungszentrum der Ernährungswirtschaft: "Das kehrt sich nicht so schnell um. Die Baisse verfestigt sich."

Die Milcherzeuger stehen unter enormem Druck durch die großen Handelsketten. Bei der jüngsten Verhandlungsrunde hätten diese die Frischmilchpreise um rund zehn Prozent gedrückt, klagt der Deutsche Bauernverband. Die Discounter senkten danach Anfang Mai die Preise für Milch, Butter und Sahne teils erheblich - etwa für das 250-Gramm-Paket-Markenbutter von 99 auf 89 Cent und für den Liter Vollmilch von 59 auf 55 Cent.

Das freut zwar viele Verbraucher. Aber die Kosten der noch rund 75 000 deutschen Milchbauern seien mit diesen Erlösen kaum noch zu decken, kritisiert der Bauernverband. Schließlich erforderten die hohen Qualitätsstandards und ein moderner Tierschutz erhebliche Investitionen.

Den europaweiten Wegfall der Milchquoten seit dem 1. April sehen Experten nicht als direkte Ursache für den Preisabsturz. Anders als in Nachbarländern wie den Niederlanden oder Polen seien die deutschen Produktionsmengen nicht auffällig angestiegen, sagt der Analyst Andreas Gorn von der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI).

Dennoch herrscht Milch-Überfluss in Deutschland: Schon 2013 produzierte die Branche fast ein Fünftel mehr als für den eigenen Bedarf nötig.

Auf einem gesättigten Markt hielten sich die Erzeuger von Milchprodukten wie Butter, Käse, Milchpulver oder Joghurt mit ihren Bestellungen bei den Molkereien derzeit zurück, weil sie auf noch weiter fallende Preise spekulierten, sagt Gorn.

Drei Cent pro Liter blieben den Milchbauern im bundesweiten Schnitt aktuell noch an Erlös, rechnet Hans Foldenauer vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter vor - für Arbeitslohn, Kapitaldienst, Erhalt der Gebäude, Investitionen und den notwendigen Betriebsgewinn viel zu wenig. Die Situation ähnele langsam dem Milchpreiskampf von 2008/2009, als Bauern europaweit mit Lieferboykott-Aufrufen und Traktor-Sternfahrten gegen den massiven Preisdruck des Handels demonstriert hatten. Zum "Tag der Milch" wollen sie nun mit Mahnfeuern zum Beispiel in Ulm auf ihre Misere aufmerksam machen.

Das Sterben der Höfe dürfte sich angesichts der schlechten Erlöse wieder deutlich beschleunigen, erwarten alle Experten. Vor allem Nebenerwerbs-Landwirten im Süden droht damit in großer Zahl das Aus./rs/DP/stw (dpa)

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