Massenprodukt Lachs - Kaum noch Wildbestände

Der Wanderfisch steht auf der Liste gefährdeter Fischarten.

28.12.2015 - Deutschland

Irischer Lachs, Schottischer Räucherlachs, Biolachs, Wildlachs, Graved Lachs: Man könnte meinen, so kurz vor Weihnachten sei die Liste der angebotenen Lachsvarianten besonders lang. Die Preise für den Speisefisch variieren pro Packung zwischen 2 bis 15 Euro. Schaut man sich die Verpackungen genauer an, sieht man, dass viele der Lachse aus Aquakulturen stammen. Und das hat seinen Grund.

Denn der Lachs steht auf der Liste der besonders schützenswerten Fischarten. Zurzeit gebe es nur noch kleine Wildbestände, erklärt Philipp Kanstinger vom Zentrum für Meeresschutz des WWF. Beispielsweise in Finnland und Schweden. Dort seinen die Bestände extrem bedroht. Laichgebiete der Wanderfische würden durch die Rodung von Wäldern und die Begradigung von Wildflüssen zerstört.

Auch in Deutschland gebe es derzeit keine sich selbst erhaltenden Bestände. Hier war der Lachs früher in fast allen in die Nord- und Ostsee mündenden Flüssen verbreitet. Als sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Industrie verstärkt an ihren Ufern ansiedelte, versperrten, so Fischereibiologe Kanstinger, beispielsweise Wasserkraftwerke die Wanderwege der Lachse. Vor allem in den 40er und 50er Jahren habe sich die Wasserqualität erheblich verschlechtert. Die Lachse verschwanden auch, weil ihnen klares und sauberes Wasser fehlte.

Seit den 70er Jahren wird der Lachs in Aquakulturen gezüchtet, wie Umweltschützer berichten. Fischfarmen gibt es unter anderem in Norwegen, Chile und Schottland. Die Lachse schwimmen dort in Gehegen, die von Netzen umgeben sind und im Meer, in Flussmündungen oder in Seen hängen. Dort kann der Fisch in großen Massen gezüchtet werden.

Nach und nach ist der Lachs so zu einem Produkt geworden, das zu allen Jahreszeiten, in großen Mengen und zu niedrigen Preisen im Supermarkt erhältlich ist. Rund 1,1 Millionen Tonnen Fisch verzehrten die Deutschen nach Angaben des Fisch-Informationszentrums im Jahr 2014 - darunter rund 190 000 Tonnen Lachs. Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen ist die Tendenz steigend.

Fischfarmen bringen aus Sicht des WWF einige Probleme mit sich: So verdrängten entflohene Zuchtlachse ihre wilden Artgenossen, Krankheiten verbreiten sich. Zudem verursachten Aquakulturen Umweltschäden. Chemikalien, Nahrungsreste, Fischkot und Antibiotika gelangten aus den offenen Netzkäfigen in Flüsse und Meere. Kanstinger spricht von Mastbetrieben, bei denen das Tierwohl nicht wirklich beachtet werde.

Die Fischindustrie weist solche Vorwürfe zurück. Die Kritik sei eine Wiederholung von Dingen, die vielleicht vor 20 oder 25 Jahren noch berechtigt gewesen seien, heißt es beim Bundesverband der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels. Seither habe sich eine Menge verbessert.

Ein Sprecher des Verbands verweist auf Angaben des Norwegian Seafood Council, der Marketingvertretung der norwegischen Fischindustrie: «Seit den 90er Jahren ist die Lachsproduktion in Norwegen von 50 000 Tonnen auf über eine Million Tonnen gestiegen. Der Einsatz von Antibiotika ist dabei im gleichen Zeitraum um 99 Prozent gesunken», heißt es dort etwa. Auch gegen die Entweichung der Zuchtlachse werde viel getan: Unterwasserkameras sorgten für eine ständige Überwachung, und Taucher würden für regelmäßige Kontrollen eingesetzt.

In Deutschland bemüht man sich in verschiedenen Projekten um die Wiederansiedlung des Lachses. Bis auf die Rückkehr eingesetzter Junglachse am Oberrhein seien das aber nach wie vor langwierige Vorhaben, meint Kanstinger. Der Lachs könne nicht richtig wandern. Die Flüsse hätten sich durch den Einfluss des Menschen sehr verändert. So habe der Fisch beispielsweise wenige Stellen wie Kiesbetten, wo er ablaichen könne.

Wer Wert auf eine umweltschonende Aufzucht legt, sollte Umweltschützern zufolge ein paar Euro mehr ausgeben. Nachhaltige Aquakulturen kann der Verbraucher zum Beispiel an dem Bio-Siegel wie «Naturland» und «Bioland» erkennen. Auch MSC-zertifizierter Wildlachs aus Alaska sei empfehlenswert. «Da sind die Bestände und das Management sehr gut», erklärt Kanstinger. Lachs sei zudem nicht etwas, was man dreimal die Woche essen sollte, meint er. Für ihn ist Lachs nach wie vor ein Luxusprodukt. Dafür müsse man auch bereit sein, mehr zu bezahlen. (dpa)

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