Das harte Cent-Gerangel in der Lebensmittelkette

24.03.2016 - Deutschland

Wenn sie Marmelade, Schinken und Butter fürs Frühstück kaufen, fragen sich wohl die wenigsten Supermarktkunden:

Wie viel vom Preis an der Kasse geht eigentlich an wen? In der "Lebensmittelkette" von den Bauernhöfen über die Verarbeiter bis zum Handel herrscht deshalb aber gerade ziemlicher Ärger. Auf ihre Kosten kommen wollen alle. Und nun machen die Landwirte mobil und fordern unter dem Druck heftiger Preiseinbrüche für Milch und andere Produkte einen größeren Anteil für sich. Es ist ein hartes Gerangel, und jeder Cent zählt.

Worum geht es den Landwirten, was sollen die Verbraucher tun?

Mit Aktionen in ganz Deutschland haben sich Bauern am Mittwoch vor allem an die Verbraucher gewandt. "Wir machen Dein Frühstück.

Aber Dein Geld kommt nicht bei uns an", lautet eine zentrale Botschaft. Zumindest nicht sehr viel davon, wie der Bauernverband

vorrechnet: Bei zwei Brötchen seien es 2 Cent, bei 100 Gramm Käse 25 Cent, bei einer 20-Gramm-Portion Marmelade 1 Cent. Auch von einer Bratwurst mit Brötchen landeten nur 20 Cent beim Landwirt. Der Verband appelliert denn auch an die Solidarität der Kunden, doch ein bisschen mehr zu zahlen. Generell gilt: Je mehr das Endprodukt über den Agrarrohstoff hinaus weiterverarbeitet wird, desto kleiner der Anteil der Bauern. 

Warum sind die Preise für die Erzeuger so niedrig?

Dass viele Höfe finanziell bangen müssen, liegt in erster Linie an den Weltmärkten. Schon seit Monaten sind die Preise tief im Keller, die Landwirte dort erzielen können. "Wir sehen leider kein Licht am Ende des Tunnels", sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied. So sackte der Erzeugerpreis für Milch von mehr als 37 Cent auf 27 Cent pro Liter. Für Schweinefleisch sind es 1,31 Euro pro Kilo nach einst

1,71 Euro. Eine Ursache ist die schwächere Nachfrage in Schwellenländern vor allem in Asien. Milchbauern in den USA und Neuseeland stellen mehr her, was die Preise verwässert. Und noch immer blockt Russland als Antwort auf EU-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise Agrarimporte. 

Welche Rolle spielt der Einzelhandel?

Die Landwirte sehen daneben strukturelle Probleme. Da ist vor allem die Einkaufsmacht der vier Handelsriesen Edeka, Rewe, Schwarz

(Lidl) und Aldi, die zusammen 85 Prozent des Markts beherrschen - und in Preisverhandlungen oft am längeren Hebel sitzen. Viele Bauern ärgert es auch, dass Lebensmittel in den Läden seit einigen Monaten teurer werden, obwohl der Handel doch günstiger ordern kann. Der Abstand zwischen Erzeuger- und Endpreis sei teils auffällig gewachsen, moniert der Bauernverband. Soll heißen: Wird da etwas abgezweigt? 

Was sagt der Handel zu den Vorwürfen?

Die Supermärkte weisen diese Kritik vehement zurück. "Die Ursachen für die niedrigen Milchpreise liegen doch nicht in den Margen des Handels", heißt es beim Branchenverband. Mit der Spanne, die auf den Einkaufspreis aufgeschlagen wird, müssten eigene Kosten für Lagerung, Verpackung und Transporte gedeckt werden. Und groß sei diese Spanne ohnehin nicht. Bei einem Liter Trinkmilch, der bei einer günstigen Eigenmarke im Kühlregal 55 Cent kostet, liege sie bei gut sechs Cent. Der Handelsverband erinnert daran, dass die Frischmilch-Preise bis 2014 deutlich gestiegen seien. Auch jetzt seien sie höher als 2010. 

Was könnte sich ändern?

Trotz der Rangeleien wissen alle, das sie als Partner aufeinander angewiesen bleiben. Eine Schlüsselrolle komme den Molkereien zu, betont der Bundesverband des Lebensmittelhandels. Schließlich könnten sie Strategien entwickeln, um Rohmilch zu hochwertigen Produkten für verschiedene Abnehmer im In- und Ausland zu veredeln. So könnten auch Leistungszuschläge für Bauern drin sein. Der Bauernverband drängt die Molkereien, sich für Preisverhandlungen mit dem Handel stärker zu verbünden. Die Grünen fordern ein generelles Umsteuern weg von der reinen Mengenproduktion für die Weltmärkte, wie der Agrarexperte Friedrich Ostendorff sagt: "Wir brauchen Klasse statt Masse."/sam/DP/jha (dpa) 

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