Neues Gutachten beweist systematische Falschauslegung von Glyphosat-Studien
Das Gutachten, das der Epidemiologe Prof. Dr. Eberhard Greiser (Universität Bremen) im Auftrag der Umweltschützer erstellte, kommt zu dem Schluss, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nahezu alle epidemiologischen Studien über die krebserzeugende Wirkung von Glyphosat unbegründet als „nicht zuverlässig“ verworfen hat. Greiser dazu: „Die Pestizid-Hersteller haben diesen Studien bereits im Zulassungsantrag fälschlich methodische Fehler unterstellt. Das BfR hat diese Falschdarstellungen kritiklos übernommen. Mein Eindruck ist, dass auf diese Weise praktisch alle epidemiologischen Studien, die der Wiederzulassung von Glyphosat im Wege stehen, systematisch aussortiert wurden.“
Zuvor hatte bereits eine Analyse des Toxikologen Peter Clausing gezeigt, dass auch die von der Industrie eingereichten Krebsstudien mit Labormäusen falsch ausgewertet und dadurch signifikante Krebsbefunde beim Tier verschleiert wurden. „Aufgefallen ist das deshalb, weil zwei jener Mäusestudien auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgewertet wurden“, erklärt Helmut Burtscher, Biochemiker bei GLOBAL 2000. „Im Gegensatz zum BfR stellten die WHO-Experten in allen Krebsstudien mit Mäusen einen signifikanten Anstieg von Tumoren fest.“
In seinem finalen Bewertungsbericht erkannte das BfR die Korrektheit der WHO-Auswertung an und gab zu, die statistische Auswertung der Industrie ungeprüft übernommen zu haben. An seiner Empfehlung, Glyphosat als „nicht krebserregend“ einzustufen, hielt es dennoch fest. Deshalb kritisierten fast 100 renommierte WissenschaftlerInnen die Krebsbewertung des BfR in einem offenen Brief an die EU-Kommission als „wissenschaftlich inakzeptabel“, „fundamental fehlerhaft“ und „in die Irre führend“.
„In Anbetracht der zahlreichen nachgewiesenen Mängel im Zulassungsverfahren entsteht fast zwangsläufig der Eindruck, dass Behörden und Hersteller Hand in Hand arbeiten, um Glyphosat mit allen Mitteln auf dem europäischen Markt zu halten“, erklärt Sophia Guttenberger, Biologin und Referentin für Verbraucherschutz am Umweltinstitut München. „Ein solches Vorgehen der Behörden wäre mit ihrem gesetzlichen Auftrag keinesfalls zu vereinbaren. Deshalb muss die Staatsanwaltschaft prüfen, ob sich die Verantwortlichen strafbar gemacht haben“, so Guttenberger weiter.
„Sollte es im Wiederzulassungsverfahren von Glyphosat zu vorsätzlichen Manipulationen gekommen sein, um einen krebserregenden Stoff durchzuschleusen, wäre das Betrug an 508 Millionen EU-Bürgern“, stellt der Wiener Rechtsanwalt Dr. Josef Unterweger fest.
Aus diesem Grund bringt seine Kanzlei die Anzeige im Auftrag der Umweltorganisationen und sechs weiterer Organisationen aus europäischen Mitgliedstaaten ein, darunter das Pesticide Action Network (PAN) Germany, Générations Futures France, WeMove Europe, PAN Europe, PAN UK und Nature & Progrès Belgique. Es erfolgt zudem eine Eingabe bei der europäischen Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF.
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