Kater nach dem Millionenrausch: Kartellamt bestraft Bier-Absprachen
Es geht um hochpreisige Markenbiere der weltgrößten Brauerei AB Inbev. Auf einem seit Jahren schrumpfenden Markt stehen die Preise für solche Qualitätsprodukte besonders unter Druck.
Die Großbrauerei musste dagegen versuchen, ihre Marken vor "Kampfpreisen" und Ramschangeboten unterhalb der 10-Euro-Schmerzgrenze für den Kasten zu schützen. Das tat sie - nach Überzeugung des Kartellamtes aber mit Verstößen gegen das deutsche Recht.
Von 2006 bis Februar 2009 hat AB Inbev den Ermittlungen zufolge hinter verschlossenen Türen Klartext mit den großen Supermarktketten geredet: Ihr lasst den Preis nicht abstürzen, dafür bekommt ihr von uns Rabatte und Rückvergütungen. Einzelne Supermarktketten haben demnach sogar aktiv die Großbrauerei aufgefordert, Preissenkungen bei der Konkurrenz zu verhindern. "Systematische Preisbindungspraktiken" zu Lasten der Endverbraucher nennt Kartellamtschef Andreas Mundt das Kartell, das so entstand.
Es war ein besonders schlagkräftiges "vertikales" Kartell - ein Kartell mit illegalen Verabredungen zwischen industriellem Produzenten und dem Handel - nicht unter Gleichen, also etwa unter verschiedenen Brauereien. Ein solches horizontales Kartell zwischen Brauereien gab es teilweise parallel zusätzlich auch noch. Es ist bereits Anfang 2014 vom Kartellamt aufgedeckt und mit fast 340 Millionen Euro Strafe belegt worden.
Hintergrund ist der immer weiter nachlassende Bierdurst der Deutschen. "Kein Kasten Bier mehr auf der Baustelle, kein Bier mehr im Getränkeautomat und für Fahranfänger 0,0 Promille - so gut das alles ist, die Brauereien kriegen es zu spüren", sagt ein Branchenkenner. Der Bierabsatz in Deutschland stürzte von rund 108 Millionen Hektoliter 2001 auf zuletzt knapp 96 Millionen Hektoliter (2015).
Im Handel ballen viele Unternehmen die Faust in der Tasche - fast alle haben aber auf Widerstand verzichtet und einvernehmliche Regelungen mit der Behörde getroffen. Preisvorgaben von Herstellern für den Endhandel sind nämlich in Deutschland seit den 1970er Jahren strikt verboten. Andererseits: Natürlich verhandelt die Industrie mit dem Handel über dessen Einkaufspreise. Wenn Einkäufer dabei auf Mindestmargen pochen, ist man nach Überzeugung von Kritikern sehr schnell in einer Grauzone, in der eben doch mit dem möglichen oder tatsächlichen Endverkaufspreis hantiert wird.
Die Drogeriemarktkette Rossmann, die ebenfalls eine Millionenbuße wegen des Vorwurfs illegaler Absprachen für Kaffeepreise zahlen soll, wehrt sich deshalb gegen die Bonner Behörde. Sie zieht vor das OLG Düsseldorf. Dort hat das Bundeskartellamt auch schon die eine oder andere schmerzhafte Niederlage hinnehmen müssen - zuletzt Ende 2015 bei einem Verfahren wegen aus Sicht des Kartellamtes widerrechtlicher Rabatte für Deutschlands größten Lebensmittelhändler Edeka. Das OLG kassierte dabei die Entscheidung der Bonner Aufsichtsbehörde./rs/DP/edh (dpa)
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