Deutsche Flagge an der Flasche - Winzer kämpfen um Regalmeter

23.05.2016 - Deutschland

Viele Menschen könnten zwei Turnschuh-Marken oder Autohersteller nennen, nicht aber den Namen von zwei deutschen Weinerzeugern, sagt Ingo Steitz. Das ärgert den Präsidenten des Weinbauverbandes Rheinhessen - des größten deutschen Anbaugebietes.

Er glaubt, dass ein gemeinsames Erkennungszeichen dem Absatz auf die Sprünge helfen könnte.

Seine Idee: Deutsche Weine anhand einer schwarz-rot-goldenen Kapsel, die auf dem Korken sitzt, identifizierbar zu machen. ""Made in Germany" als positiver Begriff kann auch für Weine gelten", sagt Steitz. In Österreich werde das bereits gemacht.

Was Steitz und andere Winzer umtreibt: Die Menschen in Deutschland trinken zwar seit Jahren die gleiche Menge Wein - aber immer weniger Rotwein, Weißwein und Rosé aus ihrer Heimat. 45 von 100 verkauften Flaschen seien noch aus Deutschland, sagt ein Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI).

Eines der Probleme liegt in den Regalen der Supermärkte. "2013 gab es hierzulande eine kleine Ernte, also nicht genügend Wein, um Einzelhändler und Discounter umfassend zu beliefern", sagt Peter Rotthaus vom Bundesverband der deutschen Weinkellereien und des Weinfachhandels. Der Platz der deutschen Produzenten wurde reduziert und mit Flaschen aus Chile, Südafrika oder Australien gefüllt.

Durch das geringe Angebot stiegen auch die Preise, bis über bestimmte Grenzen. "Der Handel hat das genutzt, um zu sagen: Dann tauschen wir den Wein aus", sagt Rotthaus. Trotz guter Ernten 2014 und 2015 seien die einmal verlorenen Regalmeter nur sehr schwer zurückzubekommen. "Das ginge nur mit einer verzweifelten Preisschlacht, und die können wir nicht gewinnen."

Also suchen die Winzer, Kellereien, Genossenschaften und Verbände händeringend nach anderen Strategien, um ihre vollen Keller zu leeren. "Die Weine blockieren die Palettenlager, blockieren den Fassraum", sagt Steitz. Die Märkte seien unter Druck, weil die Winzer normalerweise nur eine Ernte einlagerten.

Der Export ins Ausland birgt derzeit wenig Hoffnung. Die Ausfuhren nach Russland etwa brachen laut DWI von 220 000 Hektoliter im Jahr 2010 auf nur noch 8000 Hektoliter ein. Auch die Geschäfte mit den USA und Großbritannien laufen nicht gut. Insgesamt verzeichnet das DWI für 2015 im Export ein Liter-Minus von zwölf Prozent, bei einem finanziellen Minus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

"Fehlt es uns an innovativen Ideen für den Absatz?", fragt der Präsident des Weinbauverbandes Mittelrhein, Heinz-Uwe Fetz. Er möchte eine modernere Vermarktung des Weines, die auch junge Menschen anspricht. "Der Mittelrhein wird immer "romantisch" genannt. Das klingt so verstaubt, das will doch keiner mehr", sagt Fetz.

Er glaubt, dass zum Beispiel eine Mittelrhein-Vinothek eine zentrale Anlaufstelle sein könnte. Dort würden die Weine der Region mit einem Logo, einem Etikett und einem Erscheinungsbild vermarktet. "Trotzdem blieben die Betriebe eigenständig", schlägt Fetz vor.

Der Präsident des Weinbauverbandes Nahe, Thomas Höfer, spricht sogar von einem möglichen "Rheinland-Pfalz-Wein". "Wir müssen neue Produkte kreieren, die im In- und Ausland verstanden werden", sagt er. Damit könnten dann auch die Supermärkte kontinuierlich bestückt werden. Diese werden immer wichtiger: Der Anteil der darin verkauften Weine stieg laut DWI seit 2012 von 10 auf 17 Prozent, wohingegen der Bezug direkt vom Erzeuger im gleichen Zeitraum leicht zurückging.

Derzeit würden mit Supermärkten Gespräche geführt, um in Aktionen bestimmte Rebsorten oder Regionen in den Mittelpunkt des Angebots zu stellen, sagt Frank Schulz vom DWI. "Das kann auch saisonal sein, etwa wie jetzt Silvaner und Müller-Thurgau zur Spargelsaison", sagt er. Aber am Ende entscheide jeder Supermarkt-Betreiber selbst, wie er welchen Wein platziere./fdo/DP/he (dpa)

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