Das Glyphosat-Gezerre geht weiter
Das ist noch nicht ganz klar, auch wenn viel darauf hindeutet. Nachdem bei der Abstimmung über eine Verlängerung der Zulassung um 12 bis 18 Monate am Montag nicht die nötige Mehrheit zustande gekommen ist, wird eine weitere Sitzung nationaler Experten nötig. In Brüssel kursiert dafür das Datum 20. Juni. Wenn es dann nichts wird, wäre die EU-Kommission am Zug - und die Behörde ist für eine Verlängerung. Sie würde Klagen von Konzernen wie dem Glyphosat-Hersteller Monsanto riskieren, wenn die aktuelle Zulassung Ende Juni einfach ausliefe.
Wie geht es nun weiter?
Die EU-Kommission müht sich nach Kräften, den Druck auf die Staaten aufrechtzuerhalten. "Es liegt an den Mitgliedsstaaten, ihre Verantwortung wahrzunehmen", sagte ein Sprecher. "Es wird nicht möglich sein, sich hinter der Kommission zu verstecken." Fragen zum weiteren Verfahren ließ er unbeantwortet, verwies stattdessen auf die Sitzung der EU-Kommissare, die am Dienstag über das Thema beraten.
Warum noch eine Verlängerung - gab es nicht schon eine?
Die Glyphosat-Zulassung wurde bereits um sechs Monate bis Ende Juni verlängert, nach einer ersten Verlängerung im Jahr 2012. Die nötige Mehrheit für eine Neuzulassung ist nicht in Sicht - daher die Zwischenlösung. Innerhalb der kommenden anderthalb Jahre wird eine Stellungnahme der europäischen Chemikalienagentur Echa erwartet, die, so die Hoffnung in Brüssel, mehr Klarheit schaffen soll.
Wo wird Glyphosat eingesetzt?
Glyphosat ist als Wirkstoff in einer ganzen Reihe von Pflanzenschutzmitteln enthalten. Es wird vor allem dazu genutzt, Unkraut beim Anbau von Feldfrüchten zu bekämpfen. Auch auf Getreide- oder Rapsfeldern kommt es vor der Aussaat zum Einsatz. In der Landwirtschaft wird Glyphosat auf etwa 40 Prozent der Felder verwendet. Derzeit wird es außerdem in Parks und im Gartenbau genutzt, um Zierpflanzen vor Unkraut zu schützen.
Warum ist es so umstritten?
Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Experten sind sich allerdings über die Forschungsergebnisse uneins. Untersuchungen deuteten unter anderem darauf hin, dass Glyphosat-basierte Gemische teilweise schädigender als der reine Wirkstoff Glyphosat sein könnten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass aus den zulässigen Glyphosat-Rückständen in Lebensmitteln kein gesundheitliches Risiko zu erwarten sei. Umweltschützer warnen jedoch vor Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt. Die EU-Kommission schlägt Einschränkungen vor, etwa beim Einsatz auf Spielplätzen. Kritikern geht dies aber nicht weit genug - zumal es für solche nationalen Auflagen gar nicht die Empfehlung der Brüsseler Behörde bräuchte.
Warum streitet die große Koalition um das Thema?
Das hat innenpolitische Gründe. Die SPD sucht im Umfragetief nach einem Strohhalm und hat den ungeliebten Unkrautvernichter Glyphosat ausgemacht. Dabei war die Partei ursprünglich sogar bereit, einer Neuzulassung unter bestimmten Bedingungen zuzustimmen - doch damit ist es vorbei. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) reagierte ziemlich verbittert auf die "Rolle rückwärts" von Umweltministerin Barbara Hendricks und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD). Auf EU-Ebene hat der Zank gravierende Auswirkungen, da sich Deutschland deshalb der Stimme enthalten muss./hrz/DP/mis (dpa)
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