Universität Hohenheim erhält Gütesiegel für Berufungsverfahren

27.06.2016 - Deutschland

Sie gilt als die Königsdisziplin im Universitäts-Management: Die Personalpolitik bei der Besetzung von Lehrstühlen. Denn mit diesen sogenannten Berufungen setzen Universitäten neue Schwerpunkte, verteilen Ressourcen neu und ringen miteinander im Wettbewerb um die besten Köpfe. Als erste Universität Baden-Württembergs erhält die Universität Hohenheim in Stuttgart am kommenden Mittwoch das Gütesiegel des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) für faire und transparente Berufungsverhandlungen. Die Auszeichnung zeigt eine besondere Stärke – die ursprünglich einmal mit einer veritablen Krise begann.

Sie geizen nicht mit Lob, die Professorinnen und Professoren, die ihren Dienst in den jüngeren Jahren an der Universität Hohenheim aufnahmen: Die Universität habe ihn von der Bewerbung bis weit über den ersten Arbeitstag hinaus „sehr offen und wertschätzend“ begleitet, meint etwa der Genetiker Prof. Dr. Martin Hasselmann. „Ich hatte immer das Gefühl, dass es der Universität wichtig ist die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen“.
Universität Hohenheim

Ausgezeichnet: Universität Hohenheim und ihre Berufungsverfahren

Vor allem „ungewöhnlich zügig“ sei das Verfahren in Hohenheim, meint auch Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Nadja Dwenger. So habe sie schnell Planungssicherheit gehabt. Und der Berufungsmanager habe auch nach ihrem Start für sie die Lotsenfunktion durch die vielseitige Universitätsverwaltung übernommen.


Erste Universität in Baden-Württemberg und eine der zehn ersten der Republik

Jetzt erhält die Universität Hohenheim auch noch zusätzliches Lob vom Deutschen Hochschulverband, der Berufsvertretung der Universitätsprofessoren und des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland. Als erster Hochschule Baden-Württembergs verleiht ihr der DHV das „Gütesiegel für faire und transparente Berufungsverhandlungen“.

„Im Wettbewerb um die besten Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer kommt einer guten Berufungspolitik eine Schlüsselfunktion zu. Das DHV-Gütesiegel attestiert Universitäten eine hohe Berufungskultur, umfasst zugleich aber auch Empfehlungen, wie Berufungsverhandlungen und -verfahren fortlaufend optimiert werden können“, erklärt der Präsident des DHV, Prof Dr. Bernhard Kempen.

Grundlage der Auszeichnung ist ein Katalog mit 42 Leitfragen, Stellungnahmen und Interviews mit frisch berufenen Professoren. Deutschlandweit ist das Gütesiegel bislang erst 9 Mal verliehen worden.


Ausgezeichnet und einstmals aus der Not geboren

Dabei wurzelt das bald schon prämierte Verfahren in einer veritablen Notsituation: Als frisch angetretener Rektor rief Prof. Dr. Stephan Dabbert im Frühjahr 2012 Dekane und Medienvertreter zu einer Krisensitzung zusammen. Der Grund: das Budget für Leistungszulagen an neue Professuren war erschöpft.

Auf den laufenden Betrieb hatte dieser Finanzmangel keine Auswirkungen. Doch beim Bieterwettbewerb um die besten Köpfe war die Universität bis auf weiteres nicht konkurrenzfähig. Laufende Berufungsverhandlungen platzten. Der Universität stand eine Durststrecke bevor.

Der damalige Ansatz des Rektors: Wenn die Universität nicht mit Zuschlägen locken kann, muss sie mit bestmöglichen Bedingungen überzeugen. Knapp 18 Monate später war das Budget wieder solvent und die Universität auch monetär wieder konkurrenzfähig.

Was blieb war eine Neuorganisation, die keinen Stein auf dem anderen ließ – und ein besonderer Service-Gedanke.

Stringentes Verfahren aus einem Guss

Als Herz der Universitätsstrategie machte Prof. Dr. Dabbert den Umbau der Berufungsverfahren zum ersten Projekt des neugeschaffenen Qualitätsmanagements. Für die Koordination des ganzen Prozess ist ein eigener, neuer Berufungsmanager zuständig.

Sein Auftrag: den bisherigen Prozess von Anfang bis Ende auseinanderzunehmen und zu optimieren. Und – ebenfalls neu – die neuen Universitätsmitglieder in die Universität hinein zu begleiten, bis sie arbeitsfähig sind.

Dazu sitzt der Berufungsmanager in allen Gremien, klärt Fragen und bietet den direkten Draht ins Rektorat. Auf Verwaltungsebene behält er alle Schnittstellen im Blick, räumt Hindernisse auf dem Weg und bleibt im ständigen Kontakt mit den Bewerbern.

Außerdem lässt Rektor Prof. Dr. Dabbert den ganzen Prozess digitalisieren. Ein Berufungsportal bündelt alle relevanten Informationen für Bewerber und informiert sie kontinuierlich über den aktuellen Stand ihres Verfahrens. Geregelt wird der Prozess durch verbindliche Richtlinien wie den Berufungsleitfaden und die Befangenheitsrichtlinie.

Hochkomplex – und essentiell für Forschung und Lehre

„Die Berufung von Professoren ist einer der wichtigsten Prozesse an der Universität mit bedeutenden Folgen für Forschung und Lehre“, betont der Rektor den Grund für die Anstrengungen. Gleichzeitig “sind Berufungsverfahren hochkomplex“. Damit sie gelängen, müssten „die Universitätsleitung, Fakultäten, der Senat, der Universitätsrat und die Verwaltung an einem Strang ziehen“.

Nach einer Erprobungs- und Bewährungsphase habe sich die Universität Hohenheim deshalb Ende 2015 beim Deutschen Hochschulverband um das Gütesiegel beworben. Am kommenden Mittwoch, 29. Juni 2016, wird es ab 16:00 Uhr auf einem Festakt im Balkonsaal von Schloss Hohenheim durch den Präsidenten des DHV, Prof. Dr. Bernhard Kempen, verliehen.

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