Baustelle MHD
Wenn sie die Ketchupflasche oder eine Backmischung aus dem Regal nehmen, drehen viele Supermarktkunden die Packung erst noch mal in der Hand herum: Wo genau steht das Mindesthaltbarkeitsdatum?
Auch am Küchenschrank entscheidet dann oft schon ein schneller Blick auf den Aufdruck, ob das Produkt auf den Tisch kommt - oder in die Tonne. Dabei sind viele Lebensmittel noch völlig in Ordnung, wenn sie «abgelaufen» sind. Das Datum auf Joghurtdeckeln, Marmeladengläsern und Becherböden steht seit längerem in der Diskussion. Was könnte helfen, damit Verbraucher es besser verstehen und weniger wegwerfen?
Wie ist die rechtliche Regelung?
Bei den meisten Produkten muss ein Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) auf die Packung. Das meint laut Verordnung den Zeitpunkt, bis zu dem ein Lebensmittel «unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält» - also Geschmack und Geruch, aber etwa auch den Vitamingehalt. Genannt werden müssen in mindestens zwei Millimeter großer Schrift Tag, Monat und Jahr. Zum Beispiel bei Milch reichen auch Tag und Monat. Bei länger haltbaren Waren wie Mehl und Nudeln kann es heißen «mindestens haltbar bis Ende 07/2017», bei Konserven auch «mindestens haltbar bis Ende 2017». Gar kein Datum brauchen etwa frisches Obst, hochprozentiger Alkohol oder Zucker.
Wer legt das Mindesthaltbarkeitsdatum fest?
Verantwortlich für das Datum sind die Hersteller. Dabei stützen sie sich auf Testmethoden und ihr Wissen über die Produkteigenschaften - also etwa, wie sich Konsistenz, Farbe und Aussehen entwickeln. Dann wird das Datum festgelegt. Bis dahin übernehmen die Hersteller damit eine Garantie für Qualität und Haltbarkeit der Ware, wie es auch beim Branchenverband BLL heißt. Um das zuverlässig garantieren zu können, wird eine Art «Sicherheitszuschlag» drauf gelegt. Das bedeutet, dass viele Lebensmittel auch nach dem genannten Datum noch genießbar sind.
Wo liegt das Problem?
Ob man ein «abgelaufenes» Produkt noch mag, muss dann jeder selbst entscheiden und zum Beispiel am Joghurt riechen oder vorsichtig kosten. Doch viele halten sich einfach ans MHD. «Mich stört, wenn viele gute Produkte, die weit über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus genießbar sind und gut schmecken, aus Vorsicht weggeworfen werden», sagt Bundesernährungsminister Christin Schmidt. Der CSU-Politiker will sich daher für insgesamt verständlichere Informationen stark machen. Dazu schwebt ihm ergänzend ein verpflichtendes Verbrauchsverfallsdatum vor, das wirklichkeitsnäher anzeige, «dass ein Lebensmittel nicht nur vom Geschmack, sondern von der gesundheitlichen Unbedenklichkeit her in eine kritische Phase kommt». Auf der Packung würde es dann heißen: «Verzehren bis», erläutert Schmidt. Umzusetzen wäre das auf EU-Ebene.
Was sagen Hersteller und Verbraucherschützer?
Gewisse Ansatzpunkte für Verbesserungen sehen auch Wirtschaft und Verbraucherschützer. Abschaffen wollen sie das MHD aber nicht. Die Angabe sei bereits so verständlich wie sie nur sein könne, betont BLL-Geschäftsführer Peter Loosen. «Sie sagt ganz genau, wie es ist:
Das Lebensmittel ist «mindestens» bis zum angegebenen Datum haltbar.» Diskutieren könne man sicherlich darüber, ob zusätzliche Produkte von der MHD-Pflicht ausgenommen werden könnten. Eine wirkliche Option dürfte das aber nur für «unempfindliche» Lebensmittel sein. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) will am MHD nicht rütteln.
Weggeworfen würden überwiegend auch Produkte ohne MHD wie Obst, Gemüse oder loses Brot, erläutert Expertin Jutta Jaksche.
Wie geht es weiter?
Die Lebensmittelhersteller werben für mehr Information. «Damit das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht als «Wegwerfdatum» missverstanden wird, muss es immer wieder neu erklärt und erläutert werden», sagt BLL-Geschäftsführer Loosen. Minister Schmidt hält auch Varianten für denkbar, dass Herstellungsdatum und Verfallsdatum auf der Packung stehen. «Das ermöglicht eine Einschätzung.» Auch Mineralwasser und Nudeln brauchten nur ein Produktionsdatum. Die Verbraucherzentralen sind für Prüfungen, ob Hersteller das MHD auch aus ökonomischen Gründen festlegen - und nicht nur aus qualitativen. Unabhängig davon fördert das Ministerium die Entwicklung «intelligenter» Packungen nun mit zehn Millionen Euro. So könnte einmal eine farbliche Anzeige auf dem Becher signalisieren, ob ein Joghurt noch genießbar ist. (dpa/Sascha Meyer)
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