Auf dem Feld und im Supermarkt - Topinambur als Nischenprodukt

07.03.2017 - Deutschland

Auf einem riesigen Feld im Spreewald neigen sich hohe verblühte Strünke unter dem starken Wind. Was für den Laien nicht zu erkennen ist: Die Erntezeit steht an. Anbauer Christoph Frehn sticht mit einem Spaten in den Boden - zum Vorschein kommen viele kleine Topinambur-Knollen. Das Wurzelgemüse kennt nicht jeder, aber hier und da wird es derzeit sogar im Discounter angeboten. Nach Experteneinschätzung wird es in Deutschland aber ein Nischenprodukt bleiben.

Auf einer acht Hektar großen Fläche baut der Biohof Schöneiche im brandenburgischen Steinreich schon seit Jahren Topinambur an. "Wenn die Wildschweine kommen, dann ist die Knolle reif", sagt der junge Geschäftsführer Frehn schmunzelnd. Diese Sorte brauche Frost, damit sie süß wird. Manche Sorten können schon im Herbst geerntet werden. Topinambur kommt zum Beispiel als Rohkost oder als Suppe auf den Tisch, aber auch Schnaps kann daraus hergestellt werden. Die Knollen sehen so ähnlich wie Ingwer aus. Topinambur hat einen süßlichen und leicht nussigen Geschmack.

Brandenburg ist eines der Hauptanbaugebiete in Deutschland. Laut Landwirtschaftsministerium in Potsdam war die Anbaufläche in dem Bundesland im Jahr 2016 rund 130 Hektar groß. Der Deutsche Bauernverband nennt noch Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen als Hauptanbaugebiete. Bundesweit erstrecke sich die Topinambur-Anbaufläche auf etwa 500 bis 800 Hektar. Der Verband erwartet eine stabile Entwicklung, aber keine wirkliche Ausweitung beim Anbau.

Ursprünglich kommt Topinambur - auch Erdbirne genannt - nach Verbandsangaben aus Mittelamerika. Aussaat ist ab April, die Erntezeit erstreckt sich je nach Sorte von Herbst bis zum Frühjahr. In Europa wurde Topinambur demnach schon im 17. Jahrhundert angebaut und wurde später von der Kartoffel verdrängt.

Topinambur wird heute als Knolle auf Märkten und im Einzelhandel verkauft, aber das Wurzelgemüse wird auch weiterverarbeitet. Anbauer Frehn zum Beispiel liefert seine gesamte Ernte an eine Firma, die Topinambur auspresst und als natürliches Süssungsmittel in Säften verarbeitet, wie er berichtet.

Jochen Winkhoff von der Fachgruppe Gemüsebau, die dem Deutschen Bauernverband und dem Zentralverband Gartenbau angehört, sieht seit Jahren eine Renaissance von Topinambur in Deutschland. Seit 10 bis 15 Jahren zeigten Anbauer wieder verstärkt Interesse für das Wurzelgemüse. Obwohl vielen in Deutschland die Gemüseart unbekannt sei, gebe es dafür durchaus eine Verbraucherschicht, sagt Geschäftsführer Winkhoff.

Es gebe bei Verbrauchern die Sehnsucht, die Vielfalt der Natur zu schmecken, sagt der Experte. Eine Hinwendung zu alten Gemüsearten - zum Beispiel Rote Beete oder Pastinake - spiele auch Topinambur zu.

Das bestätigt auch der Bio-Lebensmittelhändler Alnatura und teilt zu Topinambur mit: "Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage steigt. Es zeichnet sich ein anhaltender Trend zu den alten Sorten der Knollen- und Wurzelgemüse ab." Das Unternehmen mit 114 Filialen in Deutschland bezieht Topinambur für den Verkauf nach eigenen Angaben aus dem deutschen Bio-Anbau, für Filialen in Südwestdeutschland teilweise auch aus dem Bio-Anbau im Elsass.

Topinambur ist laut Hanni Rützler als Foodexpertin und Trendforscherin am Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main wegen der vielfältigen Zubereitungsmöglichkeiten auch gut geeignet für die Gastronomie. Nicht nur in Restaurants in Deutschland, sondern auch im Ausland wie zum Beispiel in Tel Aviv werde Topinambur zurzeit geschätzt.

Bezogen auf Deutschland seien vor allem innovative Restaurants derzeit auf der Suche nach fleischärmeren oder fleischfreien Gerichten. Bei Start-up-Unternehmen oder in Foodhalls gehe es momentan um Gemüseartenvielfalt. Das spiele Topinambur zu. Aber nicht nur für innovative Köche sei das Wurzelgemüse etwas, sondern auch für traditionelle Gasthäuser./rin/DP/zb (dpa)

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