Schweinefilet im Röntgenlicht

Falsche Handhabung macht Fleisch fade und trocken

13.02.2018 - Deutschland

Ein schwedisch-deutsches Forscherteam hat an der Röntgenlichtquelle PETRA III den Zersetzungsprozess von Fleisch untersucht. Bei ihren Experimenten an Fasern von Schweinefilet untersuchten die Wissenschaftler, welchen Einfluss die Lagerungstemperatur und Faktoren, die durch Stress des Schweins vor dem Schlachten ausgelöst werden, auf die Qualität des Fleisches haben. Die im Fachjournal „Meat Science“ veröffentlichten Ergebnisse sind für die Behandlung der Schweine auf dem Weg zum Schlachter und des Fleisches nach dem Schlachten wichtig, könnten aber auch Einfluss auf die Transportbedingungen von menschlichen Spenderorganen haben.

DESY/M. Schwartzkopf

Die Forschergruppe untersuchte Muskelfasern mit Hilfe der Kleinwinkelstreuung an PETRA III

Die Wasserhaltekapazität (Water-Holding Capacity, WHC) definiert die Fähigkeit von Fleisch, sein natürliches Wasser zu behalten. Wasser macht etwa 75% des Gewichts von frischem Muskelfleisch aus. Die WHC ist daher eines der wichtigsten Merkmale der Fleischqualität. Wasserverlust reduziert direkt das Verkaufsgewicht von Frischfleisch und wirkt sich negativ auf die Saftigkeit von gekochtem oder gebratenem Fleisch aus. Zusätzlich nimmt das verlorene Wasser Proteine und Salze mit sich, so dass das Fleisch fade schmeckt.

Das Fleisch speichert das meiste Wasser in der kontraktilen Einheit des Muskels, dem sogenannten Sarkomer. Das Sarkomer besteht aus Proteinen, die sich zu dünnen Fäden und Fasern zusammensetzen. Die Abstände dieser Filamente bestimmt die Fähigkeit, Wasser zu speichern. Bei unsachgemäßer Handhabung wie beispielsweise Tierstress oder schlechter Abkühlung des Schlachtkörpers während der Fleischproduktion kann es zu einer Schrumpfung des Filamentabstands und so zu verringerter Wasserhaltekapazität des Fleisches kommen.

Für ihre Studie untersuchten die Forscher des Karolinska-Instituts in Stockholm und DESYs Faserbündel der Rückenmuskulatur schwedischer Hausschweine. Sie simulierten durch die Veränderung der Temperatur und des pH-Werts der Probe verschiedene Produktionsbedingungen des Fleisches, die eventuell Einfluss auf die Wasserhaltekapazität haben. „Uns interessierte, welchen Einfluss die Abkühlung des Fleisches nach dem Schlachten auf die Wasserhaltekapazität hat“, erklärt Jiao Liu vom Karolinska-Institut. „Außerdem simulierten wir eine Übersäuerung der Muskeln, die entstehen kann, wenn Schweine beim Transport zum Schlachter großem Stress ausgesetzt sind.“

Während die Forscher die Muskelfasern einer erhöhten Temperatur oder einer sauren Umgebung aussetzten, konnten sie an der Experimentierstation P03 der Röntgenquelle PETRA III erstmals gleichzeitig untersuchen, wie sich die Abstände und Struktur der Sarkomerfäden im Fleisch veränderten. „Am mikrofokussierten Strahl von P03 konnten wir mit Hilfe der Kleinwinkelstreuung SAXS sowohl bei entspannten als auch bei angespannten Muskeln die Veränderungen vor und direkt nach der thermischen oder Säure-Behandlung verfolgen“, erklärt Matthias Schwartzkopf, Wissenschaftler an der Strahlführung P03.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich bei der Fleischproduktion Anlagerungen zwischen den Filamenten ausbilden, die direkten Einfluss auf die Wasserhaltekapazität haben. Der resultierende Wasserverlust wird durch hohe Temperaturen und eine saure Umgebung stark begünstigt. „Im Produktionsprozess sollte daher idealerweise die Temperatur der Muskeln so schnell wie möglich von 38 °C auf 22 °C abgesenkt werden, bevor die Erstarrung der Muskulatur eintritt“, sagt Liu.

„Ich hoffe, dass sich diese Studie außerdem positiv auf den Umgang mit Tieren vor der Schlachtung auswirkt“, so Liu. „Durch Stress auf dem Transport zur Schlachtung können die Muskeln der Tiere übersäuern. Unsere Untersuchungen legen nahe, dass das die Bildung von Ablagerungen begünstigt und sich so direkt negativ auf die Wasserhaltekapazität bzw. die Fleischqualität auswirkt.“

Langfristig kann die Studie nicht nur Auswirkungen auf die Tierschutzpraxis während des Transports und die Abläufe während des Schlachtens haben, um den Wasserverlust von Fleisch zu minimieren und die Haltbarkeit von Fleisch zu verlängern. „Der Aufbau menschlicher Muskeln ähnelt dem von Schweinefleisch sehr. Wenn wir verstehen, wie Fleischgewebe degradiert, können wir damit vielleicht Verbesserungen in der Handhabung von Spenderorganen erzielen“, so Schwartzkopf. 

Originalarbeit:
Rigor bonds cause reduced sarcomeric volume in skinned porcine skeletal muscle under PSE-like conditions, Jiao Liu, Matthias Schwartzkopf, Anders Arner, Meat Science Vol. 139, DOI:10.1016/j.meatsci.2018.01.014

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