Foodwatch greift Coca-Cola an

Diskussion über Zuckerabgabe

05.04.2018 - Deutschland

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat Coca-Cola <US1912161007> für die Vermarktung zuckerhaltiger Getränke heftig kritisiert. Der Weltmarktführer bei Limonaden trage auch in Deutschland eine "entscheidende Mitverantwortung" für die Zunahme von Krankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes, teilte Foodwatch am Mittwoch mit. Der Verein forderte die Bundesregierung auf, eine Herstellerabgabe für überzuckerte Getränke einzuführen.

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Eine solche Abgabe gilt von diesem Freitag an in Großbritannien. Ab fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter müssen die Hersteller dann eine Sonderabgabe von 18 Pence (gut 20 Cent) zahlen, bei mehr als acht Gramm Zucker werden 24 Pence fällig.

Unterstützung erhielten die Verbraucherschützer von neuen Forschungsergebnissen, die am Mittwoch in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht wurden. Demnach könnten zusätzliche Steuern auf Limonaden ein wirksames Mittel gegen die Zunahme nichtübertragbarer Krankheiten sein. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) warnte vor einfach klingenden Lösungen und will eine "Gesamtstrategie" zum Reduzieren von Fett, Zucker und Salz angehen.

Coca-Cola wehrte sich gegen die Vorwürfe. "Übergewicht ist ein komplexes Phänomen. Einfache Antworten sind verlockend, aber sie lösen das Problem nicht", sagte Patrick Kammerer, Mitglied der Geschäftsleitung von Coca-Cola Deutschland. Man dürfe sich nicht nur auf ein Lebensmittel und einen Inhaltsstoff konzentrieren.

Foodwatch beleuchtet in einem 100-seitigen Bericht das Geschäft von Coca-Cola. Der Getränkeproduzent verstehe es "wie kaum ein anderer Konzern, ein positives Image zu kreieren, auch und gerade bei jungen Menschen", sagte der Autor des Reports, Oliver Huizinga, in Berlin. Dabei seien die Zuckergetränke von Coca-Cola "flüssige Krankmacher". Fußballstars im Fernsehen und Youtuber sprächen besonders Kinder und Jugendliche an.

Coca-Cola entgegnete, man investiere überproportional viel in die Werbung für Getränke ohne oder mit weniger Zucker. Man werbe zudem nicht in Medien, die sich mehrheitlich an Kinder unter zwölf Jahren richten. Diese Selbstverpflichtung werde regelmäßig von unabhängigen Dritten überprüft.

Nach Angaben von Foodwatch zeigen 80 Prozent der unabhängig finanzierten Studien einen Zusammenhang von Übergewicht und dem Konsum von Zuckergetränken. Dagegen kämen 80 Prozent der von der Lebensmittelindustrie bezahlten Untersuchungen zu einem gegenteiligen Ergebnis. Coca-Cola versuche zudem, durch Lobbyarbeit Werbeverbote und Sondersteuern zu torpedieren.

Klöckner sagte mit Blick auf Forderungen nach einer Zuckerabgabe: "Es klingt einfach und verlockend, eine zusätzliche Steuer für Fertigprodukte in unserem Land zu erheben." Die Praxis tue der Theorie aber nicht immer den Gefallen. "Es mag zwar sein, dass der Zuckergehalt in manchen Produkten sinkt. Das gilt aber nicht automatisch für den Gesamtkaloriengehalt."

Dass zusätzliche Steuern ein wirksames Instrument gegen die Zunahme chronischer und nichtübertragbarer Krankheiten sein können, bestätigten derweil die Ergebnisse eines umfangreichen internationalen Forschungsprojekts. Wissenschaftler des "The Lancet"-Programms zu nichtübertragbaren Krankheiten fanden heraus, dass höhere Preise die Nachfrage nach Limonaden, Alkohol und Tabak vor allem bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen senken könnten. Diese Gruppen seien gleichzeitig besonders oft von schweren Krankheiten und damit verbundenen finanziellen Auswirkungen betroffen.

Zu den nichtübertragbaren Krankheiten zählen unter anderem Herzerkrankungen, Diabetes und Krebs. Diese lassen sich häufig auf ungesunde Ernährung und Suchtmittel zurückführen. Die Vereinten Nationen hatten im Jahr 2015 vereinbart, nichtübertragbare Krankheiten weltweit um ein Drittel zu reduzieren.

Coca-Cola-Manager Kammerer wies darauf hin, dass der Konzern den Zuckergehalt bereits reduziere - in Europa werde er bis 2020 durchschnittlich um 10 Prozent verringert. "Für jedes klassische Erfrischungsgetränk bieten wir schon seit Jahren mindestens eine Variante ganz ohne Zucker an", ergänzte er. Ziel sei es, "dass wir bis 2025 die Hälfte unseres Absatzes mit Getränken ganz ohne Zucker oder mit weniger Zucker erzielen"./brd/jki/sam/DP/jha (dpa)

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