Mit Traditionellem punkten - Biobäcker treffen den Nerv der Zeit
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Das Bäckerhandwerk steht von mehreren Seiten unter Druck. Auch wegen der Arbeitszeiten in den frühen Morgenstunden leidet die Branche besonders unter Nachwuchsmangel. Mit den Preisen der sogenannten Backshops, in denen sich die Kunden industriell gefertigte Backwaren selbst aus den Behältern zusammensuchen, können die Handwerksbetriebe nicht mithalten. «Da gibt es nichts zu beschönigen», sagt Michael Wippler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. «Das tut uns auch weh.»
Die Zahl der Bäckereibetriebe geht seit Jahren zurück. 2017 gab es nach Angaben des Verbands noch 11 347 Backstuben - 390 weniger als im Jahr davor. Im Jahr 2000 waren es noch nahezu doppelt so viele. Auf dem Land habe früher in jedem Dorf Metzgerei, Bäckerei, Lebensmittelgeschäft und Pfarrer gegeben, sagt Wippler - inzwischen nicht mehr. «Wenn es keinen Bäcker mehr gibt, fehlt nicht das Brot, aber die Seele.»
Doch aus den jüngsten Zahlen lassen sich auch Zeichen der Entspannung herauslesen. So legte der Branchenumsatz im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent auf rund 14,5 Milliarden Euro zu. Hauptgrund ist die anhaltend gute Konjunktur.
Ein Lichtblick für die Branche: Es gibt wieder mehr Bäckerlehrlinge, 6250 waren es 2017 - ein Plus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. «Das Bäckerhandwerk steckt den Kopf nicht in den Sand», sagt Verbandspräsident Wippler.
Sehr schwierig bleibt vor allem die Suche nach dem Personal hinter der Verkaufstheke: 2017 traten nur noch knapp 10 900 Azubis eine Lehre als Bäckerei-Fachverkäuferin oder -verkäufer an - fast sechs Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In der Langzeitbetrachtung aber wird der Nachwuchsmangel erst richtig deutlich: «Wir haben in den letzten zehn Jahren unsere Ausbildungszahlen halbiert», sagt Wippler. Viele Lehrstellen bleiben unbesetzt.
Doch aussterben werden Handwerksbäcker und -konditoren nach Einschätzung der Branchenvertreter nicht: «Ich behaupte, dass es bis 2030 eine Renaissance des Handwerks geben wird», sagte Bernd Kütscher, Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk. Die Bäckereien haben längst damit begonnen, neben Brot auch belegte Brötchen und Kaffee anzubieten, um Kundschaft anzulocken. Dieser sogenannte Außer-Haus-Markt ist auch ein Grund für das Umsatzwachstum.
Im Verdrängungswettbewerb mit den SB-Backshops betont das Bäckerhandwerk Tradition, Regionalität und hochwertige Qualität - und scheint damit inzwischen den Nerv der Zeit zu treffen. «Es gibt eine wachsende Klientel, die eine große Sehnsucht nach authentischen Lebensmitteln hat», sagt Wippler. ««So wie früher» wird wieder mehr nachgefragt. Diese Klientel kann natürlich das Bäckerhandwerk bedienen.» Gerade ganz kleine Betriebe, die sich auf ein Gebiet spezialisieren, haben nach Kütschers Einschätzung Chancen: «Wir backen nur Brot, aber es ist das geilste Brot.»
In Städten sei es vor allem gut gebildete, junge Menschen, die Wert auf eine bewusste Ernährung legen. Auf dem Land wiederum käme die Nachfrage von älteren Bewohnern, die besonders das Traditionelle am Bäckerhandwerk anspricht.
Schätzungen der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) zufolge liegt der Anteil der Biobäckereien bei rund zehn Prozent. Tendenz steigend, was aber daran liege, dass diese Bäckereien bestehen blieben, während die Zahl der konventionellen kontinuierlich zurückgehe, sagt AMI-Marktanalystin Diana Schaack.
Die Probleme und Chancen der Branche sind ab Samstag Thema bei der iba, der Internationalen Bäckereiausstellung, die weltweit wichtigste Fachmesse der Bäcker. Mehr als 1300 Aussteller aus rund 50 Ländern werden erwartet. Dabei geht es auch um Themen der Zukunft, denn trotz der Rückbesinnung aufs Traditionelle lässt die Digitalisierung das Handwerk nicht unberührt: Bargeldloses Bezahlen, Brotbestellung per App, Plattformlösungen mit Informationen über Ressourcen und Preise - auch darauf muss sich die Branche einstellen. (dpa)