Aus für Landliebe-Werbung
Gesund-Werbung für Schulkakao unzulässig: Landliebe muss Elternbroschüre zurückziehen
Foodwatch
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foodwatch bewertete dies auch als „Blamage“ für Berlin und Brandenburg. Denn die für das gemeinsame Schulmilchprogramm beider Länder zuständige Behörde hatte explizit mit den nun zurückgezogenen, unzulässigen Werbeaussagen Landliebes begründet, weshalb trotz aller Kritik weiterhin gezuckerte Milchprodukte subventioniert werden. „Um die staatlich geförderte Überdosis Zucker weiterhin gewinnbringend an die Schulen liefern zu dürfen, hat Landliebe jahrelang unzulässig Märchen über die vermeintlich positive Wirkung von Schokomilch verbreitet. Schlimm genug, dass einige Bundesländer das bis heute unkritisch mitgemacht haben – wenn es den Bundesländern um die Gesundheit der Kinder und nicht um den Profit der Milchindustrie geht, sollte mit dem Zuckermilchprogramm in Schulen nun endlich Schluss sein“, sagte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.
Die Verbraucherorganisation forderte Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg auf, die Subventionen für Milchgetränke mit Zuckerzusätzen an Schulen zu stoppen. Die drei Bundesländer sind die einzigen, die im Rahmen ihrer Schulmilchprogramme noch an der steuerfinanzierten Förderung von gezuckerten Produkten wie Kakao festhalten. Auch von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner erwartet foodwatch ein deutliches Signal: „Es kann nicht sein, dass sich Frau Klöckner einerseits für Zuckerreduktion ausspricht und andererseits ohne mit der Wimper zu zucken hinnimmt, dass der Zuckerkonsum an den Schulen staatlich gefördert wird“, so Martin Rücker.
Landliebe ist der größte Schulmilch-Lieferant in Deutschland. Mit den Gesundheitsbotschaften rückte das Unternehmen seine gezuckerten Milchmischgetränke in ein positives Licht und bewarb diese gezielt bei Eltern, Schulen und auch bei Landesministerien. In einer Elternbroschüre behauptete Landliebe beispielsweise, dass Schüler durch den Verzehr der gezuckerten Schokomilch in den „Bereich optimaler geistiger Leistungsfähigkeit“ gelangten. Die Aussagen gehen auf Auftragsstudien zurück, die foodwatch als unseriös und wissenschaftlich nicht haltbar einstufte. Unzulässige Gesundheitsaussagen hatte der Molkereikonzern auch per Newsletter an Entscheidungsträger etwa in Landesministerien geschickt. Die für das Schulmilchprogramm in Berlin und Brandenburg zuständige Behörde, das Brandenburger Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF), verwies gegenüber foodwatch auf die Frage nach den Gründen für die Förderung von gezuckerten Schulmilchprodukten auch explizit auf diesen Newsletter.
Die Landliebe-Werbung zu gesüßter Schulmilch verstieß gegen europäisches Lebensmittelrecht. Denn gesundheitsbezogene Werbeaussagen müssen seit 2012 durch EU-Behörden genehmigt werden – erlaubt sind derzeit rund 260 solcher „Health Claims“. Die abgemahnten Werbesprüche gehören jedoch nicht dazu – foodwatch ist auch nicht bekannt, dass das Unternehmen jemals versucht habe, die Aussagen überprüfen und genehmigen zu lassen. Landliebe erklärte jetzt, man werde „die Angaben künftig nicht mehr verwenden“ – verteidigte aber gleichzeitig seinen gesüßten Schul-Kakao. Zahlreiche Zahnmediziner, Kinderärzte und Ernährungsexperten sprechen sich allerdings klar gegen die Abgabe von gezuckerter Milch an Schulen aus. Auch die offiziellen Richtlinien der Europäischen Union für das Schulprogramm sehen aus gesundheitlichen Gründen keine Förderung mehr von gezuckerten Produkten vor. Brandenburg, Berlin und NRW jedoch haben eigens Ausnahmeregelungen geschaffen, um weiter auch Kakao und Co. an Schulen fördern zu können. Alle anderen Bundesländer subventionieren, wenn überhaupt, nur noch ungesüßte Trinkmilch. Zuletzt hatte Hessen auf die Kritik an der Zuckersubvention reagiert und angekündigt, gesüßten Kakao aus der Förderung zu streichen.
Anfang Oktober hatte foodwatch den umfassenden Report „Im Kakaosumpf: Von gekauften Studien bis zur wundersamen Partnerschaft von Milchwirtschaft und Politik“ veröffentlicht, der auf mehr als 80 Seiten die jahrzehntelangen Verflechtungen zwischen Milchwirtschaft, Wissenschaftlern und Politik entlarvt. Am Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt der foodwatch-Report, wie das Schulmilchprogramm alles einem Ziel unterordnet: der Förderung des Milchabsatzes.