Rückstände in Lebensmitteln
Internationale Fresenius-Konferenz diskutierte Belastungen durch Furane, Mineralölrückstände und Mikroplastik
Akademie Fresenius GmbH
Aktuelle juristische Entwicklungen in Europa standen ebenso auf der Agenda wie neue Erkenntnisse zu Pflanzengiften, neue Ansätze zur Risikoanalytik für Dioxine und der aktuelle Stand der Diskussion um Mineralölrückstände. Außerdem zogen Vertreter des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR) Bilanz nach zwei Jahren Laufzeit der MEAL-Studie (Mahlzeiten für die Expositionsschätzung und Analytik von Lebensmitteln).
Furan in Lebensmitteln – EFSA-Arbeitsgruppe bestätigt gesundheitliche Bedenken und fordert weitere Forschungen ein
Heather Wallace von der University of Aberdeen (Großbritannien) ist Mitglied des CONTAM-Panels der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und Mitglied der Arbeitsgruppe Furan und Methylfuran in Lebensmitteln. Sie gab eine Zusammenfassung des wissenschaftlichen Gutachtens der Arbeitsgruppe.
Furan und Methylfuran sind chemische Kontaminanten, die sich natürlicherweise in bestimmten Lebensmitteln bilden, wenn diese zum Beispiel beim Kochen erhitzt werden. Diese Kontaminanten können möglicherweise zu Leberschäden führen. Furan entsteht vor allem bei Lebensmitteln auf Getreidebasis und bei geröstetem Kaffee.
Die EFSA hat eine Abschätzung der Verbraucherexposition von Furan und Methylfuran durchgeführt und bestätigt, dass Furan in Lebensmitteln zu Leberschäden und Leberkrebs führen kann. Allerdings bestehen noch einige Wissenslücken, um die Toxizität von Furan und Methylfuranen vollständig einschätzen zu können. Die EFSA hofft, dass die Mitgliedsstaaten der EU der EFSA weitere Daten über das Vorkommen von Methylfuranen in Lebensmitteln zukommen lassen. Benötigt werden vor allem Informationen zu den Veränderungen der Furankonzentration in den verschiedenen Phasen der Kaffeezubereitung. Außerdem gibt es noch keine In-Vivo-Studien, die den Effekt von Furan auf das Erbgut untersuchen. Auch die Toxizität von Methylfuranen bedürfe noch weiterer Untersuchungen, betonte Wallace.
Mikroplastik in Lebensmitteln: Nachweis noch mühsam, zuverlässige Messverfahren für kleinste Teilchen noch Mangelware
Mikroplastik in Lebensmitteln zählt gegenwärtig zu den Themen, die die Verbraucher am meisten bewegen – Berichte über Funde von Mikroplastik in Honig, Trinkwasser, Bier und Softdrinks sorgen immer wieder für Aufsehen. Auch wenn es keine wissenschaftlich fundierten Aussagen über Gesundheitsgefährdung für den Menschen durch die Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über Lebensmittel gibt, sind Studien zur Exposition wichtig. Nach Ansicht Richard Stadlers vom Nestlé Research Center in der Schweiz verpflichten sich die Unternehmen selbst dazu, die unterschiedlichen Eintragsquellen durch Mikroplastik in Lebensmitteln zu untersuchen. Vor allem fehle es noch an zuverlässigen Messverfahren mit hoher Durchsatzleistung, um Partikelgrößen, die kleiner als 10 Mikrometer sind, zuverlässig untersuchen zu können. Forschung und Industrie müssen zusammenarbeiten und sich auf einheitliche Leistungskriterien für die Analysemethoden einigen, um Unsicherheiten in Testergebnissen ausschließen zu können.
Toxikologische Bewertung von Mineralölkohlenwasserstoffen
Auch Mineralölrückstände beunruhigen seit einigen Jahren viele Verbraucher und stellen die Industrie vor Probleme. Konrad Grob, Analytiker am Kantonalen Labor Zürich, befasst sich seit vielen Jahren mit Mineralölkohlenwasserstoffen und arbeitete auch in der EFSA an der Risikobewertung mit. Eine revidierte toxikologische Bewertung hält er für dringend nötig, einerseits um die zu hohen erlaubten Einsatzmengen zu korrigieren, aber auch, um unnötige Verunsicherung zu verhindern. Die bisherige Bewertung hat sich als falsch erwiesen. Einerseits ist die in verschiedenen Organen von Fischer 344 Ratten beobachtete Granulombildung (diese wurden bisher als relevanter Endpunkt angesehen) für den Menschen nicht relevant, weil sich gezeigt hat, dass nur diese Ratten n-Alkane akkumulieren und deswegen Granulome entstehen. Andererseits haben die Messungen in Humangeweben gezeigt, dass die Akkumulation von gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen weit unterschätzt worden ist und deswegen andere möglichen Schäden zu wenig Beachtung gefunden haben. Im Rattenversuch wurde bei einer Konzentration von Mineralölkohlenwasserstoffen eine Verdoppelung des Milzgewichts festgestellt, die in der Milz hoch belasteter Menschen bis zu dreimal überschritten wurde. Damit ist nicht nur eine Unbedenklichkeit für den Menschen nicht nachgewiesen, sondern es entsteht der Verdacht, dass die Mineralölkohlenwasserstoffe im Menschen Auswirkungen auf Organe haben. Aus dieser Unsicherheit und weil die Belastung aus der Umwelt namhaft ist, vertritt Konrad Grob die Meinung, dass auf die Verwendung von Mineralölprodukten in Bereich der Lebensmittel verzichtet werden sollte, mindestens bis eine solide Absicherung der Unbedenklichkeit für eine beschränkte Anwendung nachgewiesen werden kann.
Durch Lebensmittelverpackungen aus Altpapier, das zum Beispiel Druckerschwärze enthält, können Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH = Mineral Oil Saturated Hydrocarbons und MOAH: Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) in Lebensmittel gelangen. MOSH und MOAH werden leicht aus Lebensmitteln in den Körper aufgenommen und reichern sich im Körperfett und in Organen wie Milz oder Leber an. Konrad Grob, Analytiker am Kantonalen Labor Zürich, befasst sich seit vielen Jahren mit Mineralölen und arbeitete auch in der EFSA an der Risikobewertung mit. Für ihn verursachen Mineralöle die wahrscheinlich stärkste Verunreinigung des menschlichen Körpers. Auf der Fresenius-Konferenz ging er der Frage nach, wieso diese Gefahr viele Jahre lang nicht in seiner Tragweite erkannt worden ist. Eine Erklärung findet Grob in der unzulässigen Hochrechnung von Messungen aus Tierversuchen für den Menschen. Die Konzentration von MOSH in menschlichen Geweben sei viel höher als sich aus Daten von Ratten extrapolieren lasse. Zudem regte Grob an, Öle und Wachse zukünftig getrennt von einander zu bewerten. Öle enthalten im Gegensatz zu Wachsen stark anreichernde Bestandteile.
BfR-MEAL-Studie geht in die zweite Runde und nimmt Lebensmittelkontaktmaterialien in den Blick
Seit über zwei Jahren kaufen, kochen und analysieren Mitarbeiter des Berliner Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) jeden Monat mehr als 300 Kilogramm Lebensmittel. Die groß angelegte BfR-MEAL-Studie (Mahlzeiten für die Expositionsschätzung und Analytik von Lebensmitteln) soll helfen, Lebensmittelrisiken für die deutsche Bevölkerung besser zu erkennen. Irmela Sarvan zog auf der Fresenius-Konferenz ein Zwischenfazit der Studie, die bis 2021 ausgelegt ist. Die BfR-MEAL-Studie ist die erste Total-Diet-Studie (TDS) für Deutschland und die bislang umfangreichste TDS-Studie weltweit. Eine Total-Diet-Studie ist eine international anerkannte Methode, die ermittelt, welche Konzentrationen an Stoffen durchschnittlich in verzehrfertigen Lebensmitteln vorhanden sind.
Um durchschnittliche Gehalte zu ermitteln und den Aufwand der Studie zu begrenzen, fasst das BfR-MEAL-Team mehrere gleichartige Lebensmittel zu repräsentativen Pools zusammen. 1281 dieser Pools wurden bislang für die Analyse in insgesamt neun Laboren vorbereitet, wo sie auf verschiedene Stoffgruppen untersucht werden – unter anderem auf Schwermetalle und Dioxine sowie Mykotoxine, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), perfluorierte Tenside (PFAS), gesättigte und aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOAH).
In diesem Jahr hat die Auswertung der ersten Feldphase mit den Ergebnissen für Methylquecksilber begonnen. Methylquecksilber wurde in Fisch, Muscheln, und Meeresfischen nachgewiesen. Nun startet die zweite Feldphase. Sie umfasst die Stoffgruppen der Prozesskontaminanten, Pflanzenschutzmittelrückstände, Zusatzstoffe, der pharmakologisch wirksamen Stoffe und aus Lebensmittelkontaktmaterialien migrierende Stoffe.
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