Heimischen Linsenanbau stärken
Nina Weiler
Bis vor hundert Jahren waren Linsen in Deutschland für die Selbstversorgung bedeutend. Heute dagegen sind Linsen aus heimischem Anbau eine Nischenkultur. Hierzulande wird die Eiweißpflanze fast nur noch im Südwesten angebaut. Deshalb ist die mitteleuropäische Linsenzüchtung in den letzten Jahrzehnten zum Erliegen gekommen. Ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Züchtern und Praktikern will das ändern und Linsen hierzulande wieder heimisch machen. Das ist das Hauptziel eines dreijährigen Züchtungsprojektes, das vom Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim (ZÖLUH) koordiniert wird und im Februar 2019 gestartet wurde. Eine Besonderheit des Projektes ist der interdisziplinäre Ansatz, bei dem Experten für Züchtung und Pflanzenbau der Universitäten Hohenheim und Göttingen sowie des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und des Keyserlingk-Instituts eng zusammenarbeiten. Zudem sind von Anfang an landwirtschaftliche Betriebe eingebunden, darunter Landwirte der schwäbischen Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa. Das gewährleistet eine große Expertise und einen starken Praxisbezug.
Im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums geht es unter anderem darum, den Linsenanbau in möglichst viele Regionen Deutschlands auszudehnen. Damit dies gelingt, ist es erforderlich, das Sortenspektrum zu erweitern und die vorhandenen Genotypen an unterschiedliche Umwelt- und Standortbedingungen anzupassen. Für die Ausdehnung des Linsenanbaus sprechen gute Argumente: Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch auf der Basis von Hülsenfrüchten, bevorzugen regionale Bioprodukte und wissen um den Wert alter Kulturpflanzen. Daher bieten Linsen aus heimischem Anbau für Ökolandwirte interessante Vermarktungschancen. Und auch aus ökologischer Sicht ist der Linsenanbau sinnvoll: Als Leguminose bereichern sie die Fruchtfolge im ökologischen Landbau und erhöhen die Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität auf dem Acker. Doch aufgrund der fehlenden züchterischen Bearbeitung fehlt es an ertragsstarken und stabilen Sorten.
Ziel des Projektes ist es daher, vielversprechende Genotypen zu selektieren, züchterisch weiterzuentwickeln und anschließend auf ihre Anbauwürdigkeit zu prüfen. Wesentliche Zuchtziele sind standfeste, konkurrenzstarke Wuchstypen mit schneller und gleichzeitiger Abreife. Wichtig für die Vermarktung sind zudem ein hoher Proteingehalt und ein möglichst niedriger Gehalt an antinutritiven Inhaltstoffen. In einer Kombination aus Selektion und Feldversuchen wollen die Züchter geeignete Genotypen identifizieren und dazu genetische Ressourcen aus der Genbank IPK Gatersleben nutzen. Aufbauend auf einem Screening von 100 in der Genbank eingelagerten Mustern (Genbankakzessionen) sind eine Charakterisierung vielversprechender Zuchtlinien und deren Leistungsprüfung im Praxisanbau vorgesehen. Dafür werden ausgewählte Zuchtlinien mit Leindotter als Stützfrucht an verschiedenen Standorten angebaut und hinsichtlich ihrer Eignung für den ökologischen Anbau, den Gemengebau und ihrer Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern bewertet. Als Ergebnis erwarten die Forscher ein erweitertes Sortenspektrum, das Landwirte ermutigt, Linsen bei uns wieder im großen Stil anzubauen.
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