Milch ist nicht gleich Milch

Empfindliche Personengruppen sollten wegen der Keimbelastung auf Roh- und Vorzugsmilch verzichten

29.05.2019 - Deutschland

Verbraucher können Milch mittlerweile nicht nur im Supermarkt kaufen. Milchtankstellen oder Milchausgabeautomaten auf dem Hof erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Doch Milch ist nicht gleich Milch. Anlässlich des Weltmilchtags am 1. Juni weist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin auf die unterschiedlichen Angebotsformen und die damit verbundene Keimbelastung hin. Da Rohmilch nicht wie Konsummilch einer Wärmebehandlung unterzogen wird, werden krankheitsauslösende Keime nicht abgetötet und können bei empfindlichen Personengruppen schwere Erkrankungen auslösen.
Als tierisches Lebensmittel kann Milch sogenannte Zoonoseerreger enthalten, die von der Kuh selbst stammen oder über den Melkprozess eingetragen werden. Zoonoseerreger wie Salmonellen, Campylobacter oder Listerien sind Keime, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden und bei diesem Erkrankungen auslösen können. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer kontrollieren daher Milch und Milchprodukte regelmäßig auf ihre Keimgehalte. Lebensmittelrechtlich wird bei Milch zwischen Rohmilch, Vorzugsmilch und Konsummilch unterschieden.

Rohmilch

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Symbolbild

Rohmilch wird nicht über 40 °C erhitzt oder einer ähnlich wirkenden Behandlung unterzogen, die Bakterien abtötet. Rohmilch darf nur direkt im milcherzeugenden Betrieb, in dem sie gewonnen wurde mit dem gut sichtbaren Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ an Verbraucher abgegeben werden („Milch ab Hof“). Milchausgabeautomaten oder Milchtankstellen werden immer beliebter. Daher wurden bei den vom BVL koordinierten Programmen des Zoonosen-Monitorings und des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) Proben von Rohmilch auf krankmachende Keime untersucht.
Bis zu 4 % der Proben von Rohmilch, die zur weiteren Bearbeitung bestimmt war, als auch der Rohmilch aus Milch-ab-Hof-Zapfautomaten waren mit den Krankheitserregern Campylobacter spp., Listeria monocytogenes und shigatoxin-/verotoxinbildenden Escherichia coli (STEC/VTEC) kontaminiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen der „Milch ab Hof“ auf Hygieneindikatoren wie Escherichia coli und koagulasepositive Staphylokokken zeigten zudem, dass Rohmilch, die direkt an den Verbraucher abgegeben wird, nicht immer eine zufriedenstellende hygienische Qualität aufweist. Die Ergebnisse bestätigen, dass von Rohmilch ein Risiko für eine Infektion des Menschen mit Krankheitserregern ausgehen kann und Verbraucher Rohmilch deshalb grundsätzlich vor dem Verzehr erhitzen sollten. Dem BVL wurden im Jahr 2017 insgesamt 18 Krankheitsausbrüche gemeldet, die durch den Verzehr von nicht abgekochter Rohmilch verursacht wurden. Dabei erkrankten 221 Menschen an Campylobacter, weitere infizierten sich durch die verzehrte Rohmilch mit dem EHEC-Krankheitserreger und dem Frühsommer-Meningoenzephalitis-Erreger (FSME-Virus).

Vorzugsmilch

Abgepackt darf Rohmilch nur als Vorzugsmilch an Verbraucher verkauft werden. Sie darf nur aus bestimmten, zuvor genehmigten und regelmäßig kontrollierten Milcherzeugungsbetrieben stammen. An den Tierbestand, den Betrieb sowie die Vorzugsmilch werden besondere rechtliche Anforderungen gestellt. Als besonders leicht verderbliches Lebensmittel ist Vorzugsmilch mit einem Verbrauchsdatum und dem Hinweis „Aufbewahren bei höchstens + 8 °C“ zu kennzeichnen. In Proben von Vorzugsmilch wurden in den genannten Überwachungsprogrammen keine krankmachenden Keime nachgewiesen, so dass die hohen hygienischen Anforderungen die Kontamination der Milch offenbar weitgehend vermeiden.

Rohmilchkäse

Konsummilch wird vor der Abgabe an Verbraucher grundsätzlich wärmebehandelt (z. B. durch Pasteurisation oder Ultrahocherhitzung), so dass vorhandene Krankheitserreger sicher abgetötet werden. Eine gesundheitliche Gefahr kann aber dann von Produkten ausgehen, bei deren Herstellung die Rohmilch nicht erhitzt wird, wie Rohmilchkäse. Dies zeigen auch weitere Ergebnisse aus dem Zoonosen-Monitoring. Bis zu 1,6 % der Proben von Rohmilchkäse wurden positiv für Salmonella spp., STEC/VTEC und Listeria monocytogenes getestet. In einer Probe von Weichkäse/halbfestem Schnittkäse wurden so hohe Keimzahlen von Listeria monocytogenes nachgewiesen, dass sie eine potenzielle Gesundheitsgefahr für den Menschen darstellten.

Verzehrsempfehlungen

Salmonellen und Campylobacter sind häufig Auslöser von Magen-Darm-Erkrankungen beim Menschen. Infektionen mit Listeria monocytogenes treten im Vergleich dazu zwar insgesamt seltener auf. Sie können aber schwere Erkrankungen wie Hirnhautentzündungen auslösen und sogar zum Tode führen. Die Untersuchungsergebnisse unterstreichen daher die Empfeh-lung des Bundesinstituts für Risikobewertung, dass empfindliche Verbrauchergruppen wie Kleinkinder, ältere und immunsupprimierte Menschen sowie Schwangere auf den Konsum von nicht wärmebehandelter Rohmilch und Rohmilchkäse verzichten sollten. Diese Empfeh-lung gilt auch für den Konsum von Vorzugsmilch, da Vorzugsmilch zum direkten Verzehr be-stimmt ist und ein Vorkommen von pathogenen Keimen nicht gänzlich ausgeschlossen wer-den kann.

Rückstände und Kontaminanten

Die Behörden der Bundesländer untersuchen Milch auch auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und Umweltkontaminanten. Überschreitungen von geltenden Höchstgehalten sind dabei die Ausnahme. So wurden 2017 im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes lediglich in zwei von 1.510 Proben der zulässige Höchstgehalt des entzündungshemmenden Wirkstoffs Diclofenac überschritten. Die übrigen Untersuchungen auf verbotene und nicht zugelassene Stoffe, sonstige Tierarzneimittel und Umweltkontaminanten waren unauffällig. Dies traf auch auf die Untersuchungen von Vollmilch und Rohmilch auf Glyphosat zu, die im Rahmen des Monitorings durchgeführt wurden. Keine der untersuchten Proben wies messbare Rückstände dieses Pflanzenschutzmittelwirkstoffs auf. Ebenso waren die Befunde in Bezug auf weitere organische Substanzen wie DDT/DDE, Hexachlorbenzol und Lindan unauffällig. Diese Stoffe werden zwar seit Jahren nicht mehr eingesetzt, verbleiben aber in der Umwelt und reichern sich aufgrund ihrer hohen Fettlöslichkeit insbesondere in tierischen Lebensmitteln an.

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