Ermittler prüfen im Fall Wilke-Wurst mehr Todesfälle

07.11.2019 - Deutschland

Im Fleischskandal um die Firma Wilke nehmen Ermittler die bislang bekannten Krankheits- und Todesfälle unter die Lupe. Sie untersuchen, ob eine Verbindung mit den Listerienkeimen beweisbar und wie sie strafrechtlich zu bewerten ist.

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Unterdessen wurde bei Untersuchungen nach dem Listerien-Verdachtsfall in einer Fleischfirma im Oldenburger Münsterland ein weiterer Betrieb - und zwar im niedersächsischen Essen - vorläufig stillgelegt. Das Unternehmen äußerte sich dazu zunächst nicht.

Im Fall Wilke sagte Andreas Thöne, Sprecher der Staatsanwaltschaft in Kassel: "Ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen der Infektion und dem Ableben besteht und welche Krankheitssymptome die Infizierten durch die Listeriose erlitten haben, wird nunmehr ermittelt." Anfang Oktober hatten Behörden den nordhessischen Fleischhersteller geschlossen. Zuvor waren wiederholt Listerien in Produkten nachgewiesen worden. Die Keime können bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den Geschäftsführer.

Laut Thöne hatte das Robert-Koch-Institut eine anonymisierte Liste der bislang bekannt gewordenen Erkrankungsfällen übermittelt. Darauf verzeichnet seien Fälle mit dem Keimstamm "Sigma 1", der in direkten Zusammenhang mit Produkten der Firma Wilke gebracht werde.

Die Liste entspricht den 37 Fällen, auf die sich auch hessische Gesundheitsbehörden immer wieder bezogen. "Aus dem Kreise dieser 37 Personen wurden drei Verstorbene benannt, deren Tod möglicherweise auf eine Listeriose zurückzuführen ist", sagte Thöne.

Allerdings gab es unter diesen 37 Krankheitsfällen mittlerweile neue Tote: 22 weitere sind gestorben. "Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine Listerieninfektion für den Tod dieser Personen ursächlich war, liegen gegenwärtig nicht vor", sagt Thöne. Damit gibt es nun 25 Todesfälle - aber nach wie vor nur drei, bei denen die Infektion Todesursache sein soll. Dennoch würden auch die neuen Todesfälle auf eine bestehende Krankheitssystematik und einen ursächlichen Zusammenhang hin überprüft. Allerdings waren die Gestorbenen teilweise sehr alt und hatten andere schwere Erkrankungen.

Die Strafverfolger prüfen zudem die drei bisher bekannten Todesfälle, bei denen man von einer Listerieninfektion als Ursache ausgeht. Denn der letzte Beweis fehlt auch hier.

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte zu den Ermittlungen: "Die Tatsache aber, dass es bereits bestätigte Todesfälle in diesem Zusammenhang gibt, und es sogar noch weitere sein könnten, ist sehr tragisch und macht sehr betroffen." Die Bundesländer seien aufgefordert, ausreichend qualifiziertes Personal für effektive Vor-Ort-Kontrollen in Lebensmittel-Betrieben bereitzustellen. Aktuell sei das augenscheinlich nicht der Fall.

In Niedersachsen prüfen Verbraucherschutzministerium und Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemeinsam den Entzug der Betriebszulassung der Fleisch-Krone Feinkost GmbH, weil deren Zuverlässigkeit fraglich sei. Der Unternehmer habe nicht belegen können, dass er bei Eigenkontrollen festgestellte Listerien-Funde der amtlichen Lebensmittelkontrolle gemeldet hatte.

Dazu war er nach Verstößen gegen Hygienevorschriften verpflichtet worden.

Ob weitere belastete Produkte in den Handel gekommen sind, wird noch geprüft. Unter Druck der Behörden hatte das Unternehmen am Freitag den Rückruf von Fertigfrikadellen wegen Verunreinigungen mit den Bakterien veranlasst. Die Betriebserlaubnis für die Produktionsstätte in Goldenstedt war deswegen vorübergehend ausgesetzt worden.

Aufgrund von Strafanzeigen des Landesamtes und des Landkreises Vechta hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg Ermittlungen gegen zwei Verantwortliche bei dem Fleischwarenhersteller eingeleitet. Es gehe um den Verdacht des Inverkehrbringens nicht sicherer Lebensmittel./geh/DP/edh (dpa)

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