Ökologie trifft Ökonomie
Öko-Hersteller nehmen eigene Zukunftsfähigkeit unter die Lupe
Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller e.V.
„Heute können sich viele Menschen aus ökonomischen Gründen nicht angemessen ernähren, andere leiden an dem Überangebot an Nahrung.“, fasste Dr. Alexander Beck in seiner Eröffnung der Tagung die aktuelle ernährungsökonomische Lage zusammen. Dies ist nur einer der drängenden Gründe, warum ein Umdenken von Unternehmen auch in der Lebensmittelwirtschaft unumgänglich sei.
Auf andere Gründe ging Prof. Dr. Rene Schmidpeter von der Cologne Business School in seinem Vortrag zu Corporate Social Responsibility ein. Das Erreichen der ökologischen Belastungsgrenzen, besonders in Hinblick auf das Artensterben und den Stickstoffkreislauf, fordere ein neues Wirtschaftsparadigma. Das Gegensatzdenken müsse dem systemischen Denken weichen, denn Nachhaltigkeit und Profit seien keinesfalls Gegensätze, sondern würden sich ergänzen und gegenseitig verstärken.
Der von Schmidpeter vorgestellte systematische Ansatz vergleicht nachhaltiges Wirtschaften im Kontext des ökonomischen Fortschritts mit den Bremsen im Auto – kurzfristig betrachtet, nehmen sie Tempo heraus, doch andererseits sind die Bremsen Grundlage dafür, schneller fahren zu können und damit schneller zum Ziel zu kommen. Denn wer würde schon ohne funktionierende Bremsen das Gaspedal durchtreten?
Nachhaltiges Unternehmertum biete zudem eine gute Basis für Weiterentwicklung, denn die Bio-Branche könne Veränderungen anstoßen, wenn sie im nächsten Evolutionsschritt ihre Rolle als Innovator wieder aufgreife. Dieser Schritt zu nachhaltigem Unternehmertum verlange aber, dass wir „die Gegenwart von der Zukunft aus denken“, so Schmidpeter. Die gesellschaftlichen Auswirkungen des unternehmerischen Handelns müssten der Ausgangspunkt sein, um Nachhaltigkeit in allen Unternehmensbereichen zu integrieren, und um Unternehmensethik und nachhaltige Unternehmensführung zielführend auszugestalten.
Dr. Michael Kopatz, Umweltwissenschaftler und Dozent am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, näherte sich der Nachhaltigkeitsfrage in Politik und Gesellschaft von anderer Seite. Es brauche veränderte Rahmenbedingungen in der Lebensmittelproduktion, um das Verbraucherverhalten zu beeinflussen, denn wir müssten „die Verhältnisse ändern, dann ändert sich Verhalten“, folgerte Kopatz.
Der von ihm vorgestellte Ansatz, die Ökoroutine, plädiert für klare Standards, die Wirtschaft und Verbrauchern und damit der Gesellschaft als Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung dienen. Gesetzliche Standards könnten dazu beitragen, einen Wettbewerb um innovative Lösungen zu initiieren und dazu führen, dass es sich besser anfühlt, das Richtige zu tun.
Daher sei politischer Protest die treibende Kraft und nicht privater Konsumverzicht. „Wir müssen uns über mehr Gedanken machen, als über die Verwendung des eigenen Einkommens“, so sein abschließendes Statement.
Die Verbindung beider Konzepte und die Übersetzung der Theorien in den unternehmerischen Alltag leistete die anschließende Podiumsdiskussion mit AöL-Unternehmen. Evi Weichenrieder (HiPP), Liane Maxion (Naturata), Oliver Freidler (ALB-GOLD) und Andreas Swoboda (BIO BREADNESS) betonten, dass die Unternehmen der Bio-Branche nicht in der Nische bleiben dürften, wenn sie die drängenden Themen angehen wollten. Auch darüber, dass politische Aktivität – im privaten wie im unternehmerischen Alltag – dringend erforderlich ist, um die Rahmensetzung der Politik mitzugestalten, waren sich die AöL-Mitglieder auf und vor dem Podium einig.
„Wir bekommen diese Themen nicht alleine auf Ebene der Konsummoral gelöst, wir müssen noch politischer werden“, forderte Dr. Alexander Beck die Teilnehmer der Tagung auf.