Betrugsvorwürfe um Skandal-Labor werfen Schatten auf Glyphosat-Zulassung

Jede siebte Herstellerstudie unter Fälschungsverdacht – GLP-System hat versagt

12.02.2020 - Österreich

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, das deutsche Pestizid Aktions-Netzwerk PAN-Germany und die Brüsseler NGO „Corporate Europe Observatory“ zeigen in ihrem heute veröffentlichten Bericht „Gefährliches Vertrauen in die „Gute Laborpraxis““ (=GLP), dass 21 der 150 im Zulassungsverfahren von Glyphosat neu eingereichten Herstellerstudien aus einem Tierversuchslabor stammen, das mit schweren Betrugsvorwürfen konfrontiert ist, dem LPT Hamburg (Laboratory of Pharmacology and Toxicology). Die Vorwürfe gegen das LPT Hamburg reichen von der serienmäßigen Fälschung von Versuchsdaten, die „nicht den Erwartungen entsprachen“, bis zur Vertuschung des Todes von Versuchstieren. Sie gehen bis ins Jahr 2005 zurück und sind derzeit Gegenstand von Ermittlungen durch die zuständigen Staatsanwaltschaften in Deutschland.

Brisant ist, dass der Betrugsvorwurf gegen das LPT Hamburg ein nach der „Guten Laborpraxis“ (GLP) zertifiziertes Vertragslabor trifft. GLP ist ein Qualitätssicherungs-Standard, der 1978 als Antwort auf massive Fälschungen von Herstellerstudien bei US-Zulassungsverfahren von Arzneimittel- und Pestizidwirkstoffen eingeführt worden war. GLP zielt darauf ab, durch verpflichtende tagesaktuelle Dokumentation aller Tätigkeiten, umfassende Archivierung aller Gewebeproben und regelmäßige interne und externe Inspektion die Manipulation und Fälschung von Daten zu unterbinden. Der aktuelle Fall zeigt jedoch, dass die Vertragslaboratorien der Industrie trotz des vermeintlich fälschungssicheren GLP-Standards in der Lage sein dürften, jahrzehntelang Studien zu manipulieren, und dabei sowohl die GLP-Inspektoren als auch die Zulassungsbehörden zu täuschen.

hpgruesen/ Pixabay

Symbolbild

“Vielleicht erklärt das auch, weshalb im europäischen Zulassungsverfahren von Glyphosat, die Herstellerstudien übereinstimmend erklärten, dass Glyphosat nicht in der Lage sei, die DNA zu schädigen und Krebs auszulösen, während Dutzende von unabhängigen Studien Gegenteiliges fanden?“, fragt Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker von GLOBAL 2000.

Der mit PAN Germany zusammenarbeitende Toxikologe Dr. Peter Clausing ergänzt: “Die überwiegende Mehrheit der Studien, die zur Zulassung von Pestiziden, Medikamenten oder anderen Chemikalien führen, werden von den Herstellern selbst durchgeführt; entweder im eigenen Haus oder über ein GLP-zertifiziertes Vertragslabor wie das LPT Hamburg. Wir kritisieren diesen Interessenkonflikt seit vielen Jahren: Die Tests müssen von unabhängigen Labors unter öffentlicher Kontrolle durchgeführt werden, während die Finanzierung der Studien von der Industrie getragen werden sollte."

Burtscher-Schaden abschließend: "Von Gesetz wegen sollte das Zulassungsverfahren gewährleisten, dass Pestizide nur dann auf den Markt kommen, wenn sie keine inakzeptablen Auswirkungen auf die Insektenvielfalt, das Bodenleben, die Wasserqualität oder die menschliche Gesundheit haben. Die Realität zeigt uns Tag für Tag, dass dieses System nicht funktioniert. Je schneller wir diese Gifte los werden, desto besser ist das für die Artenvielfalt und die kleinbäuerliche Landwirtschaft. Genau dafür tritt die Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ ein."

 Das Factsheet gefährliches Vertrauen in die "Laborpraxis" ist oben rechts im Kasten verlinkt.

Weitere News aus dem Ressort Wirtschaft & Finanzen

Weitere News von unseren anderen Portalen

Themenwelt Künstliche Intelligenz (KI)