Risiko oder Chance für den Reisanbau?

Bayreuther Forscher entdecken neue Arsenverbindungen in Reisfeldern

12.02.2020 - Deutschland

Forscher der Universität Bayreuth haben zusammen mit Wissenschaftlern aus Italien und China erstmals systematisch untersucht, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang schwefelhaltige Arsen-Verbindungen in Reisböden entstehen. Diese Thioarsenate wurden bei Beurteilungen der gesundheitlichen Folgen des Reiskonsums bisher nicht berücksichtigt. Im Fachmagazin „Nature Geoscience“ stellen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor und identifizieren dringenden Forschungsbedarf mit dem Ziel, die Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken zu schützen.

Huiyun Zuo

Jiajia Wang M.Sc., Erstautor der Studie, bei Untersuchungen auf einer Reisfeld-Versuchsanlage in Italien.

Ein neues Messverfahren für Thioarsenate

Das Forschungsteam unter Leitung der Bayreuther Umweltgeochemikerin Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich hat ein Messverfahren entwickelt, mit dem sich Thioarsenate in Reisböden zuverlässig nachweisen lassen. Hierfür reichen die Verfahren, die bisher routinemäßig zur Kontrolle des Arsens auf Reisfeldern eingesetzt werden, nicht aus. Denn sie sind nicht in der Lage, schwefelhaltige Arsen-Verbindungen als solche zu identifizieren und von sauerstoffhaltigen Arsen-Verbindungen zu unterscheiden. Dieser Mangel ist im Hinblick auf mögliche Gesundheitsrisiken hochproblematisch. Zumindest von einer organischen schwefelhaltigen Arsen-Verbindung, die auf Reisfeldern entdeckt wurde, ist bereits bekannt, dass sie die Entstehung von Krebserkrankungen begünstigt. Umso wichtiger ist es, organische schwefelhaltige Arsen-Verbindungen gezielt aufzuspüren und auf ihre Giftigkeit hin zu untersuchen. Vermutlich wurden diese Verbindungen infolge unzureichender Messverfahren bisher mit ungiftigen organischen sauerstoffhaltigen Arsen-Verbindungen verwechselt.

Grenzwertkontrollen für alle giftigen Arsen-Verbindungen

„Die Aufnahme der unterschiedlichen Thioarsenate in Reispflanzen und davon ausgehende potentielle Gefahren für die menschliche Gesundheit müssen dringend weiter erforscht werden. Reis ist das weltweit wichtigste Nahrungsmittel und sichert die Lebensgrundlage für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung“, erklärt Planer-Friedrich und fordert, dass künftig für alle giftigen Arsen-Verbindungen gesetzlich festgelegte Grenzwerte gelten. „Analytische Verfahren zur Grenzwertkontrolle, die alle diese Verbindungen korrekt erfassen, müssen zur Routine werden“, sagt die Bayreuther Wissenschaftlerin. Bislang gibt es nur für anorganische sauerstoffhaltige Arsen-Verbindungen einen gesetzlichen Grenzwert, organische sauerstoffhaltige Arsen-Verbindungen gelten als ungiftig.

Neue Ansätze für Prognose-Verfahren

Mit ihrem neuen Messverfahren haben die Forscher über lange Zeiträume hinweg die Entstehung von schwefelhaltigen Arsen-Verbindungen auf Reisfeldern in Italien und China beobachtet. Dabei stellte sich heraus: Die Mengen der auftretenden Thioarsenate stehen in einem signifikanten Zusammenhang mit den pH-Werten der Böden und weiteren einfach zu messenden Parametern. „Diese Erkenntnisse enthalten wertvolle Ansatzpunkte für die Entwicklung von Prognose-Verfahren. Wenn sich künftig ohne großen technischen Aufwand vorhersagen lässt, auf welchen Reisfeldern besonders große oder nur geringe Mengen schwefelhaltiger Arsen-Verbindungen zu erwarten sind, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Einschätzung von Gesundheitsrisiken“, sagt der Bayreuther Doktorand und Erstautor der Studie, Jiajia Wang MSc.

Dringender Forschungsbedarf zu Chancen und Risiken

Um die von Thioarsenaten ausgehenden Gesundheitsrisiken wissenschaftlich beurteilen zu können, halten die Autoren der neuen Studie weitere Forschungsarbeiten für unabdingbar. So ist beispielsweise zu klären, auf welchen Transportwegen und in welchem Umfang diese Arsen-Verbindungen von den Reisfeldern in die Reiskörner gelangen. Dass schwefelhaltige Arsen-Verbindungen in die Reispflanze und auch bis in Reiskorn gelangen können, wurde bei Untersuchungen in Bayreuther Laboratorien schon bestätigt. Allerdings ist beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht auszuschließen, dass die Gesamtbelastung von Reisernten mit Arsen sogar sinkt, wenn sich in den Böden schwefelhaltige statt sauerstoffhaltige Arsenverbindungen bilden. Das wäre dann der Fall, wenn schwefelhaltige Arsen-Verbindungen im Boden größtenteils zurückgehalten werden oder wenn Reispflanzen diese Verbindungen schlechter aufnehmen könnten.

An der Universität Bayreuth werden diese Zusammenhänge in den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich und dem Pflanzenphysiologen Prof. Dr. Stephan Clemens untersucht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördern diese interdisziplinär angelegten Forschungsprojekte. „Unsere weiteren Studien werden zeigen, ob Thioarsenate insgesamt ein Risiko oder eine Chance für die Produktion von Reis darstellen, der möglichst geringe Mengen an gesundheitsgefährdendem Arsen enthält. Erst dann können fundierte Handlungsanweisungen für das Wasser- oder Bodenmanagement auf Reisfeldern sowie die gezielte Züchtung neuer Reissorten gegeben werden“, sagt Planer-Friedrich.

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