Zuckerkonsum verkürzt Leben – unabhängig von Fettleibigkeit

Verkürzte Lebenserwartung durch Zuckerkonsum könnte andere Ursachen haben als bisher angenommen

23.03.2020 - Deutschland

Der Konsum von zu viel Zucker ist ungesund – das ist bekannt. Er erhöht das Risiko, Stoffwechselstörungen wie Übergewicht und Diabetes zu entwickeln, und kann die Lebenserwartung um mehrere Jahre verkürzen. Bisher ging man davon aus, dass diese verkürzte Lebenserwartung vor allem die Folge der Stoffwechselstörungen wie Diabetes ist. Doch diese Annahme könnte falsch sein, wie eine neue Studie zeigt, die ein Forschungsteam vom Imperial College Londong gemeinsam mit Forschenden der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, gestern in der Fachzeitschrift Cell Metabolism veröffentlicht hat. Die Ergebnisse legen nahe, dass stattdessen die Ansammlung eines natürlichen Abfallprodukts, der Harnsäure, mit der zuckerbedingten, verkürzten Lebenserwartung zusammenhängen könnte.

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Zuckerkonsum erhöht Harnsäurewerte

Das Londoner Team hat dazu den Einfluss von zuckerhaltiger Ernährung auf die Lebensspanne von Fruchtfliegen untersucht. "Genau wie der Mensch weisen Fruchtfliegen, die mit einer zuckerreichen Nahrung gefüttert werden, viele Merkmale von Stoffwechselkrankheiten auf - sie werden beispielsweise übergewichtig und insulinresistent", sagt die Leiterin der Studie Dr. Helena Cochemé vom Imperial College London. „Fettleibigkeit und Diabetes sind dafür bekannt, dass sie die Sterblichkeit beim Menschen erhöhen, und so nahm man bisher an, dass der Zuckerüberschuss über diese Stoffwechselerkrankungen auch die Lebenserwartung der Fruchtfliegen stark beeinflusst.“ Doch wie Salz verursacht auch Zucker eine Dehydrierung. Daher haben die Forschenden den Fruchtfliegen im Versuch zusätzliches Wasser gegeben. Überraschenderweise konnten sie dadurch den lebensverkürzenden Effekt der zuckerreichen Ernährung aufheben.

Die Wirkung des zusätzlichen Wassers gab den Anstoß, sich auf das Nierensystem der Fruchtfliege zu konzentrieren. Es zeigte sich, dass ein Überschuss an Zucker dazu führte, dass sich Harnsäure in den Fruchtfliegen ansammelte. Harnsäure ist ein Endprodukt des Purinabbaus. Purine sind wichtige Bausteine des Erbguts, der DNA. Harnsäure neigt zur Kristallisation, wodurch Nierensteine in den Fruchtfliegen entstehen. Sie lassen sich durch eine zusätzliche Gabe von Trinkwasser oder durch Medikamente vermeiden. „Die mit Zucker gefütterten Fruchtfliegen leben zwar länger, wenn wir ihnen mehr Wasser geben, sie sind aber immer noch nicht gesund. Unsere Studie legt jedoch nahe, dass die Störung des Purin-Abbaus der bestimmende Faktor für die verkürzte Lebenszeit von Fliegen mit hoher Zuckeraufnahme ist. Das bedeutet, dass der frühe Tod durch Zucker nicht unbedingt eine direkte Folge der Fettleibigkeit selbst ist“, sagt Cochemé.

Auch beim Menschen erhöhte Harnsäurewerte durch Zucker

Auch beim Menschen könnte ein ähnlicher Mechanismus wirken, wie Forschende des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) gezeigt haben. Ein Team um Professor Christoph Kaleta, Professor Andre Franke, Professor Matthias Laudes und Professor Wolfgang Lieb - alle von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) - hat den Einfluss von zuckerreicher Ernährung bei gesunden Menschen untersucht. „Auffallend war, dass die Aufnahme von Zucker über die Nahrung beim Menschen, genau wie bei Fruchtfliegen, mit einer schlechteren Nierenfunktion und höheren Harnsäurewerten im Blut in Zusammenhang stand", sagt Prof. Christoph Kaleta vom Institut für experimentelle Medizin der CAU.

Die Ansammlung von Harnsäure ist eine bekannte Ursache für Nierensteine beim Menschen, ebenso wie Gicht, eine Form der entzündlichen Arthritis. Der Harnsäurespiegel steigt zudem mit dem Alter an und kann auf den Beginn von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes hindeuten. „Es wird interessant sein, genauer zu untersuchen, wie die Ansammlung von Harnsäure durch erhöhten Zuckerkonsum mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes zusammenhängt und ob sie vielleicht sogar auch beim Menschen die Lebenserwartung direkt beeinflusst“, sagt Kaleta. „So könnten wir in Zukunft auch neue therapeutische Ziele und Strategien finden, die ein gesundes Altern fördern“, blickt Kaleta voraus.

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