Bitterstoffe aus Kaffee

Warum Koffein nicht allein zur Bitterkeit beiträgt

22.06.2020 - Deutschland

Weltweit ist Kaffee trotz oder auch wegen seines Bittergeschmacks sehr beliebt. Dabei tragen Kaffeeinhaltsstoffe wie Koffein unterschiedlich stark zur Bitterkeit bei. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie und der Technischen Universität München (TUM) gibt nun neue Einblicke in das molekulare Zusammenspiel zwischen Bitterstoffen und Bitterrezeptoren. Dies ist nicht nur für die Geschmackswahrnehmung relevant.

Leibnitz-Institut

Modell des Bitterrezeptors TAS2R43 ohne extrazelluläre Domäne (Seitenansicht). In der Bindungstasche befindet sich ein Modell des Bitterstoffs Mozambiosid (blau).

unsplash

Leibnitz-Institut
unsplash

Koffein ist wohl der bekannteste Bitterstoff aus Kaffee. Jedoch ist die anregend wirkende Substanz für den Bittergeschmack des Getränks nicht allein verantwortlich. Dies belegen auch die neuen Studienergebnisse des Freisinger Wissenschaftlerteams. Mit Hilfe eines zellbasierten Testsystems ̶ einer Art künstlichen Zunge ̶ sowie mittels Docking-Analysen hat das Team fünf verschiedene Bitterstoffe aus Kaffee untersucht. Hierzu gehören der in Arabica-Bohnen identifizierte Bitterstoff Mozambiozid, dessen Röstprodukt Bengalensol sowie die schon länger bekannten Kaffeeinhaltsstoffe Cafestol, Kahweol und Koffein.

Wie das Forscherteam aufgrund seiner Ergebnisse annimmt, reagieren hauptsächlich zwei der 25 menschlichen Bitterrezeptortypen auf Inhaltsstoffe im Kaffee. Während von Koffein vergleichsweise hohe Konzentrationen notwendig sind, um die Rezeptoren TAS2R46 und TAS2R43 zu stimulieren, reichen von den vier anderen Substanzen deutlich geringere Mengen aus. So sei im Vergleich zu Mozambiosid oder Bengalensol eine etwa 30- bzw. 300-fach höhere Koffein-Konzentration erforderlich gewesen, um den Bitterrezeptor TAS2R43 in gleichem Maße zu aktivieren, berichtet Erstautorin Tatjana Lang vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie.

Bitterstoff vermindert Bittergeschmack?

Weitere Untersuchungen der Forschenden lassen annehmen, dass sich die im Kaffee enthaltenen Bitterstoffe in ihrer Wirkung beeinflussen. Wie sie belegen, weisen Kahweol und Mozambiosid ähnliche Bindungseigenschaften für den Bitterrezeptor TAS2R43 auf. Im Vergleich zu Mozambiosid aktivierte Kahweol den Rezeptor jedoch nur relativ schwach und war in der Lage, die Mozambiosid-induzierte Aktivierung des Bitterrezeptors dosisabhängig zu verringern. „Wir gehen daher davon aus, dass Kahweol den über den TAS2R43 ausgelösten Bittergeschmack abschwächen kann, indem es effektivere Bitterstoffe vom Rezeptor verdrängt“, erklärt Studienleiter Maik Behrens, der am Leibniz-Institut die Arbeitsgruppe Taste Systems Reception & Biosignals leitet.

Dieser Effekt könne bei filterlosen Kaffeezubereitungen wie Espresso oder türkischem Kaffee eine Rolle spielen, bei denen Kahweol ins Getränk gelangt, so der Wissenschaftler weiter.

Bitterrezeptor beeinflusst Ausschüttung von Magensäure

Die Ergebnisse seien aber auch noch aus anderer Sicht spannend, sagt Behrens und erläutert: „All unsere bisher gewonnenen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Bitterstoffe aus Kaffee relativ spezifisch zwei der 25 Bitterrezeptortypen aktivieren. Zudem wissen wir, dass sich beide Rezeptorarten nicht nur in Geschmackszellen finden. So findet sich der TAS2R43 auch im Magen und ist im Zusammenspiel mit Koffein an der Regulation der Magensäureausschüttung beteiligt. Nun stellt sich die Frage, welche Rolle Kaffeeinhaltstoffe wie Bengalensol hierbei spielen könnten, die den Rezeptor viel stärker aktivieren.“

Ebenso sei interessant, dass vielen Menschen der Bitterrezeptor TAS2R43 aufgrund einer Erbgutvariation fehlt. Ein Umstand, der zu individuellen Unterschieden hinsichtlich der Geschmackswahrnehmung von Kaffee oder dessen Verträglichkeit beitragen könne, ergänzt Veronika Somoza, Direktorin des Leibniz-Instituts für Systembiologie. Es bestünde daher noch sehr viel Forschungsbedarf, um das komplizierte Zusammenspiel von Bitterstoffen, Bitterrezeptoren sowie deren Effekte auf den menschlichen Organismus aufzuklären.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wirtschaft & Finanzen

Weitere News von unseren anderen Portalen

Themenwelt Künstliche Intelligenz (KI)