HR-Report 2021: Schwerpunkt New Work
Coronakrise zeigt: Flexible Arbeitsformen setzen sich durch, schüren aber Spannungen
Flexible Arbeitszeiten, Selbstorganisation, flache Hierarchien. Seit Monaten zeigt die Coronakrise, dass die New-Work-Praxis längst nicht so rosig aussieht, wie viele Unternehmen postulieren.
Hays AG/©Hays, 2021
Doch wo steht die Umsetzung aktuell? Wie sieht das neue Arbeiten vor dem Hintergrund eines Homeoffice-Standards aus? Wie haben sich Führungs- und Entscheidungsmechanismen verändert? Diesen Fragen sind der Personaldienstleister Hays in Zusammenarbeit mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) im zehnten HR-Report im Schwerpunktthema "New Work" nachgegangen.
Insgesamt wurden hierfür 1.046 Fach- und Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Dabei ist der Dienstleistungsbereich mit 46 Prozent am stärksten vertreten, gefolgt von der Industrie mit 38 Prozent und dem öffentlichen Sektor mit 16 Prozent.
Unternehmen gewähren mehr zeitliche Flexibilität
Die Ergebnisse zeigen: Arbeiten, unabhängig von Ort und Zeit, wird von der Mehrheit der befragten Unternehmen ermöglicht. Diese Maßnahme geht allerdings mit Spannungen zwischen den Beschäftigtengruppen einher. So hat die Coronakrise Unternehmen und Arbeitnehmer zu einer Flexibilität getrieben, deren Durchdringung man noch vor einem Jahr für unmöglich gehalten hätte. 61 Prozent der Befragten berichten von einer zeitlichen Flexibilisierung der Arbeit.
Diese Facette von New Work scheint vergleichsweise einfach zu realisieren zu sein, auch weil sie Arbeitgebern wie Arbeitnehmern gleichermaßen Vorteile bietet: je flexibler Arbeitszeit und Arbeitsort der Mitarbeitenden, desto größer die Dispositionsmöglichkeit für den Arbeitgeber. Gleichzeitig können Arbeitnehmer Beruf und Privatleben besser vereinbaren.
Flexibles Arbeiten erzeugt Spannungen bei den Beschäftigten
Der Report offenbart dennoch auch Schattenseiten dieser Entwicklung. Sechs von zehn aller Befragten nehmen spürbare Spannungen zwischen unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen im Kontext von New Work wahr.
Die Hauptursache ist Neid (63 Prozent), der entsteht, weil jobbedingt nicht alle Mitarbeiter gleichsam vom Homeoffice-Angebot profitieren können. Insbesondere die unter 40-Jährigen verzeichnen deutlich mehr Spannungen als die über 50-Jährigen.
Aber auch Führungskräfte haben Schwierigkeiten im Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten (58 %) und -orten (60 %), denn Leistung und Präsenz gehörten für viele bisher untrennbar zusammen. Die befragten Entscheider tun sich schwer damit, ihren Mitarbeitern das notwendige Vertrauen zu schenken. Anstatt im Zuge von Homeoffice und zeitlicher Unabhängigkeit stärker auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu setzen, spricht sich noch mehr als die Hälfte von ihnen dagegen aus. Rund 60 Prozent halten sich darüber hinaus bei der Partizipation ihrer Mitarbeiter an Entscheidungen zurück. Demzufolge wundert es nicht, dass 71 Prozent der Befragten angeben, Führungskräfte haben Probleme, Macht abzugeben.
"Die agile Arbeitswelt konfrontiert die Entscheider mit anderen Denk- und Handlungsmustern, die ihrer erlernten Welt teilweise entgegenstehen. Insofern sind die Vorbehalte, agile Organisationsformen umzusetzen, ungleich höher als in Bezug auf flexible Arbeitsmodelle", erläutert Prof. Dr. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability.
Zusammengenommen kann festgehalten werden, dass sich New-Work-Praktiken durch die disruptiven Anpassungen im Frühjahr 2020 lediglich in Bezug auf die örtliche und zeitliche Flexibilität durchgesetzt haben. In puncto einer veränderten Führung und neuen Machtverteilung nimmt die Mehrheit der Befragten keine nennenswerte Veränderung wahr.
"Die Studienergebnisse verdeutlichen: Mit flexiblen Arbeitsmöglichkeiten ist bereits der erste wesentliche Schritt Richtung New Work getan. Jetzt geht es für die Führungskräfte vor allem darum, den Mitarbeitern auch die nötigen Entscheidungsspielräume zu geben, um neue Arbeitsweisen ganzheitlich in den Unternehmen zu verankern", so Dirk Hahn, Vorstand Hays.