Deutschland verliert auf dem weltweiten Arbeitsmarkt an Beliebtheit
Coronavirus-Pandemie verstärkt Trend: Immer weniger Menschen wollen im Ausland arbeiten
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"Auch wenn Deutschland hinter den USA, Kanada und Australien den vierten Rang belegt, sind wir immer noch die Nummer eins unter den nicht-englischsprachigen Ländern. Das zeigt, dass der deutsche Arbeitsmarkt international noch immer eine sehr hohe Anziehungskraft hat. Diese sollte die deutsche Wirtschaft für sich nutzen", sagt Dr. Sebastian Dettmers, CEO von StepStone. "Um den Fachkräftemangel zu bewältigen, braucht es Zuwanderung aus anderen Ländern. Deutsche Unternehmen, die gestärkt aus der Krise hervorgehen wollen, sollten die Attraktivität des Standorts als Vorteil begreifen und auch verstärkt im Ausland nach Talenten suchen", sagt Rainer Strack, Senior Partner bei BCG und Co-Autor der Studie.
Internationale Mobilität nimmt ab
Immer weniger Arbeitnehmer sind dazu bereit, außerhalb ihres Heimatlands zu arbeiten. Die weltweite Coronavirus-Pandemie hat diesen Trend verstärkt: 2018 hatten noch 57 Prozent der Befragten angegeben, für den Job ins Ausland gehen zu wollen, mittlerweile sind dazu nur noch knapp 50 Prozent der Arbeitnehmer bereit. 2014 waren es 64 Prozent, der Zeitraum zwischen den ersten beiden Erhebungen betrug jedoch vier Jahre. In Deutschland möchten sogar nur 45 Prozent der Arbeitnehmer im Ausland arbeiten - gegenüber der vorherigen Erhebung sank die Bereitschaft um zehn Prozentpunkte. Die beliebtesten Zielländer der Deutschen sind die Schweiz, Österreich, USA und Kanada. In den Top 10 der bevorzugten Länder sind fünf direkte Nachbarländer.
Besonders attraktiv ist der Standort Deutschland für Österreich, Osteuropa und die Türkei. Fernere Länder wie Iran, Marokko, Tunesien, Mexiko und Ghana sind nicht mehr unter den Top 10. "Die Attraktivität auf dem internationalen Arbeitsmarkt regionalisiert sich - ein Trend, der sich vor allem durch Corona auch in anderen Wirtschaftsbereichen beobachten lässt", sagt Strack.
Erfolgreiche Pandemiebekämpfung zahlt sich aus
Englischsprachige Länder dominieren das Ranking weiterhin, an der Spitze gab es aber erstmals einen Wechsel: Kanada hat die USA verdrängt, Australien springt von Platz sieben auf Platz drei und landet damit vor Deutschland. Auch hier ist ein Trend erkennbar: Erfolgreiche Pandemiebekämpfung schlägt sich im Ranking nieder. "Länder, die die erste Welle der Corona-Pandemie erfolgreich bewältigen konnten, haben im internationalen Vergleich zugelegt", sagt StepStone-CEO Dettmers. Dazu zählen vor allem asiatische Länder wie Singapur, Japan und Neuseeland. "Den entgegengesetzten Effekt sehen wir bei jenen Staaten, die im Frühjahr 2020 hart von Covid-19 getroffen wurden - etwa Italien, Spanien oder Frankreich."
Digitale Mobilität als neue Perspektive gegen Fachkräftemangel
Die geografischen Grenzen der Arbeitsmärkte waren zuletzt immer durchlässiger geworden, vor allem für Fachkräfte. Die Corona-Krise hat diese Entwicklung stark gebremst. 57 Prozent der Befragten zeigten sich jedoch offen dafür, aus der Ferne für einen Arbeitgeber aus dem Ausland zu arbeiten - das sind sieben Prozentpunkte mehr als bereit sind, umzuziehen. Diese Bereitwilligkeit liegt unter den Befragten aus Deutschland deutlich niedriger - bei 47 Prozent. "Der demografische Wandel steht gerade erst vor der Tür. Während Corona den weltweiten War for Talents massiv verschärft, ist die Pandemie gleichzeitig auch ein Beschleuniger für digitale Mobilität", sagt StepStone-CEO Dettmers. "Unternehmen bietet sich heute mehr denn je der Zugriff auf die weltweite Workforce."
Diese neue virtuelle Mobilität hat große Vorteile: "Die Besten ihres Fachs können ihre Fähigkeiten international anbieten, auch Firmen haben dadurch einen größeren Talent-Pool", sagt BCG-Partner Strack. "Gleichzeitig bringt eine Remote-Arbeitswelt auch viele Schwierigkeiten mit sich - etwa rechtliche Fragen, Datenschutz-Bedenken oder das Arbeiten in unterschiedlichen Zeitzonen. Dennoch sollten Unternehmen diese neue Form der Mobilität als Option sehen und für sich nutzen."
Städteranking: Berlin weltweit auf Platz vier, New York verliert stark
London bleibt bei internationalen Arbeitnehmern hoch angesehen und führt das Ranking wie schon 2018 an. Auf die englische Hauptstadt folgen die Städte Amsterdam und Dubai. Stark abgefallen hingegen ist die US-Metropole New York, von Platz zwei auf Rang acht. Dubai, Abu Dhabi, Tokio und Singapur haben an Beliebtheit gewonnen.
Die beliebteste Stadt in Deutschland bleibt Berlin, die Hauptstadt schafft es weltweit auf den vierten Platz, nach Rang drei in der vorherigen Erhebung. Vor allem bei Arbeitnehmern mit Master-Abschluss oder Promotion kann Berlin punkten und schafft es dort sogar auf Platz zwei. "Die Startup-Szene und die hohe Internationalität machen Berlin zu einem sehr attraktiven Ort für gut ausgebildete Talente", sagt BCG-Partner Rainer Strack. Hinter Berlin folgen in Deutschland München (26) und Hamburg (35), die jeweils drei Plätze gegenüber der Studie von 2018 verloren haben.