Mit Molekularsieben den Geschmack von alkoholfreiem Bier einstellen

09.04.2021 - Niederlande

Die Forscherin Deborah Gernat hat in Zusammenarbeit mit Heineken eine neue Methode entwickelt, um den Geschmack von alkoholfreiem Bier weiter zu entwickeln. Die Technik, die auf Molekularsieben basiert, gibt Brauern ein neues Werkzeug an die Hand, um den Geschmack von alkoholfreiem Bier näher an den von regulärem Bier zu bringen. Die ersten Tests zeigten, dass der süße Würzegeschmack", der alkoholfreies Bier oft kennzeichnet, mit dieser Methode reduziert werden kann. Am 9. April wird Deborah Gernat ihre Dissertation zu diesem Thema an der Technischen Universität Delft (TU Delft) verteidigen.

Delft University of Technology

Deborah Gernat

Wenn man sich die Zutaten - Wasser, Getreide, Hopfen und Hefe - anschaut, fällt es einem vielleicht nicht auf, aber Bier ist ein kompliziertes Getränk. Es besteht aus Tausenden von verschiedenen molekularen Komponenten, die zusammen eine komplexe Geschmackskomposition bilden. Das ist einerseits das Schöne daran: Mit kleinen Anpassungen der Zutaten oder des Brauprozesses lässt sich ein völlig anderes Endprodukt erzeugen. Gleichzeitig macht es diese Komplexität aber auch schwierig, genau das Ergebnis zu erzielen, das man sich vorgestellt hat.

Süßer Nachgeschmack
Nehmen Sie zum Beispiel alkoholfreies Bier. Viele dieser Biere haben einen ziemlich süßen Nachgeschmack, der von der Würze kommt. Das ist die zuckerhaltige Flüssigkeit, die ein Zwischenprodukt im Brauprozess bildet. Beim Brauen von Lagerbier wandelt die Hefe fast alle dieser Zucker in Alkohol und andere Bestandteile um. "Aber bei der biologischen Herstellung von alkoholfreiem Bier unterdrücken die Brauer die Aktivität der Hefe, um die Bildung von Alkohol zu verhindern", erklärt die Forscherin Deborah Gernat. "Eine der Folgen davon ist, dass Aldehyde nicht mehr in neutrale oder charakteristische Bieraromen umgewandelt werden, was zu dem süßen Nachgeschmack von alkoholfreiem Bier führt."

Nicht alle Bierliebhaber schätzen diese Süße. Leider ist es für Brauer schwierig, diesen würzigen Geschmack in alkoholfreiem Bier zu vermeiden. "Es gibt zwar Methoden, wie zum Beispiel das Erhitzen des Suds, aber diese erlauben es den Brauern nicht, bestimmte Moleküle gezielt zu entfernen", sagt Gernat. "Außerdem werden durch das Erhitzen auch andere Komponenten entfernt oder ihre molekulare Zusammensetzung radikal verändert, was einen großen Einfluss auf die endgültige Farbe oder den Geschmack des Bieres haben kann." Auch die Entalkoholisierung, ein Verfahren, bei dem dem Bier nachträglich Alkohol entzogen wird, hat erhebliche Auswirkungen auf den Geschmack.

Moleküle einfangen
Um gezielte Anpassungen vornehmen zu können, brauchen die Brauer also neue Techniken. Und die gibt es, zum Beispiel im Bereich der Prozesstechnik. Die Gruppe des TU-Delft-Forschers Marcel Ottens hat viel Erfahrung auf diesem Gebiet und arbeitet seit Jahren mit Heineken zusammen. So war es nur logisch, dass Gernat, die sowohl Hausbrauerin als auch Bioprozesstechnologin ist, ihr Promotionsprojekt unter seiner Betreuung durchführte. In den vergangenen Jahren erforschte sie ein physikalisches Phänomen namens Adsorption, bei dem bestimmte Aromastoffe mit Hilfe von "Molekularsieben" eingefangen werden können. "Andere Eigenschaften, wie Farbe und Bitterkeit, verändern sich bei diesem Prozess nicht, so dass der ursprüngliche Charakter des Bieres erhalten bleibt", sagt Gernat.

In ihrer Forschung konzentrierte sich Gernat auf das Einfangen von Strecker-Aldehyden, die bekanntlich für den süßen Geschmack von alkoholfreiem Bier verantwortlich sind. Sie testete verschiedene Arten von so genannten Adsorbentien" auf ihre Wirkung - und fand ein Material, das gezielt Strecker-Aldehyde einfangen kann. Gernat: "Bei dem Material handelt es sich um Zeolith, ein Mineral, das auch in der Natur vorkommt. Nur kleine, flüchtige Aromamoleküle können in die Poren dieser Zeolithe eindringen, andere Moleküle bleiben in der Flüssigkeit." Zeolithe können in Form einer Art Pulver vorliegen, das herausgefiltert werden kann, nachdem es seine Arbeit getan hat. Oder die Brauer können ein "Filterbett" aus Granulat erzeugen, durch das sie das Bier leiten.

Geschmackstest
Ein Geschmackstest mit einem Panel zeigte, dass die Technik funktioniert: Die Verkoster empfanden weniger Süße, und ihre Bewertungen für verschiedene Geschmackskategorien lagen näher an denen von Lagerbier als an denen von alkoholfreiem Bier, auf das die molekulare Siebtechnik nicht angewendet worden war. "Ich habe auch ein Prozessdesign erstellt, das darauf hindeutet, dass die Technik relativ einfach in den Produktionsprozess zu integrieren sein sollte", sagt Gernat.

Die Technologie muss allerdings noch weiterentwickelt werden, gibt Gernat zu bedenken. "Die Zeolithe, die ich in meiner Forschung verwendet habe, wurden ursprünglich für die Trennung von Gasmolekülen hergestellt. Der Stofftransport im Inneren des Materials muss noch verbessert werden." Außerdem sind es nicht nur die Aldehyde, die dafür verantwortlich sind, dass der Mensch alkoholfreies Bier anders erlebt als alkoholhaltiges Bier. "Der Alkohol selbst erzeugt ein wärmendes Gefühl im Mund und beeinflusst auch die Geschmackswahrnehmung. Wie das genau funktioniert, ist ebenfalls ein wichtiges Forschungsthema."

Deborah Gernat wird ihre Dissertation mit dem Titel "Tailoring the aroma of alcohol-free beer" am 9. April 2021 verteidigen. Sie arbeitet jetzt als Forscherin in der F&E-Abteilung von Heineken.

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