Der Matjes ist wieder da! Aber mit Vorsicht zu geniessen...
MSC mahnt zur Kehrtwende, denn dem Hering machen Klimawandel, schlechtes B estandsmanagement und Überfischung zu schaffen
Marine Stewardship Council (MSC) | Lena Ganssmann
Er ist klein, sehr zart, schmeckt nach Meer und Salz und hilft angeblich auch gegen einen ordentlichen Kater - der Matjes. Jedes Jahr im Frühjahr ziehen große, teils kilometerlange Heringsschwärme zu ihren Laichplätzen. Diese Wanderung läutet den Start der Matjessaison ein, die in jedem Jahr Mitte Juni beginnt. Mit dem diesjährigen Saisonstart mahnt der Marine Stewardship Council (MSC) zu einer Kehrtwende in Sachen Nachhaltigkeit. Es gilt insbesondere, das Fischereimanagement für den atlanto-skandischen Hering zu verbessern und dessen Überfischung schnellstmöglich zu stoppen. Das MSC-Siegel haben die Fischer bereits verloren.
Von Matjes bis Bismarck, vom Mittelalter bis heute - Hering ist beliebt
Der Matjes ist ein besonders milder Salzhering, der in einer Salzlake reift und dadurch konserviert wird. Diese Methode war bereits im Mittelalter bekannt: Der eingelegte und dadurch quasi unverderbliche Hering diente schon der Versorgung von Seeleuten, später dann auch als Marschverpflegung für Soldaten. Beliebt ist der aufgrund seines Glanzes auch "Silber des Meeres" genannte Hering bis heute: Laut Fischinformationszentrum belegt er in Deutschland auf der Rangliste der am meisten verzehrten Fischarten einen stolzen vierten Platz, gleich nach Lachs, Alaska-Seelachs und Thunfisch. Gut 120.000 Tonnen Hering essen wir jedes Jahr. Reichskanzler Otto von Bismarck, dem der ebenfalls beliebte "Bismarck-Hering" seinen Namen verdankt, soll einst gesagt haben: "Wenn der Hering so teuer wie der Hummer wäre, gälte er mit Sicherheit in den höchsten Kreisen als Delikatesse."
Es ist nicht alles Silber, was glänzt: Über die flächendeckende Überfischung des Herings wird kaum gesprochen
Der atlanto-skandische Hering, der auch einen Großteil der in Deutschland erhältlichen Matjes-Produkte ausmacht, verlor im vergangenen Dezember das MSC-Siegel für nachhaltige Fischerei. So wie im Jahr zuvor bereits der Hering in der westlichen Ostsee, dem der Klimawandel zu schaffen macht.
Der Klimawandel spielt im Falle des atlanto-skandischen Herings zwar ebenfalls eine Rolle - doch das größte Problem für den Bestand ist hier die Politik: Einige der reichsten Länder der Welt - die EU, Norwegen, Island, Großbritannien, Grönland und Russland - sind gemeinsam für die Bewirtschaftung der Fischbestände im Nordostatlantik verantwortlich. Doch sie schaffen es nicht, sich auf eine Fangquotenaufteilung zu einigen, die der Bestandssituation gerecht wird: Um ein Drittel lag die Fangmenge des atlanto-skandischen Herings zuletzt über der wissenschaftlich empfohlenen Menge.
"Der atlanto-skandische Hering befindet sich deutlich im Abwärtstrend und liegt erstmals seit Jahrzehnten nur noch knapp oberhalb des Referenzwertes für eine kritische Bestandsgröße", so Stefanie Kirse, Leiterin des MSC in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Die Situation ist bedenklich. Es liegt in der Verantwortung der Regierungen, nun durch eine zügige Fangquoten-Einigung den Schutz des Bestands zu gewährleisten".
Bis dahin sollten VerbraucherInnen besonders genau darauf achten, woher ihr Matjes, Bismarkhering oder Rollmops kommt. Und im Zweifel anderen Fischarten aus nachhaltiger Fischerei und gesunden Beständen den Vorzug geben. Das MSC-Siegel ist hierfür ein Indikator.
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