Hohe Dunkelziffer bei Ethylenoxid in Lebensmitteln – Verbraucher in Deutschland werden unzureichend gewarnt
foodwatch-Recherche zeigt massive Unterschiede innerhalb der EU bei Ethylenoxid-Rückrufen
In Deutschland wird die Öffentlichkeit nur selten vor Speiseeis gewarnt, das mit Ethylenoxid belastetet ist. Das zeigen Recherchen der Verbraucherorganisation foodwatch. Obwohl europaweit insbesondere Eis-Produkte mit dem krebserregenden Stoff kontaminiert wurden, erfolgte in Deutschland in nur sechs Fällen ein öffentlicher Rückruf. Das sei deutlich weniger als in anderen Ländern der EU, so foodwatch. In Frankreich wurden seit Anfang Juni fast 1.000 Eis-Produkte öffentlich zurückgerufen, in Luxemburg mehr als 250, in Slowenien etwa 100. In Polen und Italien wurden immerhin 32 beziehungsweise 15 Eis-Produkte aus dem Regal geräumt.

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„Ein krebserregender Stoff wie Ethylenoxid hat in unserem Essen nichts zu suchen. Während in Ländern wie Frankreich, Slowenien und Luxemburg hunderte Eis-Produkte wegen Ethylenoxid öffentlich zurückgerufen werden, tappen Verbraucher:innen in Deutschland weitgehend im Dunkeln – und das, obwohl sich die Bundesregierung gemeinsam mit den anderen EU-Ländern auf einen konsequenten Rückruf aller belasteten Produkte geeinigt hatte. Der Fall zeigt: Europäische Vorgaben zum Gesundheitsschutz werden in Deutschland nur unzureichend umgesetzt!“ erklärte foodwatch-Kampagnendirektor Oliver Huizinga.
Anfang Juni wurde bekannt, dass nicht nur Sesam, sondern auch große Mengen des weit verbreiteten Zusatzstoffs E410 mit dem gesundheitsgefährdenden Desinfektionsmittel Ethylenoxid verunreinigt sind. Johannisbrotkernmehl/E410 wird insbesondere in Speiseeis, aber auch in Back- und Fleischwaren sowie Konfitüren, als Verdickungsmittel oder Stabilisator zugesetzt. Gemäß der Einigung der EU-Mitgliedsstaaten vom Juli müssen alle Lebensmittel zurückgerufen werden, die kontaminiertes E410 enthalten – auch wenn im verarbeiteten Endprodukt die Nachweisgrenze nicht überschritten wird. Denn es könne „keine sichere Aufnahmemenge“ festgelegt werden. Auch kleinste Mengen des krebserregenden Stoffs könnten für Verbraucher:innen ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Da E410 vor allem in Speiseeis verwendet wird, hat foodwatch die Anzahl der Eis-Rückrufe verschiedener Länder seit Anfang Juni recherchiert und dazu die öffentlichen Rückruf-Portale mehrerer EU-Staaten ausgewertet. Aus Sicht von foodwatch zeigen die deutlichen Unterschiede bei der Anzahl der Rückrufe, dass die Durchsetzung europäischer Schutzvorschriften in Deutschland unzureichend ist. Die Verbraucherorganisation forderte die in Deutschland zuständigen Verbraucherministerien der Bundesländer auf, Rückrufe von mit Ethylenoxid belasteten Lebensmitteln konsequent durchzusetzen.
Erst kürzlich fand foodwatch heraus, dass der Speiseeishersteller Froneri mit Ethylenoxid belastetes E410 verarbeitet und die betroffenen Produkte in Deutschland weiter verkauft hatte. Trotz der Verunreinigung mit dem krebserregenden Stoff hat das Unternehmen auf einen Rückruf verzichtet. Froneri ist ein Joint Venture von Nestlé und R&R Icecream und produziert bekanntes Markeneis. Welche Marken genau betroffen sind, verschwieg das Unternehmen. In anderen Ländern hingegen warnte der Hersteller die Verbraucher:innen. So hat Froneri laut foodwatch-Recherchen etwa in Spanien, Frankreich, Polen oder Österreich Eiscreme-Produkte der Marken Smarties, Nuii oder Oreo öffentlich zurückgerufen.
Das Gas Ethylenoxid und sein Abbauprodukt 2-Chlorethanol sind laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) krebserregend und erbgutschädigend. Rückstände in Lebensmitteln seien grundsätzlich „unerwünscht“. Einen Richtwert ohne Gesundheitsrisiko gebe es nicht. Während Ethylenoxid in der Lebensmittelproduktion der EU verboten ist, wird es jedoch in etlichen Drittstaaten zur Bekämpfung von Pilzen und Bakterien eingesetzt.
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