Nach foodwatch-Klage: Aldi Nord ändert irreführende Tierschutz-Werbung gegen Kükentöten
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foodwatch hatte im November 2020 Klage gegen Aldi Nord eingereicht. Das Handelsunternehmen hat mittlerweile die Werbung geändert und an mehreren Stellen klargestellt, dass nur Schaleneier von der Tierschutz-Initiative betroffen seien. Da Aldi Nord in der Verhandlung vor dem Landgericht Essen glaubhaft zusagte, die bisher verwendete Werbung nicht mehr zu benutzen, verzichtete foodwatch auf das Versprechen einer Strafzahlung, die bei zukünftigen Zuwiderhandlungen fällig geworden wäre. Der Prozess konnte daher durch einen Vergleich beendet werden.
„Statt Preisschlachten liefern sich die Handelskonzerne neuerdings einen Überbietungswettbewerb um Tierschutzversprechen. Den Tieren und auch den Landwirt:innen ist damit herzlich wenig gedient. Und den Verbraucher:innen wird weisgemacht, die Handelskonzerne seien Vorreiter beim Tierschutz, während es in Wahrheit in weiten Teilen weitergeht wie gehabt. Aldis Behauptung, man beende das Kükentöten, war eine geschmacklose Übertreibung. Nur durch den Druck von foodwatch haben sie ihre Werbung geändert und nun bei Gericht schriftlich zugestanden, die alte Formulierung nicht mehr zu wiederholen“, erklärte Matthias Wolfschmidt, internationaler Strategiedirektor bei foodwatch. „Der Fall Aldi zeigt, dass hinter den vollmundigen Tierschutz-Kampagnen der Supermärkte und Discounter vor allem Geschäftsinteressen stecken. Statt weiter darauf zu hoffen, dass von den mächtigen Konzernen echte Fortschritte für eine bessere Tierhaltung ausgehen, muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die eklatanten Tierschutzprobleme nicht mehr schöngeredet werden und dass in Deutschland – und der gesamten EU – Tierschutz nach dem Stand der Wissenschaft ohne Schlupflöcher durchgesetzt wird. Für alle Tiere und für alle Verbraucher:innen.“
Bislang wurden in Deutschland jährlich etwa 40 Millionen männlicher Hühnerküken nach dem Schlüpfen getötet. Seit Anfang dieses Jahres ist das Kükentöten in Deutschland untersagt. Aldi setzt wie andere Handelskonzerne künftig auf die Geschlechtsbestimmung im Brutei. Nach der Bestimmung können die „männlichen“ Eier aussortiert werden. Alternativ können die „Bruderhähne“ zur Mast aufgezogen werden. foodwatch kritisierte sowohl die Geschlechtsbestimmung als auch die Bruderhahn-Aufzucht als Fortsetzung der krankmachenden Hochleistungszucht in Deutschland. Viele Millionen Legehennen litten – weil sie auf das Legen von maximal vielen Eiern gezüchtet werden – unter teils schwerwiegenden Krankheiten, wie Knochenbrüchen und Brustbeinschäden. Diese genetische Veranlagung führe dazu, dass auch die Hähne nur wenig Fleisch ansetzten, aber gleichzeitig sehr viel hochwertiges Futter benötigten. Ihre Mast gehe somit mit einem hohen Ressourcenverbrauch und niedriger Fleischqualität einher. Die Mehrkosten für die Bruderhahnmast mit einer bedarfsgerechten Fütterung ließen sich kaum durch die Quersubventionen über die Eier decken. Die Fütterung mit ungeeignetem Futter könne zu ernährungsbedingten Störungen führen, etwa Federpicken, Kannibalismus und Fußballenentzündungen.
Das Beispiel der Legehennenhaltung und des Schicksals der Hahnenküken mache foodwatch zufolge deutlich, dass die Ursache der tierschutzwidrigen Hochleistungszucht auf maximales Eierlegen überhaupt nicht angegangen werde. foodwatch fordert den Umstieg auf sogenannte Zweinutzungshühner: Diese robusteren und weniger krankheitsanfälligen Rassen eigneten sich sowohl für die Eier- als auch zur Fleischproduktion. Die Tiere erbrächten keine krankmachenden Höchstleistungen, könnten aber wirtschaftlich gehalten werden: Die Hennen legten etwa 230 bis 250 Eier im Jahr, durchschnittlich also etwa 50 bis 70 Eier weniger als eine Hochleistungshenne. Außerdem besäßen die Hähne ein gutes Wachstumsvermögen und eine deutlich bessere Fleischqualität als die eines Bruderhahns.