Mikronährstoffe im Fokus: Calciumversorgung bei Paleo- und veganer Ernährung kritisch
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"Die Paleo-Diät ist definiert als eine Kostform aus nährstoffreichen, relativ energiearmen Lebensmitteln" erklärt Prof. Dr. Andreas Hahn, Leibniz Universität Hannover. Das klänge erst einmal gut, wobei es allerdings keine Beobachtungs- oder Interventionsstudien zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Paleo-Ernährung gäbe, zumal die praktische Umsetzung einige Herausforderungen beinhalte. Paliolithische Lebensmittel seien Früchte, Knollen- und Blattgemüse, Samen, Nüsse, Fisch, Meeresfrüchte, Eier und analog zur Steinzeit auch Insekten und Wildfleisch. Gerade die letztgenannten würden laut Hahn von denjenigen, die die Kostform heutzutage anwenden, oftmals uminterpretiert zu modernen Fleischwaren wie Steaks. Aufgrund der Lebensmittelauswahl, die im Prinzip keinerlei Milchprodukte enthält, ist vor allem Calcium als kritischer Mikronährstoff zu sehen, ebenso Vitamin D und teilweise auch Folat.
Wesentlich mehr kritische Nährstoffe gibt es bei einer veganen Ernährungsform - zumindest dann, wenn man nicht die gesamte zur Verfügung stehenden Lebensmittelauswahl berücksichtigt, meint Dr. Markus Keller, Forschungsinstitut für pflanzenbasierte Ernährung. Konkret geht es um Vitamin B12, Calcium, Eisen, Zink, Vitamin B2, Omega-3-Fettsäuren, Jod und Selen. Auf der anderen Seite setzten Veganer:innen im Durchschnitt viele Ernährungsempfehlungen besser um als die Allgemeinbevölkerung, meint Keller. So würden sie beispielsweise mehr Obst, Gemüse und Vollkornprodukte essen. Als Fazit sieht er deshalb eine Supplementation mit dem Nährstoff als notwendig an, der fast ausschließlich in tierischen Produkten enthalten sei, das Vitamin B12. Es sei zudem sinnvoll, Calcium, Jod und Omega-3-Fettsäuren zu ergänzen. Eine ausreichende Versorgung könnte mit angereicherten Milchalternativen (Calcium), Salz und Algen (Jod) und Lein- und Olivenöl (Omega-3-Fettsäuren) erreicht werden. Alternativ können Nahrungsergänzungsmittel helfen, die Nährstoffversorgung sicherzustellen.
"Gesundheit und Nachhaltigkeit werden als Gründe für die Wahl einer alternativen Ernährungsform genannt", so PD Dr. Thomas Ellrott, Georg-August-Universität Göttingen, aber wahrscheinlich spielten auch andere Motivationen eine große Rolle. So böten spezifische Ernährungsstile einerseits die Möglichkeit, ein Zugehörigkeitsgefühl zu schaffen. Andererseits könnten Menschen sich durch ihre speziellen Ernährungsanforderungen von der Masse abheben. So würden durch eine besondere Ernährungsform im sozialen Zusammenleben auch Aufmerksamkeit, Sichtbarkeit und Zuwendung erzeugt. Dieser Zusatznutzen bestünde unabhängig von Gesundheit und Nachhaltigkeit und erkläre den gegenwärtigen Trend hin zu alternativen Ernährungsformen.
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