Gründungen 2021 zurück auf Vorkrisenniveau: Mehr Gründerinnen, mehr Jüngere, mehr Chancengründungen

Digitale und internetbasierte Gründungen mit 31 % und 41 % auf Rekordhoch

31.05.2022 - Deutschland

Die Gründungstätigkeit in Deutschland ist nach dem Corona-Knick wieder auf das Vorkrisenniveau gestiegen. Gestützt von aus dem Jahr 2020 verschobenen Gründungen stieg die Zahl der Menschen, die sich 2021 selbständig gemacht haben, auf 607.000. Das sind 70.000 bzw. 13 % mehr als 2020, wie der neue KfW-Gründungsmonitor zeigt. Auch strukturell hat sich das Gründungsgeschehen verändert: Es wurden mehr Chancengründungen realisiert, der Anteil Jüngerer ist gestiegen und es haben sich mehr Frauen selbständig gemacht als im Vorjahr.

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Die Zahl der Gründerinnen, die sich drei Jahre lang kaum veränderte, ist dabei im vergangenen Jahr überdurchschnittlich stark gestiegen. So setzten 2021 257.000 Frauen eine Existenzgründung um (+52.000 / +25 %). Die Zahl der Gründer legte auf 350.000 zu (+18.000 / +5 %). Der Gründerinnenanteil hat sich somit auf 42% erhöht (2020: 38 %). Insbesondere jüngere Frauen trugen dazu bei. Der Anteil der unter 30-jährigen Frauen unter den Existenzgründerinnen ist im Jahresvergleich von 28 auf 37 % gestiegen. Auch bei den Männern liegt der Anteil unter 30-jähriger Gründer zuletzt bei 37 % - wobei hier der Anstieg nicht ganz so stark ist wie bei den Frauen (2020: 34 %).

Wie bereits im ersten Corona-Jahr ist auch 2021 der Anteil von Gründungen zur Wahrnehmung einer Geschäftsgelegenheit gestiegen. Es haben also in höherem Maße Personen gegründet, die eine besonders starkes Vertrauen in ihre Gründung hatten. Volkswirtschaftlich ist das eine gute Nachricht, weil diese Chancengründungen im Durchschnitt bestandsfester und beschäftigungsintensiver sind. Ihr Anteil erhöhte sich von 80 % erneut leicht auf nun 82 %, die Zahl der Chancengründungen legte um 70.000 auf 498.000 zu. Gründungen aus Mangel an besseren Erwerbsalternativen bleiben mit 91.000 (15 %) im Tief.

Die Corona-Pandemie hat die Schwächen traditioneller, "analoger" Geschäftsmodelle schonungslos offengelegt. Gründerinnen und Gründer haben darauf offensichtlich reagiert: 2021 waren deutlich mehr Gründungen digital und internetbasiert und erreichten mit Anteilen von 31 % und 41 % am gesamten Gründungsgeschehen ihre bisherigen Höchstwerte.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors sind:

  • Die Gründungstätigkeit hat sowohl im Vollerwerb (+35.000 bzw. 18 % auf 236.000) als auch im Nebenerwerb (+35.000 bzw. 10 % auf 371.000) zugelegt.
  • Die meisten Existenzgründungen sind Neugründungen, sprich die Unternehmen gab es rechtlich wie organisatorisch vorher nicht. Mit 85 % erreichte ihr Anteil 2021 ein neues Allzeithoch (2020: 80 %).
  • Finanzielle Risiken und Finanzierungsschwierigkeiten bleiben weiterhin die größten Gründungsbarrieren. Auf Rang 3 der Barrieren rangieren Opportunitätskosten, also der Verzicht auf die Vorteile einer Anstellung (wie begrenzte Arbeitszeiten, Kündigungsschutz, Integration in soziale Sicherungssysteme etc.).
  • Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen lässt sich mit dem KfW-Gründungsmonitor ableiten, dass rund 30 % der Gründerinnen und Gründer binnen drei Geschäftsjahren ihre Existenzgründung wieder beenden. Nach fünf Jahren sind noch knapp 60 % aktiv. Die Abbruchgründe sind vielfältig. Der weitaus größte Teil der Gründerinnen und Gründer (32 %) bricht in den ersten 5 Jahren aus persönlichen Gründen ab, ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zwang - also etwa wegen familiärer Belastung, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem erzielten Einkommen oder weil sich eine bessere Jobalternative ergab (28 %).
  • Die Gründungplanungen liegen 2021 auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie 2020. Die Quote von Erwerbsfähigen mit bestehenden Gründungsplänen beträgt 4,1 % nach 4,4 % im Vorjahr. Weil durch die Corona-Krise die Realisierung vieler Gründungen auf Eis gelegt wurde, ist der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Planungsquote und der im folgenden Jahr zu erwartende Gründungquote aktuell jedoch weniger eng. Viele Gründungsplanungen sind eigentlich abgeschlossen und bereit für die Umsetzung, der Gründungsstart wurde aber coronabedingt verschoben. Sie haben daher eine deutlich höhere Realisierungswahrscheinlichkeit, weshalb die Gründungsquote auch besser sein kann, als von der Entwicklung der Planungsquote zu erwarten. Trotz leicht sinkender Planungsquote ist daher für 2022 eine Gründungstätigkeit auf ähnlichem Niveau wie 2021 zu erwarten.

"Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat den Corona-Knick überwunden und liegt 2021 wieder auf dem Vorkrisenniveau. Das ist eine gute und eine schlechte Nachricht zugleich: Die Erholung ist sehr erfreulich, dazu kommt dass das Gründungsgeschehen jetzt jünger, weiblicher, und digitaler ist. Allerdings befinden uns aufgrund des langjährigen Abwärtstrends auf einem sehr niedrigen Niveau. Es ist weit entfernt von seinem Höchststand zu Beginn der 2000er Jahre", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. Neben dem lang anhaltenden Boom des Arbeitsmarkts, der potenziellen Gründern und Gründerinnen attraktive Jobalternativen bot, spiele die demografische Entwicklung hierfür die Hauptrolle: "Wir sind eine alternde Gesellschaft, und mit steigendem Alter nimmt der Wunsch nach beruflicher Selbständigkeit ab." Ein reges Gründungsgeschehen sei jedoch volkswirtschaftlich wünschenswert. "Existenzgründer beleben den Wettbewerb und haben für die Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaft eine besondere Bedeutung. Sie zwingen die etablierten Unternehmen dazu, sich ständig auf den Prüfstand zu stellen und das Beste aus sich herauszuholen.", sagt KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib. "Verbraucher profitieren von günstigeren Preisen und neuen Produkten oder Dienstleistungen, moderne Technologien sorgen für höhere Effizienz und erschließen neue Märkte, innovative und digitale Gründungen treiben die Transformation der Wirtschaft voran. Und letztlich schaffen Gründende auch nachhaltig Arbeitsplätze. Die Förderung von Gründungen und der Abbau von Gründungshemmnissen muss deshalb weiter eine hohe Priorität in der Wirtschaftspolitik haben."

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