Vanille und Pfeffer made in Osnabrück
Forschungszentrum „Agrarsysteme der Zukunft“ der Hochschule Osnabrück eröffnet
Aileen Rogge / Hochschule Osnabrück
Bislang kommt Vanille zumeist aus Regionen um den Indischen Ozean zu uns und auch Pfeffer wird bis heute nach Europa importiert. Das soll sich nun ändern, denn im Forschungszentrum „Indoorfarm - Agrarsysteme der Zukunft“ am Campus Haste der Hochschule Osnabrück werden ab jetzt neue, zukunftsorientierte und nachhaltige Anbaumöglichkeiten für diese und viele weitere Kräuter- und Gemüsepflanzen erforscht. Professor Dr. Andres Bertram, Präsident der Hochschule Osnabrück, unterstreicht bei der Eröffnung die Bedeutung des Neubaus: „Es ist ein Vorzeigeprojekt, weil wir zum einen wichtigen Fragen für unsere Gesellschaft und der Welt für morgen nachgehen. Zum anderen ist auch die Art und Weise beispielhaft für unseren Lehr- und Forschungsauftrag: Lehrende und Studierende arbeiten eng mit der Praxis zusammen, um Ideen daraus zu generieren. Das verdeutlicht unseren Mehrwert als Hochschule für Angewandte Wissenschaften.“
Maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Indoorfarm nun an der Fakultät Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Hochschule Osnabrück steht, ist Professor Dr. Andreas Ulbrich, Professor für Gemüseproduktion und -verarbeitung an der Hochschule Osnabrück. Er hatte vor rund sechs Jahren mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Sebastian Deck und dem Team der Forschungsgruppe „Growing Knowledge“ die Idee für das Gebäude entwickelt: „Mich erfüllt es mit Stolz, dass wir das Gebäude heute offiziell einweihen. Unser An-trieb war immer, dass wir von der Pflanze aus denken. Das heißt, wir wollen absolut ideale Bedingungen für das Wachstum der Pflanzen generieren. Das unterscheidet uns auch von vielen weiteren Ansätzen, die sich weltweit positioniert haben.“ Gemeinsam mit seinem Team wird Ulbrich in der Indoorfarm daran arbeiten, neue, klimaunabhängige Anbaumethoden für die Gemüseproduktion in urbanen Räumen, also auf wenig Fläche, zu entwickeln. Auch Studierende werden beteiligt sein.
Sechs Indoorkammern und ein Dachgewächshaus ermöglichen jahreszeitunabhängigen Anbau
Im Erdgeschoss des neuen Forschungszentrums befinden sich sechs getrennte Indoorfarm-Kammern, in denen der Anbau unterschiedlicher Gemüse- und Gewürzpflanzen erforscht wird. Die einzelnen Kammern sind so konzipiert, dass eine effiziente Flächennutzung in die Höhe (sogenanntes Vertical Farming) ermöglicht wird. Darüber hinaus lassen sich alle not-wendigen Umweltfaktoren wie Licht, Temperatur, CO2-Gehalt, Wasser sowie Nährstoffe genau kontrollieren und steuern. Dies führt zu einer verlässlichen, wetterunabhängigen Produktqualität. So kann außerdem erforscht werden, wie viel Licht und wie viele Nährstoffe für den optimalen Anbau einer jeden Pflanze notwendig sind. Auf dem Dach des Forschungszentrums steht ein 160 Quadratmeter großes Dachgewächshaus, in dem ebenfalls verschiedene Kulturarten erforscht werden – unter anderem bereits meterhoch gewachsene Vanille- und Pfefferpflanzen. Eine Besonderheit: „Man sieht an einer Pfefferpflanze Blüten, Blüten mit weiterentwickelten Pfefferkörnern und erntereife Ähren – das ist in den ursprünglichen Anbauländern in dieser Form sehr selten zu beobachten“, verdeutlicht Ulbrich. Es gehe jedoch nicht nur darum exotische Pflanzen anzubauen, sondern auch darum, das neue Wissen an die Anbauländer weiterzugeben. Pfeffer und Vanille sind zudem erst der Anfang von vielen weiteren Kulturen, die hier zukünftig angebaut werden – unter anderem Süßkartoffeln,
Salate und viele weitere Gemüsepflanzen.
Effiziente Energienutzung dank intelligentem Kreislaufsystem
Im neuen Forschungszentrum wird nicht nur an den idealen Anbaubedingungen verschiedenster Gemüse geforscht. Auch das Thema nachhaltige Energienutzung in Indoorfarmen nimmt das Forschungsteam um Ulbrich und Deck in den Blick. „Der Kubus ist mit einem intelligenten Energiekreislaufsystem ausgestattet, das die Anzuchtkammern der Indoorfarm mit dem gläsernen Gewächshaus auf dem Dach verbindet. Wir wollen beispielsweise die Energie der LEDs der Kammern im Erdgeschoss für die Wärme im Dachgewächshaus nutzen“, so Deck. „Für all die Forschungsprojekte werden wir mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedensten weiteren Fachbereichen der Hochschule zusammenarbeiten. Außerdem sind bereits einige Unternehmen aus der Region daran beteiligt, viele weitere haben Interesse an-gemeldet“, erläutert Ulbrich. Das Ziel für alle: zu erforschen, wie Indoorfarmen zukünftig in urbanen Räumen genutzt werden können und damit die Lebensmittelversorgung von morgen klimaunabhängig zu sichern.