Wertvolle Rohstoffe aus Olivenabfall
ETH-Spin-off Gaia Tech verwandelt Abfälle aus der Olivenölproduktion in hochwertige Antioxidantien für Kosmetika und Lebensmittel
Gaia Tech
Mit dem Abfall geht zugleich ein wertvoller Schatz an natürlichen Inhaltsstoffen verloren, für den es aber entsprechendes Know-how und Technologien braucht, um ihn zu heben – anstatt ihn wie üblich einfach zu verbrennen oder im besten Fall für Biogasanlagen oder die Herstellung von Trester-Olivenöl weiterzuverwenden.
Olivenreste weiterverarbeiten
Um eine solche Technologie zu entwickeln, tat sich Claudio Reinhard mit Laura Nyström, Professorin für Lebensmittel-Biochemie an der ETH Zürich, zusammen. Sie lieferte das Know-how im Bereich Lebensmittel, er die technische Expertise. Gemeinsam initiierten sie 2019 das Forschungsprojekt Phenoliva, das von der EU als Projekt des European Institute of Innovation and Technology (EIT) gefördert wurde.
«Mit Phenoliva haben wir den Grundstein für das Spin-off Gaia Tech gelegt», erzählt Reinhard. Drei Jahre lang erforschte er im Team mit Nyström und weiteren Wissenschaftler:innen der ETH Zürich, welche hochwertigen Inhaltsstoffe und Biokomponenten sich aus Olivenabfall gewinnen lassen und welche Verfahren besonders gut dafür geeignet sind.
Antioxidantien aus biologischer Quelle
Am Ende stand fest: Für die Vermarktung eignen sich vor allem die in den Olivenresten enthaltenen Antioxidantien. «Bislang wurden 98 Prozent der Antioxidantien einfach weggeworfen», berichtet Reinhard. Dabei sind sie eine wertvolle natürliche Alternative zu synthetischen oder fossilen Substanzen und können zum Beispiel Lebensmittel und Tierfutter haltbar machen und in Kosmetika der Hautalterung entgegenwirken. «Das ist vielen Endkundinnen und Endkunden sehr wichtig, da sie synthetischen Zusatzstoffen kritisch gegenüberstehen».
Hinzu kommt der Aspekt der Nachhaltigkeit, der von Anfang an im Zentrum von Claudio Reinhards Forschungsarbeit stand. Die Weiterverwendung des Olivenabfalls verringert den ökologischen Fussabdruck der Olivenölindustrie deutlich und ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Kreislaufwirtschaft.
Extraktion und Reinigung
Um die Antioxidantien zu gewinnen, wird der Olivenabfall zunächst in einer Zentrifuge in feste und flüssige Bestandteile getrennt. Die Flüssigkeit durchläuft anschliessend einen speziell von den Forschenden entwickelten Absorber. Dieser nimmt die Antioxidantien ähnlich einem Schwamm als Rohextrakt in sich auf. Der Absorber besteht aus einem vollständig biologisch abbaubaren Material, ist mehrmals regenerierbar und kann schliesslich als Dünger den Boden anreichern.
Mit der Extraktion ist der Prozess jedoch nicht abgeschlossen. Bevor die Industrie die Antioxidantien ihren Produkten zusetzen kann, muss der Extrakt gereinigt und weiterverarbeitet werden. «Der Rohextrakt erinnert an dunklen Honig und ist sehr bitter», erzählt Reinhard. Nur nach mehreren Reinigungsschritten, bei denen Farb- und Bitterstoffe entfernt werden, lassen sich die Antioxidantien von Gaia Tech auf den Markt bringen.
Je nach Industrie sind die Auflagen recht unterschiedlich. So verarbeitet zum Beispiel die Kosmetikindustrie nur helle, möglichst ganz weisse Zusatzstoffe in Produkten wie Antiaging-Cremes. Für die Lebensmittelindustrie ist wiederum ein möglichst geringer Anteil an Bitterstoffen entscheidend. Hinzu kommen regulatorische Auflagen, die von Land zu Land variieren können.
Erfolgreicher Firmenstart
Seit Gründung im Januar 2021 geht es mit Gaia Tech mit grossen Schritten voran. Nachdem bereits das Forschungsprojekt Phenoliva im Oktober 2021 mit dem EIT Food Impact Preis in der Kategorie Kreislaufwirtschaft ausgezeichnet und 2022 für den angesehenen EIT Impact Award 2022 nominiert wurde. Das Spin-off Gaia Tech gewann im Juni 2023 den mit 100'000 Franken dotierten De Vigier Preis. Und erhielt im Juli 2023 zudem in einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde 480'000 Franken von mehreren Investoren. Aktuell bereitet Gaia Tech für die Olivenernte im kommenden Herbst eine Pilotproduktion mit einer landwirtschaftlichen Kooperative in San Marino vor.
Gemeinsam mit seinen zwei Mitbegründern, dem Biomolekularwissenschaftler Enrico Tenaglia und dem Marketingexperten Samuel Bühlmann, will Claudio Reinhard in einem nächsten Schritt den Kundenkreis erweitern. Läuft alles nach Plan, möchte er anschliessend die Technologie skalieren und auf andere, vielversprechende landwirtschaftliche Abfälle übertragen. Denn nicht allein die Olivenölindustrie hinterlässt Berge an biologischen Resten. Bei Kaffee, Kakao und vielen weiteren Nutzpflanzen sieht es ähnlich aus.
Weitere News aus dem Ressort Wirtschaft & Finanzen
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Da tut sich was in der Lebensmittel- und Getränke-Branche …
So sieht echter Pioniergeist aus: Jede Menge innovative Start-ups bringen frische Ideen, Herzblut und Unternehmergeist auf, um die Welt von morgen zum Positiven zu verändern. Tauchen Sie ein in die Welt dieser Jungunternehmen und nutzen Sie die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit den Gründern.