Vom Butterloch zum Butterberg

05.07.2024
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Symbolbild

In den letzten Jahren erlebten die Tiefkühlbutterlager in der Schweiz extreme Schwankungen. Die Ursachen sind vielfältig, darunter Marktentwicklungen und Importstrategien. Eine stabile Butterproduktion und die Bewältigung der aktuellen Überkapazitäten sind herausfordernd – dabei wird die Komplexität der Butterversorgung in der Schweiz deutlich.

In den letzten Jahren waren die Tiefkühlbutterlager in der Schweiz von extremen Schwankungen geprägt. Besonders markant war die Situation seit 2020, als die Butterlager Tiefstwerte erreichten und die Lücken nur schwer durch Importe geschlossen werden konnten. 2021 stabilisierte sich die Lage etwas, dennoch mussten drei Anträge auf Butterimporte in der Höhe von 2’500 Tonnen gestellt werden. Trotz dieser Massnahmen stürzten die Lagermengen Ende des Jahres erneut ab und erreichten nur noch knapp 300 Tonnen. Auch 2022 konnten zusätzliche Importe von 6’100 Tonnen Butter die Situation nicht vollständig beruhigen. Erst ab 2023 begann sich die Lage zu verbessern, um dann bis im Juni 2024 mit neuen Höchstwerten in den Butterlagern von über 8’000 Tonnen wiederum stark in die Gegenrichtung zu pendeln.

Ursachen für die Schwankungen der Butterlager

Die Gründe für die stark schwankenden Butterlagerbestände sind vielfältig und komplex. Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch, erklärt, dass die Lagerbestände, die oft als Indikator für die Versorgungssituation herangezogen werden, nur das Tiefkühllager betreffen: «In den Jahren, in denen es tatsächlich zu wenig Butter gab und wir mit Importen die Lücke schliessen mussten, ging sehr wenig Butter ins Tiefkühllager – die Butterhersteller haben den Detailhandel und die Industrie direkt mit frischer Butter versorgt und so tauchen diese Mengen in der Butterkurve nicht auf», erklärt er.

Was bedeutet, dass die vermeintlichen Engpässe im Tiefkühllager nicht zwingend die tatsächliche Verfügbarkeit von Butter widerspiegelten. «Wenn es ab Herbst also praktisch null Menge im Tiefkühllager hatte, dann ist das nicht unbedingt ein Mangel, denn wenn die Nachfrage und die Produktion im Gleichgewicht sind, wird die Butter direkt in die Läden gebracht», erklärt Stefan Kohler weiter und ergänzt: «Tiefkühlen und Auftauen sind aufwändig, das kann man sich sparen.» Dennoch sei die Entwicklung der Butterkurve tatsächlich sehr volatil gewesen, räumt er ein.

Ein weiterer Punkt, den Stefan Kohler anspricht, ist die vorsichtige Mengenwahl bei den Importgesuchen. «Wir haben die Mengen für unsere Importgesuche eher vorsichtig gewählt – darum sind auch bei sehr tiefem Lager nur kleine Mengen aufs Mal importiert worden, damit man ja nicht auf Lager importiert», erläutert er. Dass die Lagerbestände Ende Jahr also bei praktisch null angelangt waren, sei gewollt gewesen. «Ab Sommer 2023 ist die Situation dann aber gekippt», erklärt er.

«In Zeiten der Butterunterversorgung wich die Schweizer Nahrungsmittelindustrie bei Butter verstärkt auf den Veredelungsverkehr aus – diese Absatzmenge fehlt aktuell gegenüber früheren Jahren.» Peter Ryser Geschäftsführer der Branchenorganisation Butter

Gründe für den starken Anstieg der Butterlager seit 2023

Auch hätten die rückläufige Milchmenge und die gute Marktlage beim Käse während der Covidpandemie-Jahre zu einer Reduktion der Butterproduktion geführt, ergänzt Peter Ryser, Geschäftsführer der Branchenorganisation Butter. «Verschiedene Marktentwicklungen haben seither aber wieder zu einer erhöhten Butterproduktion geführt», sagt er. Dazu zählen die reduzierte Käseproduktion und die zunehmende Verwendung von ausländischem Milchpulver in der Nahrungsmittelindustrie. Diese Entwicklungen führten zu einem veränderten Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, was die Schwankungen weiter verstärkte.

So lässt sich der dramatische Anstieg der Butterlagerbestände seit 2023 laut Stefan Kohler auf zwei Hauptursachen zurückführen: «Die Käseproduktion hat nach einigen Boomjahren etwas von der Dynamik eingebüsst – neben dem etwas höheren Butterkonsum in den drei Covid-Pandemie-Jahren wurde auch mehr Schweizer Käse konsumiert und das Exportgeschäft lief sehr gut», erklärt er, «inzwischen sind hier wieder normale Zeiten, das heisst die Milch muss anderswertig verwertet werden.»

Zudem sei die Nachfrage nach Milchfett in der Nahrungsmittelindustrie zurückgegangen. «Es wird weniger Schokolade produziert und vor allem weniger Grundstoffe aus der Schweiz in den exportierten Schokoladeprodukten verwendet», fügt Stefan Kohler hinzu. Der sogenannte Veredelungsverkehr habe zugenommen. Diese Faktoren führten zu einem Überschuss an Butter, da die Milchproduktion nicht entsprechend reduziert wurde.

Möglichkeiten einer ausgeglichenen Butterproduktion

Eine ausgeglichene Produktion und Lagerbewirtschaftung von Butter zu erreichen, ist laut Stefan Kohler und Peter Ryser eine Herausforderung. «Butter ist ein sogenanntes Regulierprodukt, weil es sehr gut lagerbar und aufgrund des Koppelproduktes Magermilch oder Magermilchpulver nicht sehr lukrativ für die Hersteller ist», erklärt Stefan Kohler von der Branchenorganisation Milch. Das bedeutet, dass bei einem Überangebot an Milch schnell ein «Butterberg» entsteht, da andere Märkte gesättigt sind. Bei etwas zu wenig Milch hingegen muss Butter importiert werden.

Peter Ryser von der Branchenorganisation Butter fügt hinzu, dass neben der Milch-, Käse- und Milchpulverproduktion auch der Milchfettgehalt der Rohmilch und der Bedarf für Frischmilchprodukte eine Rolle spielen. «Die Butterproduktion kann jährlich stark schwanken, ebenso unterliegt die Verkaufsmenge jährlichen Schwankungen», erklärt er und ergänzt: «In Zeiten der Butterunterversorgung wich die Schweizer Nahrungsmittelindustrie bei Butter verstärkt auf den Veredelungsverkehr aus – diese Absatzmenge fehlt aktuell gegenüber früheren Jahren.» Eine ausgeglichene Produktion ist somit schwierig, da strukturelle Überschüsse oder Defizite der Milchproduktion direkt Einfluss auf die Butterlager haben.

«Wenn sich in den nächsten Monaten die Situation nicht beruhigt, wird es schwierig sein, den Milchpreis halten zu können.» Stefan Kohler Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch

Massnahmen gegen den Butterberg

Um den aktuellen Butterberg abzubauen, beschreibt Stefan Kohler verschiedene Massnahmen: «Wenn sich in den nächsten Monaten die Situation nicht beruhigt, wird es schwierig sein, den Milchpreis halten zu können», erklärt er, «ich rechne auch damit, dass der Anteil B-Milch in diesem Jahr steigen wird, denn wenn der inländische Markt gesättigt ist, werden die Exporte über B-Produkte in die Lücke springen müssen.» Des Weiteren wird mehr Geld aus dem Fonds Rohstoffverbilligung zur Verfügung gestellt, um auf den zunehmenden Veredelungsverkehr zu reagieren. Als letztes Mittel kämen auch Butterexporte über C-Milch in Betracht. «Ich bin aber überzeugt, dass dies in diesem Jahr noch kein Thema sein wird», fügt Stefan Kohler hinzu.

Peter Ryser betont derweil die Bedeutung des Ersatzes von Veredelungsverkehrsmengen durch Schweizer Butter: «Als erste Massnahme sollten die Butterhersteller versuchen, Veredelungsverkehrsmengen durch Schweizerbutter zu ersetzen – hier besteht zudem die Möglichkeit, über die Rohstoffverbilligungsbeiträge der Branchenorganisation Milch Anreize zu schaffen, damit wieder mehr Schweizer Butter für Exportprodukte eingesetzt wird», erläutert er. Dies könnte die inländische Butterproduktion stärken und gleichzeitig die Lagerbestände abbauen.

Importmengen und ihre Auswirkungen

Trotz des Überschusses wurden weiterhin Butterimporte verzeichnet. 2023 beliefen sich diese auf rund 5’000 Tonnen und bis Mai 2024 auf weitere 200 Tonnen. «Diese hohen Importmengen 2023 waren rückblickend gesehen nicht nötig gewesen», kommentiert Stefan Kohler von der Branchenorganisation Milch. Diese Importe beruhten aber auf einem Entscheid vom November 2022, als nicht ersichtlich gewesen sei, dass die Situation ab Mitte 2023 kippen würde. Ausserdem gibt es WTO-Kontingente, die unabhängig von der Marktsituation in der Schweiz erfüllt werden müssen: «Diese WTO-Bestimmungen verlangen, dass eine kleine Menge Butter unabhängig von der Marktsituation in der Schweiz importiert werden muss – das gleiche kennen wir auch im Fleischmarkt», erklärt Stefan Kohler weiter.

«Der Bund versteigert jährlich 100 Tonnen Importkontingente im Rahmen der festgelegten WTO-Kontingente – zusätzliche Importmengen, die nicht über die vom Bund versteigerten Importkontingente importiert werden, erfolgen im Rahmen des Veredelungsverkehrs», erläutert Peter Ryser von der Branchenorganisation Butter. Ausserdem würden zusätzliche Importmengen im Rahmen des Veredelungsverkehrs in verarbeiteter Form wieder exportiert werden, ergänzt er.

Die Entwicklung der Butterlager in den letzten Jahren zeigt die Komplexität der Branche und die vielen Faktoren, die Einfluss auf die Produktion und Lagerung von Butter haben. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Branchenorganisationen und die sorgfältige Marktbeobachtung spielen dabei eine entscheidende Rolle, um eine stabile und nachhaltige Butterversorgung sicherzustellen und um die Balance zwischen Angebot und Nachfrage in der Schweiz zu halten.

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