Kulturpflanzen: Genschalter macht Zuckerhirse salztolerant
Forschende des KIT klären Zuckeransammlung in der Sorghumhirse unter salzigen Bedingungen auf: Gen SWEET13 lenkt Saccharose in die Körner
Sorghumhirse gilt als Kulturpflanze der Zukunft: Sie baut besonders viel Biomasse auf und gedeiht auch unter harschen Bedingungen. Bestimmte Sorten bilden auf salzigen Böden sogar mehr Zucker. Diese salzstress-bedingte Zuckeransammlung haben nun Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in einem internationalen Team genauer untersucht und festgestellt, dass der Genschalter SWEET13 den Zucker in die Körner lenkt. Durch Züchtung lässt sich SWEET13 in verschiedene Sorten der Sorghumhirse einkreuzen, um zur Ernährungssicherheit beizutragen.

Ähren zwei unterschiedlicher Sorten Zuckerhirse nach Anzucht unter Salzstress. Oben: Sorte „Della“, die aufgrund einer weniger aktiven Variante des Gens SWEET13 weniger Ressourcen in die Samen verschiebt. Unten: Syrische Landsorte „Razinieh“, die mit einem salzaktivierten SWEET13-Allel versehen ist und daher mehr Kohlenhydrate in den Samen speichert.
KIT
Das Wachstum der Weltbevölkerung und den damit verbundenen steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Energie erfordert, dass die Produktivität von Pflanzen, besonders von Getreide, erheblich zunimmt. Die Auswirkungen des Klimawandels erschweren dies allerdings zunehmend. Neben Hitze und Trockenheit setzt auch der Salzgehalt des Bodens die Pflanzen unter Stress. Denn durch den Anstieg der Meeresspiegel versalzen immer mehr fruchtbare Böden. Eine Lösung könnten Kulturpflanzen sein, die einerseits besonders viel Biomasse aufbauen und andererseits auch auf salzigen Böden gut gedeihen.
Die Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie unter Leitung von Professor Peter Nick am Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT befasst sich seit einigen Jahren mit Sorghumhirse, einer Hirseart aus der Gattung Sorghum in der Familie der Süßgräser. Die zuckerreichen Sorten werden als Zuckerhirse bezeichnet. Sorghumhirse gehört zu den Pflanzen, die besonders effizient Photosynthese betreiben, daher Kohlendioxid (CO2) besser binden und mehr Biomasse aufbauen als andere Pflanzen. In früheren Forschungsarbeiten entwickelte der syrische Wissenschaftler Dr. Adnan Kanbar am KIT eine neue Zuckerhirsesorte, die besonders viel Zucker ansammelt und sich zur Herstellung von Biogas und Biokraftstoffen sowie zur Produktion neuer Polymere verwenden lässt.
Bestimmte Sorten bilden unter salzigen Bedingungen mehr Zucker
Weitere Forschungen zeigen, dass Sorghumhirse, eine uralte Kulturpflanze aus dem Sudan, auch unter harschen Bedingungen gedeiht. „Bestimmte Sorghumhirse-Sorten kommen mit Salz nicht nur gut zurecht, sondern bilden unter salzigen Bedingungen sogar mehr Zucker“, sagt Nick. „Manche dieser Sorten speichern den Zucker im Stängel, was sie für eine energetische Nutzung, das heißt für die Herstellung von Biokraftstoffen interessant macht. Andere speichern den Zucker in den Samen, sodass sie zur menschlichen Ernährung beitragen können.“
Genschalter SWEET13 lenkt Saccharose in die Körner
Diese durch Salzstress bedingte Zuckeransammlung und die unterschiedliche Zuckerspeicherung in der Sorghumhirse hat eine Gruppe von Forschenden um Dr. Eman Abuslima aus Ägypten, die ihre Promotion in der Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie am JKIP des KIT absolvierte, untersucht. Sie fanden heraus, dass das Gen SWEET13 über den Zuckertransport entscheidet. „SWEET13 funktioniert wie ein Schalter, der dafür sorgt, dass die durch Photosynthese gebildete Saccharose in die Körner der Pflanze geleitet wird“, erklärt Abuslima. In der alten syrischen Sorghumhirse-Sorte Razinieh fanden die Forschenden eine besonders aktive Version von SWEET13. Durch Züchtung lässt sich dieser Genschalter in andere Sorten einkreuzen. Dabei hilft eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die Nachkommen mit der richtigen Variante bereits im Keimlingsstadium zu identifizieren. „Dieses molekulare Wissen kann dazu beitragen, die menschliche Ernährung in von Bodenversalzung betroffenen Gebieten zu sichern“, so Peter Nick. Das Nildelta, Bangladesch, Vietnam, aber auch der Süden Italiens hätten schon heute mit dem Problem Salzstress zu kämpfen.