Stark, schlank, potent? – Augen auf beim Onlinekauf von Nahrungsergänzungsmitteln
Der Internethandel gewinnt seit Jahren stetig an Bedeutung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes haben etwa 47 Millionen Deutsche bereits Waren und Dienstleistungen im Internet gekauft, davon hat rund ein Viertel schon mindestens einmal Lebensmittel oder Getränke online bestellt. Besonders Nahrungsergänzungsmittel, die rechtlich zur Gruppe der Lebensmittel gehören, werden häufig über das Internet vertrieben. Doch die speziellen Präparate für Sportler, Schlankheits- und Potenzmittel oder ähnliche Produkte sind nicht immer gesundheitlich unbedenklich.
Aktuelle Rechercheergebnisse
Die Zentralstelle G@ZIELT unterstützt die örtliche Lebensmittelüberwachung bei der Kontrolle von Internetangeboten. Neben der Recherche nach Anbietern, die ihrer Registrierungspflicht als Lebensmittelunternehmer nicht nachkommen, steht die Suche nach gesundheitsgefährdenden Produkten im Mittelpunkt. Bei ihren Online-Recherchen haben die G@ZIELT-Mitarbeiter unter anderem einige Produkte ermittelt, die die Substanz Sibutramin enthielten. Sibutramin wurde früher als Appetitzügler zur Reduktion von starkem Übergewicht in Arzneimitteln verwendet, ist aber seit 2010 aufgrund seiner massiven Nebenwirkungen als Arzneimittelwirkstoff in der EU verboten. Ferner wurden Nahrungsergänzungen für Sportler mit nicht zulässigen Substanzen wie 1,3 Dimethylbutylamin (DMBA), das pharmakologische Wirkungen zeigt und zu unerwünschten Wirkungen wie Unruhe und Bewegungsdrang führen kann, identifiziert. Bei mehreren Recherchen wurden Onlineangebote von als „natürlich“ beworbenen Nahrungsergänzungsmitteln ermittelt, die den nicht deklarierten Arzneistoff Sildenafil enthielten.
Auch auf EU-Ebene stellen sich die Behörden den Herausforderungen des Internethandels. Im vergangenen Jahr wurde die europaweite koordinierte Internetrecherche „eFood“ durchgeführt. Schwerpunkte der Aktion waren unter anderem Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel mit bestimmten Inhaltsstoffen, die in der EU nicht zugelassen sind. Allein in Deutschland wurden dabei 36 problematische Online-Angebote von G@ZIELT entdeckt und zur Überprüfung an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden in den Bundesländern bzw. in den betroffenen Mitgliedstaaten weitergeleitet.
Tipps für Verbraucher
Auch die Verbraucher können etwas tun, um sich vor „schwarzen Schafen“ im Internet zu schützen. So ist es oft hilfreich, sich vor dem Onlinekauf von Waren und Dienstleistungen Zeit zu nehmen und die Produktangebote sowie die Internetseite genauer unter die Lupe zu nehmen. Hierdurch fallen oft Ungereimtheiten auf, die auf einen unseriösen Anbieter oder ein bedenkliches Produkt hinweisen.
Eine Orientierung bieten dabei Gütesiegel, die den Qualitätskriterien der Initiative D21 entsprechen. Diese Gütesiegel können nur erworben werden, wenn der Online-Händler bei der zuständigen örtlichen Lebensmittelüberwachung registriert ist und somit amtlich überwacht wird. Zusätzlich müssen Onlineshops, die diese Gütesiegel tragen, hohe Ansprüche an Bonität, Datensicherheit und Verbraucherschutz erfüllen.
Achten Sie auch auf die Aufmachung der Internetseite und des Onlineangebotes. Ein Großteil der Angaben, die auf dem angebotenen Produkt gemacht werden müssen (z. B. das Zutatenverzeichnis), muss dem Verbraucher bereits vor Abschluss des Kaufvertrages – also zum Beispiel im Onlineangebot – zur Verfügung stehen. Hiervon ausgenommen sind Angaben wie das Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Verbrauchsdatum. Bitte beachten Sie, dass das im Internethandel geltende Widerrufs- und Rückgaberecht im Lebensmittelbereich in einigen Fällen nicht gilt, zum Beispiel bei leicht verderblichen Waren.
Der Handel im Internet ist grenzüberschreitend. Waren, die aus dem Ausland direkt an Verbraucher in Deutschland verschickt werden, können in der Regel von der deutschen Behörden nur stichprobenartig kontrolliert werden. Vorsicht gilt insbesondere bei Produkten, die exklusiv im Internet vertrieben werden. Da im Ausland (insbesondere Nicht-EU-Ausland) teilweise andere Rechtsgrundlagen gelten, sollten Sie entsprechende Angebote genau prüfen. Die Endung „.de“ in der Internetadresse lässt nicht automatisch auf einen deutschen Anbieter schließen
Nahrungsergänzungsmittel aus dem Ausland können gegebenenfalls in Deutschland als Arzneimittel angesehen werden. Ein Import wäre demnach verboten – Ihnen als Besteller kann in solchen Fällen sogar eine Anzeige drohen.
Vorsicht ist auch geboten bei schnellen und unrealistischen Erfolgsversprechen. Empfehlungen und „Erfahrungsberichte“ in Diskussionsforen und Chatrooms können auch getarnte Werbung sein, etwa zu nicht zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben.
Zusätzlich bietet es sich an, neben dem Produktangebot auch den gesamten Onlineauftritt des Händlers unter die Lupe zu nehmen. Lesen Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vor dem Kauf. Diese werden mit der Bestellung in der Regel rechtswirksam. Achten Sie auf vollständige Impressumsangaben. Dazu gehören unter anderem vollständige Adressdaten (nicht nur Postfach) und eine Telefonnummer.
Weitere Informationen zum Internethandel und zu Nahrungsergänzungsmitteln finden Sie auf der Website des BVL. Dort können Sie beispielsweise in einem Mustershop spielerisch verdächtige Elemente entdecken und erfahren so, worauf Sie beim Onlinekauf von Nahrungsergänzungsmitteln achten sollten.
Die Zentralstelle G@ZIELT
Die amtliche Überwachung von Lebensmitteln ist eine behördliche Aufgabe der Bundesländer. Um die Recherche nach gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln im Onlinehandel effizienter zu gestalten, wurde im Juli 2013 die von den Bundesländern finanzierte Zentralstelle G@ZIELT eingerichtet. Die Zentralstelle hat ihren Sitz beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin und führt im Auftrag der Bundesländer vorbereitende Tätigkeiten für die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden vor Ort durch.
G@ZIELT durchsucht das Internet schwerpunktmäßig nach:
- Angeboten risikobehafteter Lebensmittel, die die Verbraucher eventuell gesundheitlich schädigen oder täuschen können und
- nicht registrierten Lebensmittelunternehmen
Die Ergebnisse der Recherchen werden an die zuständigen Überwachungsbehörden der Bundesländer bzw. der anderen EU-Mitgliedstaaten oder an Drittländer weitergegeben, damit diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit weitere erforderliche Maßnahmen ergreifen können, zum Beispiel das betreffende Angebot im Internet löschen zu lassen oder die Registrierungspflicht durchzusetzen.