Strauß, Lama und Kamel: Warum hessische Bauern auf Exoten setzen

11.04.2018 - Deutschland

Die Alternative zu Schwein und Kuh heißt Franz Josef und ist ein Strauß. "Der Name war sehr naheliegend", sagt Landwirt Uwe Schrage aus dem nordhessischen Trendelburg. Für ihn ist der riesige Laufvogel mit dem Namen des früheren CSU-Politikers mehr als ein Gag: Es ist ein Standbein seines landwirtschaftlichen Betriebs. Die Produkte von Franz Josef und seinen Artgenossen haben sich zu einem Verkaufsschlager entwickelt.

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Fleisch, Eierlikör, Eier, Nudeln und Lampen aus Straußeneiern werden über den Hofladen im Stadtteil Wülmersen vertrieben.

Längst haben Landwirte und Tierhalter in Hessen exotische Nutztiere für sich entdeckt. In Osthessen gibt es seit Jahren eine Yakzucht, in Nordhessen entsteht gerade eine Garnelenzucht. Im Rheingau existiert die Kisselmühle, ein Hof mit Lamas, Kamelen, Alpakas und Rentieren, die für Trekkingtouren und Therapien buchbar sind und deren Wolle verkauft wird. Wie viele Exoten auf Hessens Höfen leben, bleibt unklar. Laut dem Umweltministerium ist eine Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz nötig - und die wird von Veterinärämtern vor Ort erteilt.

Auch Uwe Schrage war einmal konventioneller Landwirt und hatte Kühe. Doch der Betrieb hatte keine Zukunft, er war zu klein. Schrage schaute sich nach einer Nische um und fand die Strauße: "Ich wollte weg von Massentierhaltung", erklärt der 55-Jährige. 50 Riesenvögel hält er nun auf dem Hof seiner Familie. Allein davon leben kann er nicht. Doch die Haltung rechne sich, weil er die Straußenprodukte selbst vermarkte, sagt Schrage. Er schlachtet selbst. 15 bis 20 Tiere sind es pro Jahr, das Fleisch landet im Hofladen.

Der Trend, für hochwertige Lebensmittel mehr Geld zu bezahlen, nutzt dem Landwirt. Knapp 40 Euro kostet ein Kilogramm Steak, ein Ei 15 Euro pro Kilo. "Straußenfleisch ist ein edles hochwertiges Fleisch", sagt Schrage. Allerdings ist die Zucht der Riesenvögel nicht immer ein Vergnügen: Die Tiere recken Besuchern neugierig ihre langen Hälse entgegen. Abstand sollte man trotzdem halten. Denn die Vögel schnappen sofort nach Fingern und "treten wie ein mittelschweres Pferd", sagt Schrage. Der Landwirt trägt daher im Gehege manchmal einen Motorradhelm.

Dass die Zielgruppe für teures Fleisch wächst, aber noch klein ist, bestätigt Bio-Landwirt Hans Rüffer aus Schlüchtern: "Das ist nur eine kleine Bewusstseinselite, die wert auf gutes Essen legt", erklärt er. Rüffer verkauft Yak-Fleisch. Um die Bedingungen für seine

232 Tiere, die auch Tibetische Grunzochsen genannt werden, zu verbessern, nimmt der Landwirt einiges auf sich: Einen Monat sei er kürzlich extra in Tibet gewesen.

Dabei sind die Yaks auf den ersten Blick keine guten Zuchttiere.

Sie brauchen dreimal so lang wie Rinder, um Schlachtgewicht zu erreichen, und bringen nur ein Drittel des Gewichts ihrer deutschen Verwandten auf die Waage. Der Aufwand lohnt sich, ist der Landwirt überzeugt: Das Fleisch sei zart, saftig und nahezu fettfrei.

Laut Hessischem Bauernverband haben exotische Nutztierhaltungen bisher vor allem Hobby-Charakter. "Man muss es sehr differenziert betrachten", sagte Verbandssprecher Bernd Weber. Wenn ein Landwirt sich einen Markt erobere und ausbaue, "kann das auch Haupteinnahmequelle sein". Der Trend zu exotischen Nutztieren habe in den vergangenen 10 bis 20 Jahren zugenommen. Trotzdem gebe es nur in einem Bruchteil der 16 000 hessischen Landwirtschaftsbetriebe solche Tiere.

Tierschützer sehen die Exoten auf deutschen Höfen kritisch: "Aus Tierschutzsicht ist eine nutztierartige Haltung von exotischen und nicht-heimischen Tieren generell abzulehnen", sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzverein. Die Bedürfnisse der Tiere könnten nur sehr schwer erfüllt werden. Die Tierschützer weisen aber auch darauf hin, dass der Import von exotischem Fleisch auch keine Alternative ist. Denn in diesen Fällen sei es immer schwieriger, den Nachweis zu erbringen, das die Tiere tierschutzkonform gehalten und getötet wurden.

Straußenzüchter Schrage ist überzeugt, dass es seinen Tieren besser geht als in Afrika. "Der Strauß kann nicht schwitzen und fängt bei hohen Temperaturen an zu hecheln", sagt er. Bei 18 bis 20 Grad gehe es den Tieren gut. Er selbst lerne viel von den Vögeln, die auch mal tagelang über eine Entscheidung nachdenken. "Die Strauße haben recht, man darf es auch mal ruhiger angehen lassen", sagt er./geh/DP/das (dpa)

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