Schokoladenhersteller mit Defiziten im Bereich CSR
Kunden wünschen sich mehr nachhaltige und gesunde Produkte
CSR-KOMPASS
Fragt man die Bundesbürger nach ihrer Kenntnis des Begriffs CSR (Corporate Social Responsibility), so können nur 41% auf die Frage "Was sagt Ihnen dieser Begriff" eine konkrete Antwort geben. Am häufigsten werden dann die Themen "Verantwortung für Angestellte & Zulieferer" (28%), "Nachhaltigkeit" (20%), "Umweltbewusstsein/-schutz" (19%) und "gesellschaftliche/soziale Verantwortung" (17%) genannt.
Im Rahmen des CSR-KOMPASS wurde auch erforscht, wie sehr sich bestimmte CSR-Maßnahmen dazu eignen, das Unternehmensimage positiv zu beeinflussen. 12 der 13 abgefragten Maßnahmen-Kategorien haben dabei eine ähnlich große Bedeutung, das heißt, es gibt keine "Stellvertretermaßnahmen", die für sich genommen ausreichen würden, um das Nachhaltigkeitsimage eines Unternehmens maßgeblich positiv zu beeinflussen. Beim Thema CSR zählt also eine Ausrichtung des unternehmerischen Handelns nach wirtschaftsethischen Gesichtspunkten auf der ganzen Breite. Eine Maßnahme, nämlich die Wirkung von Spenden an soziale Projekte, fällt allerdings hinter die der anderen Maßnahmen zurück, obwohl sie bei vielen Unternehmen noch immer weit oben auf der Agenda der beliebten CSR-Maßnahmen stehen.
Die Ergebnisse lassen weiterhin den Schluss zu, dass es grundsätzlich lebensmittelübergreifende Einstellungen und Erwartungen der Konsumenten gibt, die für Schokoladenprodukte ebenso wie für andere Lebensmittel gleichermaßen gelten. Mit einer Ausnahme: Ein "Angebot gesünderer Produkte mit weniger Zucker und/oder Fett" finden 25% bei Schokoladenprodukten durchaus wichtiger als in anderen Branchen.
Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von CSR-Maßnahmen der Hersteller von Schokoladenprodukten gibt es deutliche Vorbehalte: Die Anzahl der "Zweifler", die die Maßnahmen als "eher nicht" oder "gar nicht" glaubwürdig erachten, variiert je nach Maßnahme zwischen 29% und 44%. "Absolut glaubwürdig" finden die Maßnahmen gerade mal 10% bis 15%. Am wenigsten gezweifelt wird dabei an einer klaren Deklaration von Inhaltsstoffen und Brennwerten (von 71% für "eher" bis "absolut glaubwürdig" gehalten). Auch Zertifizierungen durch unabhängige Stellen werden als glaubwürdig eingestuft (68%). Als Gründe für mangelnde Glaubwürdigkeit werden vor allem "Greenwashing", der "Glaube an das unternehmerische Kalkül" und "fehlende Transparenz" genannt. Um das Potential der "Zweifler" einzufangen, wäre eine transparentere und qualitativ bessere Kommunikation der Unternehmen zu allen CSR-Themen notwendig.
"Auch wenn wir den Kunden empfehlen, bei der Erstellung von CSR-Konzepten und Unternehmensleitbildern die wesentlichen CSR-Aspekte in allen Bereichen des unternehmerischen Handelns zu identifizieren und gleich professionell zu bespielen, konzentrieren sich doch viele in der Praxis auf Labels, Zertifikate und Spenden. Die Analyse zeigt jedoch, dass 'gekaufte' CSR-Maßnahmen wenig Differenzierungspotential, aber dafür ein Glaubwürdigkeitsproblem mit sich bringen. CSR ist nur als umfassender Maßnahmenkanon erfolgreich, Stellvertreter-Maßnahmen werden dagegen von den bewussten Verbrauchern schnell als solche entlarvt", so Johannes M. Keßler von der KESSLER! Kommunikationsberatung.
Wechselbereitschaft
Der CSR-KOMPASS erforschte auch die Bereitschaft der Kunden, auf ein CSR-konformes Produkt umzusteigen, wenn Ihnen entsprechende Informationen bei der Kaufentscheidung am Regal vorliegen. Auch hier zeigt sich für die meisten Maßnahmen eine ähnliche Wirksamkeit. "Keine Kinderarbeit/Zwangsarbeit" (76%), "Müllvermeidung bei der Produktverpackung" (71%) und "faire Arbeitsbedingungen" (71%) sind besonders überzeugende CSR-Argumente. Spenden an soziale Projekte (36%) hingegen sind auch bei Schokoprodukten für die meisten weniger überzeugend, um zu einem Produktwechsel zu motivieren. Als Konsequenz ergibt sich die Empfehlung, CSR-Aspekte daher deutlicher auf der Verpackung oder am POS zu integrieren, da sie die Kaufentscheidung positiv beeinflussen können.
Gleichzeitig können emotional aufgeladene Aspekte die Zahlungsbereitschaft am stärksten erhöhen. "Keine Kinder-/Zwangsarbeit", "Schutz von Klima und Umwelt", "faire Arbeitsbedingungen" und "fairer Handel" sind für mehr als ein Drittel Grund genug, 25% mehr zu bezahlen. Auch für Produkte mit weniger Zucker oder Fett wären 35% bereit, ein Viertel des Kaufpreises draufzulegen. Ein Teilsegment der "bewussten" Schokoladenkonsumenten würden sogar 75% mehr bezahlen, wenn bestimmte CSR-Maßnahmen durchgeführt werden. Hier liegt für die Branche ein noch wenig genutztes Potential für Innovationen mit CSR-Bezug. "Gekaufte CSR-Maßnahmen" wie Spenden und Zertifizierungen erhöhen die Zahlungsbereitschaft nur wenig.
"Ich bekomme in Gesprächen mit Unternehmen oft die Einschätzung: 'Alle reden über CSR und Nachhaltigkeit, aber kein Kunde will dafür bezahlen.' Das kann man nach den vorliegenden Ergebnissen so nicht stehen lassen. Um hier etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir eine Segmentierung des Marktes erstellt und können sagen: Es gibt durchaus eine interessante Verbrauchergruppe (knapp 10%), die bereit ist, für Nachhaltigkeit einen Preis zu bezahlen. Voraussetzung dafür ist aber, dass Unternehmen die ganze CSR-Klaviatur beherrschen und sich nicht nur ein Paar günstige Rosinen herauspicken", kommentiert Prof. Dr. Oliver Kaul, Vorsitzender des Academic Board der smartcon GmbH die Studie.
CSR-Image der Hersteller von Schokoladenprodukten
Zusammenfassend wird die Schokoladenindustrie im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsthemen durchaus kritisch gesehen. 69% stimmen zu, dass die Branche Nachholbedarf beim Thema verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln hat. 66% sind der Meinung, dass die Branche Verantwortungsaspekte wenn überhaupt nur aus Eigennutz berücksichtigt. Hierin liegt großes Verbesserungspotential unter der Voraussetzung, dass ein umfassender CSR-Kanon der Unternehmen besser kommuniziert wird.
Kommunikationskanäle für CSR
Der CSR-KOMPASS ging auch der Frage nach, über welche Kanäle die Verbraucherinnen und Verbraucher Informationen zur sozialen Verantwortung der Schokoladenhersteller beziehen. 59% sagen, dass sie in der letzten Zeit gar keine CSR-Informationen wahrgenommen haben. Von den 41%, die solche Informationen wahrgenommen haben, haben dies die meisten im Fernsehen (47%), auf der Produktverpackung z. B. als Fairtrade-Label (31%) oder in Online-Nachrichtenportalen (24%). Die Unternehmenswebseiten der Hersteller spielen mit 9% die geringste Rolle von allen Medien. Die Zielgruppe der unter 30-jährigen nimmt CSR-Botschaften deutlich häufiger wahr (58%). Für sie spielen auch Social Media Beiträge von Einzelpersonen eine wichtigere Rolle (Wahrnehmung von 32%).
Fragt man nach der Glaubwürdigkeit der Informationsquellen, so wird Berichten von unabhängigen Stellen (72%) und der Produktverpackung (61%) am meisten vertraut. Deutlich schlechter in puncto Vertrauen schneiden erneut die Unternehmenswebseiten der Hersteller (40%) ab. Auch Social Media Beiträgen von Einzelpersonen (32%) wird weniger vertraut, wobei die unter 30-jährigen den Social Media Beiträgen (45%) signifikant häufiger vertrauen als Ältere.
Die Studie CSR-Kompass 1/2018 ist oben rechts im Kasten verlinkt.
Im zweiten Teil des CSR-KOMPASS wurden Wirkung und Konversion der bekanntesten Nachhaltigkeitssiegel erforscht. Darüber hinaus werden Konsumentensegmente identifiziert und quantifiziert, die sich in Bezug auf einzelne CSR-Maßnahmen hinsichtlich Stellenwert, Empfänglichkeit und Zahlungsbereitschaft unterscheiden. Dieser Teil der Studie kann bei Interesse bei der smartcon GmbH angefragt werden.