1 Cent auf Obst- und Gemüsetüten bei Aldi ist Effekthascherei

Deutsche Umwelthilfe fordert Abgabe von mindestens 22 Cent

13.06.2019 - Deutschland

Deutsche Umwelthilfe kritisiert Vorstoß von Aldi, auf dünnwandige Plastiktüten für Obst- und Gemüse nur einen Cent zu verlangen - Um den massenhaften Verbrauch von Einwegtüten zu stoppen, ist eine Abgabe in Höhe von mindestens 22 Cent notwendig - Abgabe ist auch auf Obst- und Gemüsetüten aus Bioplastik und Papier notwendig - Verbraucher können praktische Mehrwegnetze als Alternative nutzen

Hans/ Pixabay

Symbolbild

In Deutschland werden für Obst, Gemüse und andere Bedienware massenhaft kostenlose Einwegplastiktüten herausgegeben. 2017 wurden davon 3,2 Milliarden Stück verbraucht, was einem jährlichen Pro-Kopf-Konsum von 39 Stück entspricht. Aldi hat nun angekündigt, einen symbolischen Betrag von einem Cent pro Tüte zu erheben. Dazu sagt die Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Barbara Metz:

"Dass Aldi auf dünnwandige Einwegplastiktüten für Obst und Gemüse einen Betrag von einem Cent erheben will, ist reine Symbolpolitik und nicht ausreichend. Ein signifikanter Lenkungseffekt ist bei einem derart niedrigen Preis nicht zu erwarten. Wenn Aldi es ernst meint mit Umweltschutz, dann sollten die Einwegtütchen mindestens 22 Cent kosten, denn dieser Betrag würde tatsächlich das Aus für das besonders kurzlebige Produkt bedeuten. Alles andere ist nur Effekthascherei. Am Ende wird es auch darauf ankommen, dass wiederverwendbare Mehrwegnetze als Alternative angeboten und beworben werden sowie deren Nutzung mit Anreizen gefördert wird. Zudem darf die Aktion von Aldi mit dem Tütencent nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren Verpackungspolitik alles andere als gut ist. Für Getränke werden keine Mehrwegflaschen, sondern ausschließlich Einwegverpackungen angeboten. Unnötige und nicht recyclingfähige Verpackungen sind an der Tagesordnung."

Erfahrungswerte aus Irland zeigen, wie effektiv eine Abgabe wirkt. Dort führte eine Plastiktütenabgabe von 22 Cent zu einer Reduktion des Verbrauchs von 328 auf nur noch 14 Stück pro Kopf und Jahr. Mit den eingenommenen Finanzmitteln der Abgabe in Irland wurden Sensibilisierungskampagnen und Abfallvermeidungsprojekte gefördert und nicht die Taschen der Einzelhändler gefüllt, so wie es aktuell in Deutschland der Fall ist. Was mit einer zweckgebundenen Abgabe bei normalen Plastiktüten klappt, funktioniert auch bei besonders kleinen Tüten: Denn die Bereitschaft der Verbraucher, dafür etwas zu bezahlen, ist als noch geringer einzuschätzen.

Bereits jetzt gibt es in einigen Supermärkten praktische wiederverwendbare Netze für Obst, Gemüse und Backwaren. Solche Mehrwegnetze gibt es aus Biobaumwolle oder auch aus Kunststoff. Sie sind extrem robust, können hundertfach wiedereingesetzt werden und sparen bei jeder Wiederverwendung die ressourcenintensive Neuherstellung einer Einwegtüte ein. Einige Supermärkte haben das Gewicht von Mehrwegnetzen inzwischen in das Kassensystem integriert und ziehen es beim Wiegen automatisch ab. Dadurch muss das Obst und Gemüse nicht umständlich ausgepackt werden.

Thomas Fischer, DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft: "Die Ankündigung von Aldi, für die Mitnahme von Obst und Gemüse in Zukunft Einwegtüten aus Bioplastik einzusetzen, hat nicht viel mit Umweltschutz zu tun. Bioplastiktüten, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt oder als biologisch abbaubar beworben werden, haben zumeist einen großen ökologischen Rucksack durch den Anbau von Nutzpflanzen und der Abbau unter normalen Bedingungen in der Natur ist problematisch. Im Gegensatz zu Plastiktütchen sind solche aus Papier zwar biologisch abbaubar, dafür werden für deren Herstellung aber viel Wasser, Energie und Chemikalien verbraucht. Papiertüten müssen zudem dickwandiger und schwerer sein, um eine ähnliche Reißfestigkeit wie Plastiktüten zu haben. Verbraucher sollten grundsätzlich von Einwegtüten die Finger lassen, weil sie Ressourcen verschwenden und das Klima belasten."

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