Wirksamer Pflanzenschutz für Bioweingüter
Forschende der FAU entwickeln neue Methode gegen „Falschen Mehltau“ der Weinrebe
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FAU/Stefan Schwab
FAU/Stefan Schwab
Immer mehr Winzerinnen und Winzer in Deutschland arbeiten nach den Kriterien des ökologischen Weinbaus – aktuell sind es knapp 10 Prozent der bundesweiten Rebflächen. Die Bundesregierung möchte in Zukunft sogar 20 Prozent Ökolandbau erreichen. Ziel des Bio-Weinbaus ist es, ein ausbalanciertes Ökosystem im Weinberg zu erhalten und die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Deshalb werden keine organisch-synthetischen Substanzen eingesetzt – weder bei der Düngung noch beim Pflanzenschutz.
Herausforderung Pflanzenschutz
Wirksamer Pflanzenschutz ist eine der größten Herausforderungen beim Bioweinbau. Vor allem der so genannte Falsche Mehltau – eine Pilzerkrankung, die auch als Rebenperonospora bezeichnet wird – kann in feuchten Jahren zu massivem Befall der grünen Rebteile wie Blätter und junge Beeren führen. Um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, setzen Öko-Winzerinnen und -Winzer auf Kupferpräparate. Doch auch im konventionellen Weinbau kommen neben organisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auch Fungizide auf Kupferbasis zum Einsatz, um Resistenzen gegenüber den synthetischen Produkten vorzubeugen.
Kupferionen halten die Pilzsporen vom Keimen ab. Kupferhaltige Präparate haben in Europa eine echte Zulassung für den Einsatz im ökologischen Weinbau zur Bekämpfung des Falschen Mehltaus. Die EU-Ökoverordnung erlaubt in den kommenden sieben Jahre nur noch eine Höchstmenge von 28 Kilogramm Reinkupfer pro Hektar, im Schnitt also jährlich 4 Kilogramm pro Hektar. In Deutschland ist die Reinkupfermenge sogar auf maximal 17,5 Kilogramm pro Hektar in fünf Jahren begrenzt, also jährlich 3,5 Kilogramm pro Hektar bei maximal 4 Kilogramm im Extremjahr. Denn obwohl Kupfer eine natürliche Substanz ist, können hohe Konzentrationen dieses Schwermetalls im Boden zahlreiche Bodenorganismen schädigen. Das ist auf manchen Weinbauflächen der Fall, wo über Jahrzehnte Reben an den gleichen Hängen angebaut werden und Kupfer seit mehr als einhundert Jahren als Pflanzenschutzmittel dient. Hier hat sich das Schwermetall bereits im Boden angereichert.
Nach Alternativen im Pflanzenschutz und damit mehr Planungssicherheit für Bioweingüter sucht deshalb das Praxisforschungsprojekt VitiFIT. Es gliedert sich in vier Themenbereiche. Das erste Themenfeld befasst sich mit der Entwicklung, Optimierung und Etablierung von Verfahren und technischen Lösungen im ökologischen Weinbau, um die Rebengesundheit zu verbessern und den Falschen Mehltau zu bekämpfen. In diese Arbeitsgruppe bringen Dr. Stefan Schwab und ein Team vom Lehrstuhl für Prozessmaschinen und Anlagentechnik der FAU mit Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Eberhard Schlücker ihr Wissen ein.
„Wir wollen den Einsatz von Kupfer im Bio-Weinanbau auf 2 Kilogramm pro Hektar und Jahr reduzieren, langfristig soll ganz und gar auf Kupfer verzichtet werden. Dafür setzen wir auf das Prinzip der Mikroverkapselung“, erklärt der Biologe. „Mithilfe dieses Verfahrens können gasförmige, flüssige oder feste Wirkstoffe in ein Hüllmaterial eingebettet werden.“ Die Mikrokapseln aus Fett wirken dabei wie ein Pflanzenschutzmittelreservoir: Wenn es regnet, wird ein Teil der Kupferionen aus den winzigen Kapseln ausgewaschen. Sie schützen die Reben vor dem Falschen Mehltau, der sich vor allem in feuchter Umgebung ausbreitet. Das restliche Kupfer verbleibt – eingebettet in den Partikelhüllen – bis zum nächsten Regen auf den Pflanzen.
In einem gerade abgeschlossenen Forschungsprojekt untersuchte das Forschungsteam der FAU, wie Wirkstoffe aus der Süßholzpflanze verkapselt werden können, um sie im biologischen Pflanzenschutz nutzen zu können. Im Rahmen von VitiFIT sollen nun die verkapselten Süßholzextrakte mit den neu entwickelten Kupferkapseln kombiniert werden. „Aktuell erproben wir neuartige Kapselzusammensetzungen und charakterisieren sie vollständig“, sagt der Forscher. Das Ziel ist es, die Menge des eingesetzten Reinkupfers deutlich zu reduzieren: Mit einer Kombination aus Mikroverkapselung, weiteren Naturstoffen mit fungizider Wirkung und speziellen pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI) wollen sie erreichen, dass die erforderlichen Kupfermengen in Zukunft immer weiter reduziert werden können.
Neue Rebsorten und bessere Zusammenarbeit
Im zweiten Themenbereich von VitiFIT geht es um die Entwicklung und Weiterentwicklung von züchterischen Aktivitäten bei PIWI-Rebsorten und im dritten Themenbereich um das im Weinbau bereits etablierte Prognosemodell „VitiMeteo Rebenperonospora“. Das vierte Themenfeld befasst sich mit der Akteurseinbindung und dem Wissenstransfer. VitiFIT wird im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert und setzt auf die direkte Rückkopplung zu Bio-Winzerinnen und -Winzern. Die Projektkoordination liegt bei der Hochschule Geisenheim. Die FAU ist in diesem für die Weinbranche wichtigen Verbundvorhaben neben weiteren Forschungseinrichtungen, Bio-Verbänden, Unternehmen und Weingütern einer der Projektpartner.