Digital Detox oder Dauernd Drauf: So ticken die Deutschen im Job
15 Prozent der Deutschen nutzen ihr Mobiltelefon regelmäßig auch in ihrer Freizeit für berufliche Zwecke, weitere 26 Prozent gelegentlich. Das belegt eine aktuelle Umfrage von BearingPoint. Obwohl viele Befragte in der Freizeit Mails lesen oder Anrufe annehmen, sehen sie dieses Verhalten kritisch: Die Mehrheit glaubt, dass die ständige Erreichbarkeit der Gesundheit schadet. BearingPoint-Deutschlandchefin Iris Grewe: "Auch Führungskräfte sollten regelmäßig abschalten, um Inspiration außerhalb der beruflichen Tretmühle zu finden."
BearingPoint
Die Mehrheit der Deutschen sieht die ständige Erreichbarkeit über Smartphone und Laptop für den Arbeitgeber kritisch. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Management- und Technologieberatung BearingPoint. Allerdings sind außerhalb der Arbeitszeit 15 Prozent der Befragten regelmäßig und 26 Prozent gelegentlich dienstlich zu erreichen. 37 Prozent nutzen ihr Smartphone in ihrer Freizeit beruflich in Ausnahmefällen. Nur 17 Prozent geben an, dass sie nie in ihrer Freizeit beruflich mobil erreichbar sind. Die Älteren sind dabei noch einfacher zu erreichen als die Jüngeren: 82 Prozent der über 55-Jährigen sind zumindest in Ausnahmefällen in ihrer Freizeit per Smartphone geschäftlich verfügbar, bei den 25 bis 34-Jährigen sind es hingegen nur 75 Prozent.
Erreichbarkeit im Urlaub macht krank und belastet das Privatleben
Die Umfrage-Teilnehmer sehen durch die permanente Verfügbarkeit viele Risiken: 58 Prozent glauben, dass es krank mache, auch im Urlaub immer erreichbar zu sein. 57 Prozent sind der Meinung, dass ein solches Verhalten negative Auswirkungen auf die Erholung im Urlaub hat und 56 Prozent glauben, dass es dem Familien- und Privatleben schadet, auch im Urlaub beruflich online zu sein. Allerdings schätzen verschiedene Altersgruppen die Risiken anders ein: Während unter den Befragten, die älter als 55 Jahre sind, 62 Prozent der Meinung sind, dass die ständige Erreichbarkeit krank mache, sind es bei den 18 bis 24-Jährigen nur 52 Prozent. Unterschiede gibt es auch zwischen den Geschlechtern: So stimmten nur 49 Prozent der Männer der Aussage zu "niemand ist so unersetzlich, dass er im Urlaub nicht offline sein kann", während bei den Frauen 55 Prozent diese Ansicht vertraten. Auch bei der Aussage "Manche Berufe lassen ein völliges Abschalten nicht zu" stimmten 27 Prozent der Männer zu, aber nur 21 Prozent der Frauen.
Deutschlandchefin Grewe: "Ich selbst verzichte darauf, 24/7 erreichbar zu sein."
Die Befragten unterscheiden auch nach Hierarchieebenen. So ist knapp jeder Vierte (24 Prozent) der Ansicht, dass es für Führungskräfte wichtig sei, auch im Urlaub geschäftlich erreichbar zu sein. Iris Grewe, Deutschlandchefin von BearingPoint, dazu: "Jeder Mensch braucht Ruhepausen und Momente abseits des beruflichen Alltags. Auch Führungskräfte sollten regelmäßig abschalten, um Inspiration außerhalb der betrieblichen Tretmühle zu finden und darauf aufbauend Impulse bei der Arbeit setzen zu können. Hier geht es auch um die Verantwortung für die Mitarbeiter. Ich selbst bin nicht rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche erreichbar und erwarte das auch nicht von unseren Mitarbeitern."
Auch beim Thema Digital Detox, dem bewussten Abschalten von Smartphone und Co., gibt es Unterschiede zwischen den Altersgruppen: So empfinden es die Älteren als selbstverständlicher, regelmäßig nicht erreichbar zu sein. Von den 18 bis 24-Jährigen stimmten 27 Prozent in der Umfrage zu, dass es heutzutage einfach nicht mehr drin sei, mehr als zwei Tage offline zu sein. Bei den Befragten 55+ stimmten dieser Aussage nur sieben Prozent zu.
Hier zeigt sich ein weiterer Unterschied zwischen den Generationen: Die Jüngeren sind zwar weniger häufig als die Älteren bereit, beruflich außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein, erachten aber Offline-Zeiten von über 48 Stunden als weniger sinnvoll. Dies sehen die Älteren umgekehrt. "Die flexible und selbstbestimmte Handhabung von On- und Offline-Zeiten wird immer wichtiger. In der Gesellschaft wächst die Akzeptanz hierfür jedoch nur langsam", sagt Grewe.
Große Mehrheit weniger als neun Stunden täglich mobil erreichbar
Gefragt nach der persönlichen täglichen Erreichbarkeit für den Job, ergibt sich ein pyramidenförmiges Bild. So gaben 80 Prozent der Befragten, die beruflich Smartphone, Tablet oder Laptop nutzen, an, dass sie weniger als neun Stunden täglich mobil geschäftlich erreichbar sind. Acht Prozent sind hingegen mehr als zwölf Stunden pro Tag für ihren Job verfügbar. Von diesen Personen ist die überwiegende Mehrheit männlich und älter als 44 Jahre.
Iris Grewe diskutiert am 21. November in Berlin bei der Work Awesome Konferenz mit anderen Experten über die Zukunft der Arbeit. Auch das Thema Digital Detox im beruflichen Alltag wird sie in diesem Rahmen aufgreifen.
Über die Studie
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage von YouGov Deutschland im Auftrag von BearingPoint, an der zwischen dem 23. und 25. August 2019 insgesamt 2.041 Personen teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.