Kombinierte Fisch- und Gemüsezucht in Aquaponik ein viel diskutiertes Trendthema

Doch wie realistisch ist die Idee?

21.05.2020 - Deutschland

Bisher liegen kaum öffentlich zugängliche Daten und Analysen zur Wirtschaftlichkeit von Aquaponik im Praxisbetrieb vor. Forschende vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) veröffentlichten jetzt die umfangreiche Wirtschaftlichkeitsanalyse einer Anlage, die bereits im größeren Maßstab Fisch und Gemüse produziert. Das Ergebnis: Aquaponik kann sich für Umwelt und Geldbeutel gleichermaßen lohnen – wenn sie auf Basis guter fachlicher Praxis betrieben wird und die Rahmenbedingungen stimmen.

Hendrik Monsees, IGB

Das Gewächshaus der Aquaponikanlage vom IGB und den Müritzfischern in Waren.

Analysiert wurde die Aquaponikanlage der „Müritzfischer“ in Waren an der Müritz, die auf 540 Quadratmetern Fisch und Gemüse in einer kombinierten Kreislaufanlage erzeugt. Diese Aquaponik-Anlage wurde im EU-Projekt „INAPRO“ gebaut, das vom IGB geleitet wurde.
Auf Grundlage der realen Produktionsdaten eines Jahres führten die Forschenden umfangreiche Analysen durch. Die Aquaponikanlage war in der Forschungsphase noch nicht profitabel, lieferte aber einen sehr umfangreichen und wertvollen Datensatz, auf dessen Basis zwei Szenarien für die Praxis entwickelt werden konnten. Ein Szenario zeigte, dass das Aquaponik-Konzept rentabel ist, wenn die Anlagen ausreichend groß dimensioniert werden. Auf Grundlage dieses Szenarios entwickelten die Forschenden einen Modellfall mit definierten wirtschaftlichen Schlüsselindikatoren, der Berechnungen für verschiedene Anlagengrößen möglich macht.
„Es ist positiv, dass es gesellschaftliches, politisches und wirtschaftliches Interesse an der Aquaponik als Zukunftstechnologie gibt. Mit der Studie möchten wir einen forschungsbasierten Beitrag zu dieser Diskussion leisten und Chancen und Herausforderungen aufzeigen. Auch deshalb haben wir uns für eine kostenfreie und öffentlich verfügbare Publikation entschieden“, erklärt Professor Werner Kloas, Leiter des Vorhabens.

Haupthindernisse für die kommerzielle Aquaponik sind laut den IGB-Forschenden die hohen Investitionskosten und vor allem in Deutschland die hohen Betriebskosten wie beispielsweise für Fischfutter, Arbeit und Energie. Auch müsse in den Betrieben die notwendige Expertise sowohl in der Aquakultur als auch im Gartenbau vorhanden sein. Zudem hänge die erzielbare Marge stark vom Marktumfeld und den teilweise schwer prognostizierbaren Produktionsrisiken ab.

Urban Farming – Aquaponik in der Stadt:

Der Hauptautor der Studie, Gösta Baganz, sieht trotz der Risiken auch großes Potenzial, zum Beispiel im urbanen Raum: „Der bereits rentable Modellfall würde eine Gesamtfläche von etwa 2.000 Quadratmetern abdecken. Professionelle Aquaponik wäre so auch in städtischen und stadtnahen Gebieten möglich, wo der vorhandene Platz knapp und häufig auch relativ teuer ist. Wenn urbane Aquaponik also bereits auf solchen Flächen rentabel sein kann, steigen die Potenziale für eine lokale Nahrungsmittelproduktion, die bei zunehmender Urbanisierung weltweit immer wichtiger wird.“

„In Anbetracht aktueller Herausforderungen wie Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Verstädterung sowie Übernutzung und Verschmutzung der natürlichen Ressourcen ist die globale Nahrungsmittelproduktion der größte Druck, den der Mensch auf die Erde ausübt und der Ökosysteme und die Stabilität von Gesellschaften bedroht. Eine umweltfreundliche und effiziente Lebensmittelproduktion ist daher eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ziele", ordnet Werner Kloas die Aquaponikforschung in den globalen Kontext ein.

Und so funktioniert die Aquaponik vom IGB – auch als „Tomatenfisch“ bekannt:
Es gibt eine Vielzahl von Aquaponik-Ansätzen, viele davon stammen aus dem Hobby-Bereich. Das in der IGB-Forschung entwickelte Konzept beruht auf zwei Kreislaufanlagen, in denen getrennt Fisch und Pflanzen produziert werden. Smarte Software und Sensoren messen laufend die jeweiligen Werte und verschalten beide Kreisläufe bei Bedarf, um Synergieeffekte optimal zu nutzen und trotzdem für beide Teilsysteme jeweils beste Wachstumsbedingungen herzustellen.

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