Stellungnahme von CHOCOSUISSE gegen Mindestgrenzschutz für Zucker

Ein Mindestgrenzschutz für Zucker gefährdet Arbeitsplätze in der Schweiz

24.12.2020 - Schweiz

Vernehmlassungsantwort zur pa.Iv. 15.479 Bourgeois. Wir danken Ihnen für die Gelegenheit zur Stellungnahme in der oben erwähnten Vernehmlassung.

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CHOCOSUISSE lehnt die Festlegung eines Mindestzollansatzes für Zucker im Landwirtschaftsgesetz (LwG) entschieden ab. Der Vorschlag gefährdet Arbeitsplätze in der Schweiz. Wir bitten Sie deshalb dringend, auf den vorgesehenen Artikel 19 Absatz 2 LwG zu verzichten.

CHOCOSUISSE vereint die heute noch 16 in der Schweiz produzierenden Schokoladefabriken mit rund 4'800 Mitarbeitenden. Diese Traditionsbetriebe stellen in der Schweiz jährlich rund 200'000 Tonnen Schweizer Schokolade her und verarbeiten dafür rund 77’000 Tonnen Zucker, was etwa einem Drittel der Schweizer Zuckerproduktion entspricht, sowie über 8 Prozent der gesamten Schweizer Milchmenge. Unsere Schoko-lade exportieren wir in weit über hundert Länder.

Agrarpolitisch bedingte Rohstoffpreisnachteile stellen nicht mehr nur eine Herausforderung, sondern zunehmend eine ernsthafte Bedrohung für den Produktionsstandort Schweiz dar. In jüngster Zeit haben sich die Rahmenbedingungen und das Marktumfeld stark verschlechtert. Schweizer Hersteller werden gegenüber der im Ausland produzierenden Konkurrenz systematisch benachteiligt.

Vor drei Jahren gab es in der Schweiz noch 18 Schokoladefabriken. 2017 wurden sämtliche Produktionsanlagen einer Schokoladefabrik vom Kanton Zürich nach Frankreich verlegt, und im Sommer 2020 schloss eine Fabrik im Kanton Bern für immer ihre Tore. Die aufgrund der Corona-Pandemie in der Schweiz und weltweit verhängten sanitarischen Massnahmen haben im zweiten Tertial des laufenden Jahres zu einem Einbruch des Branchenumsatzes in einem noch nie dagewesenen Ausmass geführt. Sowohl im Inlandmarkt als auch im Export brach der Branchenumsatz um über 20 Prozent ein. In mehreren Mitgliedunternehmen musste und muss zum Teil immer noch (resp. muss erneut) auf Kurzarbeit zurückgegriffen werden. Der Ausblick ist mit grossen Unsicherheiten behaftet. Wichtige Absatzkanäle wie zum Beispiel das weltweite Flughafengeschäft werden voraussichtlich mehrere Jahre unter Vorkrisenniveau bleiben. Wir gehen nicht von einer raschen Erholung aus.

Zusätzlich besorgniserregend ist die beschleunigte Verdrängung von Schweizer Schokolade durch Importware im Inlandmarkt. Zwischen Jahresbeginn und August 2020 ging die hierzulande verkaufte Menge Schweizer Schokolade gegenüber der Vorjahresperiode um 10,1 Prozent zurück, in der Zeit zwischen Mai und August 2020 sogar um 15,9 Prozent. In der gleichen Zeit stieg aber die Importmenge der im Ausland hergestellten Schokolade um 2,2 Prozent resp. um 8,7 Prozent. Diese alarmierende negative Entwicklung muss zu denken geben, denn sie wird durch politische Rahmenbedingungen gefördert.

Zum einen sind die Mechanismen zum Ausgleich des agrarpolitisch bedingten Rohstoffpreisnachteils bei Milchgrundstoffen am Erodieren. So wird für Importe von Schokolade aus der EU eine Vorzugsbehandlung in Form eines «Rabatts» auf dem Ausgleich gewährt, bei der Anpassung der Referenzpreise harzt es, und das ganze Ausgleichssystem für den Inlandmarkt wird gemäss Bundesrat künftig immer stärker unter Druck geraten. Mit Blick auf den Exportmarkt und die 2019 in Betrieb genommene private Auffanglösung zum ab-geschafften «Schoggi-Gesetz» müssen wir feststellen, dass inzwischen über 30 Prozent der dafür bereit gestellten Mittel von der Landwirtschaft und von landwirtschaftsnahen Milchverarbeitern für andere Zwecke verwendet werden.

Zusätzlich gibt es seit 2019 nun auch noch den befristeten Mindestgrenzschutz für Zucker. Hier gibt es als Folge der sog. «Doppel-Null»-Lösung im Verhältnis zur EU – dem wichtigsten Exportmarkt für Schweizer Schokolade – überhaupt keine Möglichkeit zum Ausgleich des gegenüber der ausländischen Konkurrenz resultierenden Rohstoffpreisnachteils – weder mit Blick auf den Export noch für das Inlandgeschäft.

Die Argumentation der Zuckerhersteller, die Mindestgrenzabgabe habe seit ihrer befristeten Einführung die meiste Zeit der gleichen Höhe entsprochen, die auch bei einer Berechnung nach den früheren Grundsätzen resultiert hätte, weshalb kein Preisnachteil entstanden sei, geht an der Sache vorbei. Für unsere Betriebe – wie auch für die Schweizer Zucker AG – ist letztlich nicht der Preis für Importzucker, sondern die Wirkung auf den Preis für Schweizer Zucker entscheidend. Dieser ist deutlich höher als der EU-Preis plus Importabgabe. Bereits die Ankündigung des Mindestgrenzschutzes Ende 2018 hatte zu einer relativen Verteuerung des Preises für Schweizer Zucker geführt. In Kombination mit der Monopolstellung der Schweizer Zucker AG als einzige Anbieterin von Schweizer Zucker führt der Mindestgrenzschutz auch zu einer Erhöhung der Preis-diskriminierungsmacht. Dies geht oft Lasten von KMU. Die Mehrheit der Schokoladefabriken sind KMU.

Vor der Einführung der Mindestgrenzabgabe war seitens der Zucker-Lobby wiederholt zu hören, die Mindestgrenzabgabe würde pro Tafel Schokolade ja nur 0,5 Rappen kosten. Die Schweizer Schokoladefabriken stellen jährlich 200'000 Tonnen Schokolade her. Umgerechnet auf 100-Gramm-Tafeln sind das 2 Milliarden Tafeln. Folgt man der Rechnung der Schweizer Zucker AG, kostet die Mindestgrenzabgabe der gesamten Branche damit 10 Millionen Franken pro Jahr oder jährlich 2'000 Franken pro Arbeitsplatz.

Vor dem Hintergrund der schwierigen Situation, in welcher unsere Branche aktuell und voraussichtlich noch längere Zeit sein wird, kommt das in die Vernehmlassung geschickte Vorhaben zur Perpetuierung der relativen Rohstoffverteuerung mittels gesetzlichem Mindestgrenzschutz einem Schlag ins Gesicht unserer Branche gleich. Dafür und für das entsprechende Signal können wir kein Verständnis aufbringen. Statt den Produktionsstandort Schweiz weiter zu schwächen, müssten jetzt dringend Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Schweizer Hersteller beseitigt werden. Damit zumindest wieder gleich lange Spiesse geschaffen werden.



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