Führen Weinprofis Verkostungen unter standardisierten Laborbedingungen im Sensorikraum durch, kommen sie zu einem bestimmten, objektiven Prüfergebnis. Doch kann die Konsumentin oder der Konsument dieses Prüfergebnis immer so nachvollziehen? Oder ist man vielmehr in seinem Urteil immer mehr von der Situation beeinflusst, in der der Wein verkostet wird?
„Ich denke, die Situation, Umgebung, Stimmung macht ein Großteil der Beurteilung aus! Man kennt diese Situation aus dem Lebensalltag: der Wein, den man im Urlaub genießt und den man dann zu Hause unter anderen Umständen gar nicht mehr so toll findet. Oder der Wein, den man bei einer emotionalen Probe im Weingut bei Kerzenschein und mit dem netten Winzer so super fand und dann zu Hause ganz anders bewertet“, so Prof. Dr. Rainer Jung, der zusammen mit seinen Kolleginnen, Doris Häge und der Doktorandin Meike Strobach im Institut für Oenologie der Hochschule Geisenheim, das Verbundprojekt aus Wissenschaft und Praxis namens WITALITY leitet.
Ziel des Projektes ist es, mithilfe des Projektpartners, dem Institut für Visual Computing der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (der die VR Software entwickelt) herauszufinden, wie sich die Wahrnehmung von Wein in unterschiedlichen Kontexten verändert und welche Verkostungssituationen, wie beispielsweise im Weingut, im Restaurant, der Bar oder im Urlaub, eine optimale Bewertung eines Weines ermöglicht. Die sensorischen Analysen werden an der Hochschule Geisenheim mit dem geschulten Prüferpanel des Instituts für Oenologie durchgeführt.
Zunächst soll die Reaktion von Prüfpersonen auf sensorische Reize wie Geschmack, Geruch und der trigeminalen Wahrnehmung in unterschiedlichen Prüfbedingungen untersucht werden. Im zweiten Schritt wird die Bewertung von Weinen beziehungsweise einzelnen sensorischen Attributen wie Süße, Säure und Alkohol ebenfalls unter unterschiedlichen Prüfbedingungen untersucht.
Als Praxispartner sind die DLG Test Service GmbH und Pieroth Wein AG mit im Projekt, mit deren Hilfe die Datenbasis der Prüfungen vergrößert werden kann und mit deren Unterstützung auch die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Forschungsergebnisse dargestellt werden soll.
Die entwickelte prototypische Software soll am Ende der Projektlaufzeit 2023 Unternehmen der Weinbranche und aus den Bereichen Sensorik und Marktforschung zur Verfügung gestellt werden. Im Idealfall ergeben sich infolge der Nutzbarkeit „virtueller Realitäten in der Welt der Weinsensorik“ interessante Anwendungen einer modernen Technologie für Weinbaubetriebe und andere Unternehmen der Branche – WITALITY ist der Ansatz der Hochschule Geisenheim zur Erforschung dieser Thematik.
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