Die Kartoffel trotzt Corona - Pommes-Versorgung nicht gefährdet
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"Am Ende wird die Ertragshöhe entscheidend sein, wie viele Kartoffeln es gibt und was sie kosten", sagt Christoph Hambloch, der Analyst für den Kartoffelmarkt bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). "2020/21 gab es allerdings nur sehr geringe Erlöse für die Erzeuger, so dass höhere Preise wahrscheinlicher sind als noch niedrigere."
Im ersten Corona-Krisenjahr 2020 war die Knollen-Nachfrage aus Hotels, Gaststätten und Großkantinen kollabiert. Landwirte unterscheiden zwischen Speisekartoffeln und Verarbeitungskartoffeln für die Herstellung von etwa Pommes Frites, Fertiggerichten und Stärke. "Speisekartoffeln sind sogar besser gelaufen, weil die Leute mehr zu Hause gekocht haben", sagt Johann Graf, der Kartoffelexperte des Bayerischen Bauernverbands. "Aber die Verarbeitungskartoffeln sind ganz schlecht gelaufen."
So folgte der Corona-Krise eine Pommes-Krise, denn Pommes Frites werden ganz überwiegend in Gaststätten, Firmenkantinen und Schnellimbissen verzehrt. "Drei Viertel der Pommes Frites werden nicht zu Hause gegessen", sagt Graf.
So quollen die Lagerhäuser zeitweise über, die Preise stürzten ab. Das wiederum führte zu Befürchtungen, dass die Bauern in diesem Jahr den Anbau von Verarbeitungskartoffeln stark reduzieren könnten, mit der Folge stark steigender Preise und fehlender Pommes.
Doch nach Kartoffelmangel sieht es derzeit nicht aus. "Der Markt hat sich relativ schnell erholt", sagt Graf. Eine leichte Reduzierung der Anbaufläche hätte nach Worten des bayerischen Kartoffelexperten keine großen Auswirkungen. "Entscheidend für die Erntemenge ist die Witterung", sagt Graf.
Wichtigstes Kartoffelland ist Niedersachsen mit großem Abstand vor Bayern. 2020 belief sich die bundesweite Anbaufläche nach vorläufigen Zahlen auf 274 900 Hektar. Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft geht grundsätzlich davon aus, dass es keinen Rückgang der Flächen geben wird, wie eine Sprecherin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn sagt.
Die sehr hohen Lagerbestände im vergangenen Jahr sind mittlerweile weitgehend abgebaut. Die verarbeitenden Betriebe haben neue Absatzwege erschlossen - "beispielsweise durch den Export von Pommes Frites nach Neuseeland", sagt die BLE-Sprecherin.
In der Langfristbetrachtung leidet die Kartoffel ohnehin an Bedeutungsverlust. Im Jahr 1950 belief sich der pro-Kopf-Verzehr in Deutschland laut Bundesinformationszentrum noch auf über 200 Kilogramm pro Jahr, heutzutage sind es vergleichsweise bescheidene 55 Kilo. Vor 70 Jahren waren heutzutage übliche Beilagen wie Reis oder Nudeln in vielen Teilen Deutschlands noch exotische Speisen.
2021 jedenfalls könnte bei günstigem Wetter wieder ein normales Kartoffeljahr werden. "Die Nachfrage in Deutschland sollte sich normalisieren und irgendwo in Europa fehlen eigentlich fast immer Kartoffeln", sagt Kartoffelmarktexperte Hambloch./cho/DP/zb (dpa)
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